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Foto: Jutta Hof

11. 12.

Theaterstück: "Ein Bericht für eine Akademie" von Franz Kafka

Parabel über die Gleichheit oder Ungleichheit zwischen Affe und Mensch

Das Genom eines Menschen und eines Schimpansen ist zu 97 % identisch: die Wissenschaftler des »Great Ape Project« kämpfen deswegen darum, Menschenaffen als Mitgeschöpfe zu akzeptieren und ihnen auch Grundrechte zu verleihen. Diese Debatte der Gleichheit oder Ungleichheit zwischen Affe und Mensch befeuerte Franz Kafka schon 1917 mit seinem »Bericht für eine Akademie«, just in dem Jahr, in dem der Psychologe Wolfgang Köhler erste Ergebnisse seiner Intelligenzforschung an Schimpansen vorstellte.

Zum Inhalt:
Ein Schimpanse namens Rotpeter erzählt von seiner Gefangennahme durch eine Hagenbecksche Tierfangexpedition. Durch einen Schuß schwer am Unterleib verletzt wird Rotpeter, benannt nach einer weiteren Schussverletzung im Gesicht, die eine rote Narbe hinterließ, in eine Kiste gesperrt und von der westafrikanischen Goldküste (heute: Ghana) aus nach Hamburg verschifft. Um nicht im Zoo zu landen, so berichtet er vor einer - näher nicht vorgestellten - Akademie, habe er während der monatelangen Passage begonnen, die Menschen auf dem Schiff zu beobachten und nachzuahmen. Er habe menschliche Verhaltensweisen und Gesten erlernt, auch die menschliche Sprache, und insofern „die Durchschnittsbildung eines Europäers erreicht. (...) Dennoch, auch nach dem eindrucksvollen Bericht, den er über seine Menschwerdung  vorträgt, wird ihm deren Anerkennung versagt: er bleibt nichts als ein dressierter Affe. (Dauer des Theaterstücks: 50 min / keine Pause)

Unabhängig von den üblichen Interpretationen, die Kafkas Stück (...) mithin als Parabel über die Anpassungsversuche deuten, die das jüdische Volk jahrhundertelang - und letztlich vergebens - unternommen hat, lässt sich unschwer und auf ganz profaner Ebene auch eine Anklage gegen die Tierfangexpeditionen Hagenbecks und gegen die Haltung von Menschenaffen in Zoos und Zirkussen herauslesen. Kafka kannte die Schriften Darwins, er kannte den Tierpark Hagenbeck in Hamburg, und nachweislich kannte er auch einen dressierten Schimpansen namens „Consul Peter“, der in einem Prager Rotlichtvarieté auftreten mußte. Die Interpretation ist zumindest nicht abwegig, dass es in Kafkas Erzählung ganz konkret auch um Kritik an der kompletten Ignoranz des Bildungsbürgertums der Darwinschen Evolutionstheorie gegenüber ging, die Tierschauen à la Hagenbeck oder Varietés wie das in Prag zuließ. (Aus: Colin Goldner: „Lebenslänglich hinter Gittern“. Alibri-Verlag, Aschaffenburg, 2014)

Termine:

So.11.12.2016 16.00
Di. 13.12.2016 19.30
Fr. 30.12.2016 19.30

Das Great Ape Project wird an allen Terminen mit einem Infostand im Foyer des Theaters zugegen sein.