„Diese Politiker sind verantwortlich dafür, dass Sie möglicherweise qualvoll sterben müssen!“
Warum die Kriminalisierung professioneller Freitodbegleitungen ein Erfolg kirchlicher Lobbyisten ist
Nach der heutigen Veröffentlichung des „Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ im Bundesgesetzblatt drohen professionellen Sterbehelfern, die „Letzte Hilfe“ gewähren, Haftstrafen bis zu drei Jahren. „Merken Sie sich die Namen der Abgeordneten, die für dieses reaktionäre Gesetz gestimmt haben“, erklärte dazu der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon. „Denn diese Politiker sind verantwortlich dafür, dass Sie möglicherweise qualvoll sterben müssen!“
Anders als in den meisten Medien berichtet, „stand keineswegs eine überwältigende, fraktionsübergreifende Mehrheit hinter dem Gesetz“, sagte Schmidt-Salomon. „Tatsächlich fand es nur innerhalb der CDU/CSU-Faktion mehrheitlich Zustimmung, was nur über die besonders enge Kooperation und weltanschauliche Verbundenheit der C-Parteien mit den Kirchen zu erklären ist." Dennoch wäre das „neue Sterbehilfeverhinderungsgesetz“ im Parlament gescheitert, wenn nicht auch einige Abgeordnete der SPD, der Grünen oder der Linken für das Gesetz gestimmt hätten. [Eine Auflistung der Parlamentarier, die für das Verbot der professionellen Sterbehilfe votierten, finden Sie am Ende dieses Artikels.]
„Schaut man sich die Parlamentarier an, die außerhalb der CDU/CSU für ein Verbot professioneller Freitodbegleitungen gestimmt haben, fällt auf, dass viele von ihnen starke kirchliche Bezüge aufweisen, wie etwa die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, die von 2009 bis Oktober 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland war“, sagte Schmidt-Salomon. „Allerdings findet man unter den 77 Abgeordneten der SPD, den 19 Abgeordneten der Grünen sowie den 12 Abgeordneten der Linksfraktion, die für das Verbot der Suizidhilfe eintraten, auch Politiker, die bislang nicht durch ein besonders starkes religiöses Engagement aufgefallen sind. Ihnen muss man vorwerfen, dass sie sich mit dem Thema ‚Sterbehilfe‘ im Vorfeld der Entscheidung nicht hinreichend beschäftigt haben und aufgrund dieser mangelnden Sachkenntnis den Fehlinformationen der Verbotsbefürworter auf den Leim gegangen sind.“
„Die Folgen dieses Gesetzes sind dramatisch“
„Das ab morgen geltende Gesetz verschlechtert“, so Schmidt-Salomon, „die Lage schwerstleidender Menschen in Deutschland in unzumutbarer Weise, was durch die zeitgleich beschlossene Verbesserung der palliativmedizinischen Versorgung nicht aufgehoben wird. Denn in vielen Fällen ist selbst die beste Palliativmedizin machtlos, wie der Arzt und Sterbehelfer Uwe-Christian Arnold in seinem Buch ‚Letzte Hilfe‘ dargelegt hat. Ab morgen wird Arnold seinen Patienten nicht mehr helfen können, ohne eine mehrjährige Haftstrafe zu riskieren. Ab morgen sind Menschen, die angesichts einer dramatisch fortgeschrittenen Erkrankung nicht mehr weiterleben möchten, auf sich allein gestellt. Ab morgen dürfen sie hierzulande in der allergrößten Not nur noch Laien um Hilfe bitten, die nicht genau wissen, wie man das Leben auf sanfte Weise beenden kann. Die Folgen, die das Gesetz für viele verzweifelte Menschen haben wird, sind dramatisch. Tragischerweise werden einige von ihnen es nicht mehr erleben, dass dieses reaktionäre ‚Sterbehilfeverhinderungsgesetz‘, das ihnen das ‚letzte Menschenrecht‘, nämlich das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende, weitgehend genommen hat, als verfassungswidrig erklärt wird.“
Die Giordano-Bruno-Stiftung hatte im Vorfeld der Bundestagsentscheidung mit einer letzten Aktion sowie mit einem Flugblatt, das sämtlichen Abgeordneten zuging, auf die Ungeheuerlichkeit einer Gesetzgebung hingewiesen, die gegen den Willen von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung und gegen das klare Votum der deutschen Strafrechtslehrer christliche „Lebensschützer“-Werte zum Richtmaß eines säkularen Staates macht. In den Medien sei die Rolle christlicher Lobbyisten bei der Entscheidungsfindung bedauerlicherweise kaum thematisiert worden, kritisierte Schmidt-Salomon. So habe ein namhaftes deutsches Nachrichtenmagazin ein bereits fertiggestelltes Interview mit dem Politologen Carsten Frerk (Mitglied des gbs-Beirats) zum Zusammenhang von christlichem Lobbyismus und Suizidhilfeverbot letztlich doch nicht veröffentlicht. Da in diesem Interview einige Sachverhalte erhellt werden, die in der Berichterstattung fehlten, hat sich die Giordano-Bruno-Stiftung (in Absprache mit dem Autor) entschlossen, das Gespräch an dieser Stelle zu veröffentlichen.
