You are here

Ein zaghafter Schritt in die richtige Richtung

Kommentar zur PID-Entscheidung des deutschen Bundestags von Michael Schmidt-Salomon

reichstag_5.jpg

Foto: Jim Pfeffer / pixelio.de

Gestern hat der Deutsche Bundestag in dritter Lesung das Gesetz über die begrenzte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) verabschiedet. Es war ein zaghafter Schritt in die richtige Richtung. Nicht mehr und nicht weniger. So erfreulich es ist, dass eine solide Mehrheit von 326 Abgeordneten für den liberalsten der drei eingereichten Gesetzesentwürfe stimmte, die nun beschlossene Begrenzung der PID ist ethisch nicht überzeugend. Denn: Warum sollte man der Mehrheit der Frauen, die eine künstliche Befruchtung vornehmen, das Recht verweigern, die Qualität der Embryonen überprüfen zu lassen, die ihnen eingepflanzt werden?

Wie der bekannte Staatsrechtler und Bestsellerautor Bernhard Schlink („Der Vorleser“) hat die Giordano-Bruno-Stiftung alle drei Gesetzesentwürfe kritisiert, da sie die Bürgerinnen und Bürger auf unerträgliche Weise bevormunden. Dass der Bundestag sich nun auf den besten von drei schlechten Gesetzesentwürfen geeinigt hat, kann man sowohl mit einem lachenden als auch mit einem weinenden Auge betrachten:

Einerseits ist es beruhigend zu sehen, dass diejenigen, die vorwiegend mit religiösen Argumenten für ein Verbot der PID votierten, sich politisch nicht durchsetzen konnten. Offenbar kam einigen Parlamentariern doch noch in den Sinn, dass man nicht komplett an den Interessen der Bevölkerung vorbeiregieren könne, die – wie Umfragen zeigten – wesentlich positiver zur PID eingestellt ist als die politische Klasse.

Andererseits ist es jedoch einigermaßen beunruhigend, dass im Parlament kein Gesetzesentwurf zustande kam, der die überzeugenden Argumente aufgegriffen hätte, die von Experten verschiedener Herkunft (Juristen, Philosophen, Mediziner und Naturwissenschaftler) im Vorfeld der PID-Entscheidung vorgebracht wurden. Auf dem Portal der Süddeutschen Zeitung zeigte der Wissenschaftsjournalist Markus Schulte von Drach gestern noch einmal in einer klugen Zusammenfassung die zentralen Argumente auf, die für eine liberalere Gesetzgebung gesprochen hätten – und die natürlich auch in Zukunft für eine liberalere Gesetzgebung sprechen werden.

Denn erledigt ist die Angelegenheit mit der gestrigen Entscheidung nicht. In absehbarer Zeit wird sich der Deutschen Bundestag umfassender mit bioethischen Fragestellungen beschäftigen müssen. Schließlich ist allen Beobachtern klar, dass das deutsche Embryonenschutzgesetz hoffnungslos überaltert ist und einer grundlegenden Überarbeitung bedarf. Spätestens dann werden all die verdrängten Argumente wieder auf den Tisch kommen, die für eine rationalere, humanere und liberalere Gesetzgebung sprechen. Auf Dauer, da bin ich mir sicher, werden die religiösen Denktabus fallen – nicht zuletzt auch auf dem Gebiet der Bioethik.

Mehr zu diesem Thema auf der gbs-Website: