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Grundrechte müssen auch in kirchlichen Betrieben gelten!

GerDiA klärt Bundestagsabgeordnete über religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz auf

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Karikatur: Jacques Tilly

Sonderrechte kirchlicher Betriebe, die gegen das Grundgesetz verstoßen, müssen beseitigt werden. Dies fordert die Kampagne „Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz“ (GerDiA), die anlässlich der anstehenden Bundestagsanhörung zu den Arbeitsverhältnissen in kirchlichen Sozialeinrichtungen am 26. März sämtliche Abgeordnete des Deutschen Bundestags mit Informationen zum kirchlichen Arbeitsrecht versorgte.

„In der gegenwärtigen Situation wird systematisch gegen den Geist der Antidiskriminierungsregelungen verstoßen“, erklärt GerDiA-Sprecherin Ingrid Matthäus-Maier. Die ehemalige SPD-Spitzenpolitikerin hält es für verfassungswidrig, „dass in Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Gesundheitswesens das konfessionslose Drittel der Bevölkerung von vornherein keine Anstellung findet und in katholischen Einrichtungen sogar eine Wiederheirat nach einer Scheidung zu Kündigung führt.“

Die absurden Konsequenzen kirchlicher Sonderrechte zeigt ein Fall in Königswinter, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Eine bei Eltern und Kindern beliebte Kindergärtnerin eines katholischen Kindergartens wurde entlassen, weil sie sich von ihrem Mann getrennt hatte und zu ihrem neuen Partner gezogen war. Nach massiven Protesten der Eltern kündigte der Jugendhilfeausschuss der Stadt vor wenigen Tagen den Vertrag mit der Kirche. Für die Kindergärtnerin, deren Vertrag am 30. Juni ausläuft, kommt diese ungewöhnliche Intervention wohl zu spät.

Um weitere Grundrechtsverstöße dieser Art zu unterbinden, fordert GerDiA die Bundestagsabgeordneten dazu auf, den „besonderen Tendenzschutz“ für Religionsgemeinschaften (BetrVG § 118, Abs. 2) abzuschaffen. Für kirchliche Betriebe müssten die gleichen Regelungen gelten wie für die Arbeiterwohlfahrt. Nur so könne garantiert werden, dass Angestellte kirchlicher Institutionen die gleichen Rechte erhalten wie andere Arbeitnehmer. Auch sie sollten einen Betriebsrat bilden, streiken und ein Privatleben ohne religiöse Bevormundung führen dürfen.

„Eigentlich sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein, zumal die kirchlichen Einrichtungen größtenteils öffentlich finanziert werden!“, sagt Rainer Ponitka vom Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), der gemeinsam mit der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) die Kampagne initiierte. „Leider hinkt das deutsche Recht in diesem Punkt der gesellschaftlichen Entwicklung hinterher. Doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich das ändert. Immerhin gibt es schon heute mehr konfessionslose Menschen in Deutschland als Katholiken – und täglich werden es mehr.“

Weitere Informationen zur Kampagne unter:
www.gerdia.de

Das Flugblatt der Kampagne:
"Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz!"

Ansprechpartner:
Ingrid Matthäus-Maier: kampaleitung@gerdia.de, Fon (0174) 978 86 64
Rainer Ponitka: rainer.ponitka@ibka.org, Fon (02266) 901 52 44

Hintergrund:
Am 26. März findet im Deutschen Bundestag vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Anhörung zu den Arbeitsverhältnissen in kirchlichen Sozialeinrichtungen statt. In diesen findet das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung und die Beschäftigten sind in ihren Grundrechten massiv eingeschränkt. Auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit müssen sie verzichten, ein Kirchenaustritt zieht die Kündigung nach sich (in katholischen Einrichtungen auch die Wiederverheiratung nach einer Scheidung, ein „uneheliches“ Kind oder offen gelebte Homosexualität).

Da auch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG § 9) diese Grundrechtsverletzungen zulässt, hatte die EU-Kommission ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet, da das AGG in diesem Punkt der betreffenden EU-Richtlinie nicht entspreche. Auf die Zusicherung der Bundesregierung, das AGG nur „richtlinienkonform“ anzuwenden, wurde das Verfahren eingestellt. Die Einstellungspraxis kirchlicher Sozialeinrichtungen, die nahezu vollständig aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden, zeigt, dass die Diskriminierung konfessionsloser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis heute unverändert anhält.

Laut Weimarer Reichsverfassung Art. 137, der über Art. 140 GG zum Grundgesetz gehört, „ordnen und verwalten“ die Kirchen ihre Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze. In Deutschland ist durch eine kirchenfreundliche Rechtsprechung daraus ein „Selbstbestimmungrecht“ geworden, das sich vielfach über die allgemeinen Gesetze hinwegsetzt (z.B. BetrVG § 118 (2) oder AGG § 9).