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„Das Verbot der Sterbehilfe ist ein Erfolg kirchlicher Lobbyisten“ – Interview mit dem Politologen Carsten Frerk („Kirchenrepublik Deutschland“)
Frage: Herr Frerk, nach Ihren Recherchen zu den Kirchenfinanzen haben Sie jetzt ein Buch veröffentlicht, in dem Sie sich mit der „Kirchenrepublik Deutschland“ und dem kirchlichen Lobbyismus beschäftigen. Vorrangig an historischen Beispielen erläutern Sie Art und Struktur dieser Einflussnahmen und Arbeitsweisen der kirchlichen Lobbybüros. Ist dieser Lobbyismus heute noch wirksam?
Frerk: Ja. Normalerweise findet diese Einflussnahme im Verborgenen statt. Die Kirchen sehen die Auswirkungen lieber jahrzehntelang in den Gesetzen, als dass darüber in der Tagespresse berichtet wird. Aber vor wenigen Tagen konnte der Kirchenlobbyismus im Bundestag in aller Öffentlichkeit einen grandiosen Erfolg verbuchen: Das Verbot der „geschäftsmäßigen Sterbehilfe“ wird als § 217 in das Strafgesetzbuch eingefügt.
Frage: Warum schreiben Sie dieses Abstimmungsergebnis den Kirchen als Erfolg zu?
Frerk: Sie waren die treibende Kraft. Seit Mitte der 1980er Jahre hat es in Deutschland eine Diskussion über die Sterbehilfe gegeben. Der Suizid und die Beihilfe zum Suizid waren in Deutschland grundsätzlich straffrei. Die Gründung von Sterbehilfeorganisationen in der Schweiz (Exit 1982 und Dignitas 1998) sowie die Entwicklungen in den Niederlanden und Belgien – die eine kontrollierte und von Ärzten ausgeführte Sterbehilfe erlauben – brachten die Diskussion in Deutschland dann auch voran. Insbesondere die Rolle der Ärzte wurde dabei diskutiert und der Deutsche Juristentag empfahl 2006 die Straffreiheit für Ärzte gesetzlich zu regeln. Die Kirchen, vor allem die katholische Kirche, hat sich früh und ausdrücklich dagegen positioniert sowie Regelungen zur Strafbarkeit der Sterbehilfe in Deutschland gefordert. Nun, 2014 in der Großen Koalition, sollte dieses Thema durchgesetzt werden und es wurde ein ‚Fahrplan’ für ein Gesetz zur Sterbehilfe abgesprochen.
Frage: Welche Instrumente nutzen die Kirchen, um ihre Auffassungen politisch wirksam werden zu lassen?
Frerk: Sie sind mehrgleisig aktiv. Lassen Sie es mich für die katholische Kirche erläutern, bei der EKD ist es etwas komplizierter. Da ich als Wissenschaftler nicht ‚hinter die Kulissen’ blicken kann, schildere ich, was hinsichtlich der Position der Kirche öffentlich geworden ist.
Erstens, auf der obersten Hierarchieebene, sprachen die Bischöfe in Spitzengesprächen mit den Führungen politischer Parteien und verdeutlichten ihre Forderungen hinsichtlich der Sterbehilfe. Dabei konnten sie anmerken, dass es „wahlausgangsrelevante Folgen haben könnte“, wenn man die Auffassung der Kirche nicht berücksichtige. Alle Parteivorsitzenden, mit denen damals gesprochen wurde, Dr. Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Cem Özdemir sowie (bis 2013 Mit-Vorsitzende) Claudia Roth (Grüne) stimmten mit „Ja“ für den Entwurf Brand/Griese. Gabriel, Özdemir und Roth standen dabei im Gegensatz zu ihren Fraktionen, die mehrheitlich mit „Nein“ stimmen.
Zweitens wurden die Laienorganisationen positioniert, die dann (wie das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, ZdK, der Bund katholischer Unternehmer, BKU, die Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, KVV, das Kolpingwerk, der Caritasverband etc.) entsprechende flankierende Stellungnahmen abgaben. Parallel dazu war die vom Malteserorden gegründete „Deutsche Stiftung Patientenschutz“ aktiv, die im Mai 2014 einen Gesetzentwurf vorlegte, der im Kern identisch ist mit dem späteren Brand/Griese-Entwurf.
Drittens wurden in Katholischen Akademien Tagungen organisiert, auf denen kirchennahe Professoren und Sachverständige die Aspekte ausarbeiteten, die an die Verbände und den Kirchen nahe stehenden Politikern als Argumentationshilfen weitergegeben wurden. Dabei wurden Kommunikationsstrategien formuliert, die darauf abzielten, den Menschen (Bürgern, Parlamentariern) Angst zu machen: Werde die organisierte Sterbehilfe nicht verboten, würde das einen „Dammbruch“ bedeuten. Ältere Menschen könnten sich gehäuft veranlasst sehen, sich zu töten, um ihrer Familie nicht zur Last zu fallen. Randphänomene wie der Verein ‚Sterbehilfe Deutschland‘ wurden dabei in ihrer Bedeutung drastisch überhöht und die Suizidhilfe – im Widerspruch zu jeder Realität – als „Dienstleistung: Tod“ dargestellt, als ob es eine Selbstverständlichkeit werden würde, sich mal eben schnell selbst zu töten.
Frage: In Ihrem Buch „Kirchenrepublik Deutschland“ betonen Sie die Bedeutung der sogenannten Katholischen und Evangelischen Büros. Haben auch sie eine Rolle in der Sterbehilfedebatte gespielt?
Frerk: Selbstverständlich. Das Katholische Büro, das schon seit 2003 vor der Sterbehilfe warnte, prüfte 2015 die vier vorliegenden Gesetzentwürfe und verbreitete eine Stellungnahme. Der weitestgehende Entwurf (Sensburg/Döhring), der Sterbehilfe generell unter Strafe stellen wollte, wurde zwar als grundsätzlich richtig, aber als zu radikal und nicht durchsetzungsfähig bewertet. Der Entwurf Brand/Griese, der „nur“ die „geschäftsmäßige Sterbehilfe“ unter Strafe stellt, wurde als Kompromiss befürwortet. In der „ganzheitlichen Betreuung“ der katholischen MdBs durch das Büro wurden bei Gebetsfrühstücken, parlamentarischen Abenden u. a. m. die überzeugten Katholiken in diesem Sinne bestärkt. Je näher der Termin der Abstimmung im Bundestag rückte, desto aktiver wurde das Büro. Wenige Tage vor der Abstimmung schickte das Katholische Büro zusammen mit dem Evangelischen Büro auf dem sogenannten Doppelkopfbriefbogen an alle Bundestagsabgeordneten ein Schreiben, in dem sie noch einmal für den Entwurf Brand/Griese warben.
Frage: Ein ähnliches Schreiben ging dann auch über die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU, SPD und Bündnis90/Grüne an ihre jeweiligen Fraktionsmitglieder…
Frerk: Richtig. Einen Tag vor der Abstimmung schickten Kauder, Gabriel und Göring-Eckardt an alle Mitglieder ihrer Fraktionen ein an den Kirchenbrief stark erinnerndes Schreiben, in dem sie – vorgeblich als einfache Abgeordnete, aber eben doch mit der Autorität und Macht ihrer Ämter – für die Zustimmung zum Entwurf Brand/Griese plädierten. Dadurch entstand ein verkappter Fraktionszwang, obwohl der für die Abstimmung ja nicht gelten sollte. Hilfreich war dabei natürlich die namentliche Abstimmung, da nun im Nachhinein für jeden Abgeordneten überprüft werden kann, wie er bzw. sie abgestimmt hat, was dann wohl auch entsprechend vermerkt wird.
Frage: Was haben die Kirchen und die Parlamentarier davon, sich über die Auffassungen und Wünsche der Mehrheit von rund 80 Prozent der Bevölkerung hinwegzusetzen?
Frerk: Ein Teil der MdBs wird eigenen Überzeugungen folgen, ein anderer Teil unterwirft sich dem Druck von Kirche, Parteiführung und Fraktionsvorsitz. Den Kirchen geht es um etwas Anderes. Ihre gesellschaftliche Macht beruht u. a. darauf, dass sie die Deutungshoheit über das Leben des Menschen beanspruchen, insbesondere den Anfang des Lebens und das Lebensende. Hinsichtlich des Lebensanfangs haben die Kirchen in den 1970 und 1990er Jahren hinnehmen müssen, dass ihnen ihre Deutungshoheit über den Lebensanfang (durch Pille, Schwangerschaftskonfliktberatung und Abtreibung) verloren ging. Nun wollen sie nicht auch noch die Deutungshoheit über das Lebensende verlieren.
Frage: Steht aber nicht die gesamte gesellschaftliche Entwicklung des größeren Freiheitsraumes des Individuums diesem Anspruch entgegen? Die Befreiung des Menschen von staatlichen oder religiösen Vorschriften?
Frerk: Die Kirchen denken nicht pragmatisch oder vom Menschen her, sie sind korporative „Überzeugungstäter“. Sie denken in Kategorien wie Strafe, auch wenn 140 Professoren des Strafrechts eindeutig erklärt haben, dass jedwede Regelung zur Sterbehilfe im Strafrecht nichts zu suchen habe. Und, wie es militärisch heißt: Rückzugsgefechte werden am härtesten geführt! Gerade weil die Säkularisierung der Gesellschaft voranschreitet, halten die Kirchen dagegen. In den vergangenen zehn Jahren lässt sich eine entschlossenere religiöse Positionierung im öffentlichen Raum beobachten. Sei es das „Adventssingen“ im Gebäude des Bundestages und der Landtage, sei es, dass alle Bundesminister, einschließlich der Kanzlerin, die Eidesformel „So wahr mir Gott helfe“ geschworen haben. Die Religionsbeauftragten der Parlamentsfraktionen, früher eine nebensächliche Aufgabe, sind seit zwei Legislaturperioden entschlossene Interessenvertreter der Kirchen, die ihre gläubigen Kollegen ‚bei der Stange halten’. Es ist wahrlich kein Zufall, dass der den Kirchen genehme Gesetzentwurf von der Pfarrerstochter Kerstin Griese, MdB, vorgetragen wurde. Seit 2008 ist sie Sprecherin des „Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD“ und von 2006 bis 2009 und seit 2011 Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften. Seit 2003 ist sie zudem Mitglied der Synode der EKD.
Frage: Ähnliches gilt auch für die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und den Grünen, oder?
Frerk: In der Tat. Volker Kauder, der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, ist nicht nur bekennender evangelikaler Christ, sondern wurde im Juni 2014 auch mit der Komturstufe des päpstlichen Gregoriusordens dekoriert, für „sein von christlichen Werten geprägtes Handeln in Politik und Gesellschaft“. Katrin Göring-Eckardt, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, ist seit 2007 Mitglied im Vorstand des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentags und war von 2009 bis Oktober 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Griese, Kauder und Göring-Eckardt sind, neben einigen anderen, bedeutende „Brückenköpfe“ des kirchlichen Lobbyismus im Deutschen Bundestag.
Frage: Sind Sie eigentlich ein Anhänger von Verschwörungstheorien?
Frerk: Wahrlich nicht! Ich spreche hier auch nicht von einer „großen, geheimen Verschwörung“, sondern von einer im Grunde recht alltäglichen Form des politischen Netzwerkens. Dabei muss man sich vor Augen führen, dass die Kirchen zwar reiche Organisationen sind, die aufgrund ihrer Geschichte über beste Kontakte zur Politik verfügen, dass dies aber keineswegs bedeutet, dass sie die Demokratie tatsächlich lenken könnten. Im Falle der Sterbehilfe konnten sich die Kirchen trotz der Stimmen der CDU/CSU nicht sicher sein, ob sie sich mit ihren Wünschen durchsetzen würden. Auch die maßgeblichen Politiker konnten nicht unbedingt davon ausgehen, dass ihre Fraktionen im Sinne der Kirchen abstimmen würden. Ansonsten wäre es wohl kaum zu der Intervention der drei Fraktionsvorsitzenden gekommen. Immerhin bedeutete dieses Dreikopf-Schreiben ja eine klare Verletzung parlamentarischer Regeln. Niemand nahm ihnen ab, dass sie sich nur als „einfache Abgeordnete“ an ihre Kollegen wandten. Kauder, Gabriel und Göring-Eckardt standen offenbar unter gehörigem Druck und nutzten jede Chance, um die Mehrheit für das Verbotsgesetz zusammenzubringen, was ihnen schließlich auch gelang, prinzipiell aber auch hätte scheitern können.
Frage: Ist der Titel Ihres Buches „Kirchenrepublik Deutschland“ dann nicht doch etwas überzogen?
Frerk: Nein. Die Kirchen sind seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland geräuschlos in den kompletten Gesetzgebungsprozess in Bund und Ländern eingebunden. Dafür bestehen keinerlei rechtliche Grundlagen. Sie agieren wie ein Schattenparlament oder eine Art Nebenregierung ohne jegliche demokratische Legitimation. Insofern sind sie maßgebliche Akteure der Politik. Aber: Sie sind natürlich keineswegs die einzigen Akteure. Und aus eben diesem Grund heißt mein Buch auch „Kirchenrepublik Deutschland“ – nicht „Kirchendiktatur Deutschland“. Die Zivilgesellschaft kann dem kirchlichen Lobbyismus durchaus entgegenwirken. Doch dazu muss das Problem des kirchlichen Lobbyismus zunächst einmal erkannt werden, wozu meine Studie hoffentlich beitragen kann.
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Liste der Abgeordneten, die für ein Verbot der professionellen Suizidhilfe gestimmt haben (laut Plenarprotokoll 18/134):
CDU/CSU: Stephan Albani; Katrin Albsteiger; Peter Altmaier; Artur Auernhammer; Dorothee Bär; Günter Baumann; Maik Beermann; Manfred Behrens (Börde); Sybille Benning; Dr. Andre Berghegger; Dr. Christoph Bergner; Ute Bertram; Peter Beyer; Steffen Bilger; Clemens Binninger; Dr. Maria Böhmer; Wolfgang Bosbach; Klaus Brähmig; Michael Brand; Dr. Reinhard Brandl; Helmut Brandt; Dr. Ralf Brauksiepe; Heike Brehmer; Ralph Brinkhaus; Cajus Caesar; Gitta Connemann; Alexander Dobrindt; Michael Donth; Thomas Dörflinger; Marie-Luise Dött; Hansjörg Durz; Dr. Bernd Fabritius; Hermann Färber; Dr. Thomas Feist; Enak Ferlemann; Dirk Fischer (Hamburg); Axel E. Fischer ; (Karlsruhe-Land); Dr. Maria Flachsbarth; Klaus-Peter Flosbach; Thorsten Frei; Dr. Astrid Freudenstein; Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof); Michael Frieser; Dr. Michael Fuchs; Hans-Joachim Fuchtel; Alexander Funk; Ingo Gädechens; Dr. Thomas Gebhart; Alois Gerig; Eberhard Gienger; Cemile Giousouf; Josef Göppel; Reinhard Grindel; Ursula Groden-Kranich; Hermann Gröhe; Klaus-Dieter Gröhler; Michael Grosse-Brömer; Astrid Grotelüschen; Markus Grübel; Manfred Grund; Oliver Grundmann; Monika Grütters; Fritz Güntzler; Christian Haase; Florian Hahn; Dr. Stephan Harbarth; Gerda Hasselfeldt; Matthias Hauer; Mark Hauptmann; Dr. Stefan Heck; Dr. Matthias Heider; Helmut Heiderich; Mechthild Heil; Frank Heinrich (Chemnitz); Uda Heller; Rudolf Henke; Michael Hennrich; Ansgar Heveling; Christian Hirte; Dr. Heribert Hirte; Robert Hochbaum; Alexander Hoffmann; Karl Holmeier; Franz-Josef Holzenkamp; Dr. Hendrik Hoppenstedt; Margaret Horb; Bettina Hornhues; Charles M. Huber; Anette Hübinger; Hubert Hüppe; Erich Irlstorfer; Thomas Jarzombek; Andreas Jung; Dr. Franz Josef Jung; Xaver Jung; Bartholomäus Kalb; Hans-Werner Kammer; Steffen Kampeter; Anja Karliczek; Bernhard Kaster; Volker Kauder; Dr. Stefan Kaufmann; Roderich Kiesewetter; Dr. Georg Kippels; Volkmar Klein; Jens Koeppen; Markus Koob; Carsten Körber; Hartmut Koschyk; Michael Kretschmer; Gunther Krichbaum; Dr. Günter Krings; Rüdiger Kruse; Bettina Kudla; Dr. Roy Kühne; Günter Lach; Uwe Lagosky; Dr. Karl A. Lamers; Dr. Norbert Lammert; Katharina Landgraf; Ulrich Lange; Barbara Lanzinger; Dr. Silke Launert; Paul Lehrieder; Dr. Katja Leikert; Dr. Philipp Lengsfeld; Dr. Andreas Lenz; Philipp Graf Lerchenfeld; Dr. Ursula von der Leyen; Ingbert Liebing; Matthias Lietz; Dr. Carsten Linnemann; Patricia Lips; Wilfried Lorenz; Dr. Claudia Lücking-Michel; Daniela Ludwig; Karin Maag; Yvonne Magwas; Gisela Manderla; Matern von Marschall; Hans-Georg von der Marwitz; Andreas Mattfeldt; Stephan Mayer (Altötting); Reiner Meier; Dr. Michael Meister; Dr. Angela Merkel; Jan Metzler; Maria Michalk; Dr. h.c. Hans Michelbach; Dr. Mathias Middelberg; Dietrich Monstadt; Karsten Möring; Volker Mosblech; Elisabeth Motschmann; Stefan Müller (Erlangen); Dr. Gerd Müller; Dr. Philipp Murmann; Dr. Andreas Nick; Michaela Noll; Helmut Nowak; Dr. Georg Nüßlein; Julia Obermeier; Wilfried Oellers; Florian Oßner; Dr. Tim Ostermann; Henning Otte; Ingrid Pahlmann; Sylvia Pantel; Martin Patzelt; Dr. Martin Pätzold; Sibylle Pfeiffer; Eckhard Pols; Thomas Rachel; Kerstin Radomski; Alexander Radwan; Alois Rainer; Dr. Peter Ramsauer; Eckhardt Rehberg; Lothar Riebsamen; Josef Rief; Dr. Heinz Riesenhuber; Johannes Röring; Erwin Rüddel; Albert Rupprecht; Anita Schäfer (Saalstadt); Dr. Wolfgang Schäuble; Andreas Scheuer; Karl Schiewerling; Norbert Schindler; Heiko Schmelzle; Christian Schmidt (Fürth); Gabriele Schmidt (Ühlingen); Ronja Schmitt; Patrick Schnieder; Nadine Schön (St. Wendel); Bernhard Schulte-Drüggelte; Dr. Klaus-Peter Schulze; Uwe Schummer; Armin Schuster (Weil am Rhein); Detlef Seif; Johannes Selle; Reinhold Sendker; Bernd Siebert; Thomas Silberhorn; Johannes Singhammer; Jens Spahn; Carola Stauche; Dr. Frank Steffel; Dr. Wolfgang Stefinger; Albert Stegemann; Peter Stein; Erika Steinbach; Johannes Steiniger; Christian Frhr. von Stetten; Dieter Stier; Rita Stockhofe; Stephan Stracke; Max Straubinger; Matthäus Strebl; Thomas Strobl (Heilbronn); Dr. Peter Tauber; Antje Tillmann; Dr. Hans-Peter Uhl; Dr. Volker Ullrich; Oswin Veith; Thomas Viesehon; Michael Vietz; Sven Volmering; Kees de Vries; Dr. Johann Wadephul; Marco Wanderwitz; Nina Warken; Albert Weiler; Marcus Weinberg (Hamburg); Dr. Anja Weisgerber; Peter Weiß (Emmendingen); Sabine Weiss (Wesel I); Karl-Georg Wellmann; Marian Wendt; Waldemar Westermayer; Kai Whittaker; Peter Wichtel; Annette Widmann-Mauz; Heinz Wiese (Ehingen); Elisabeth Winkelmeier-Becker; Oliver Wittke; Barbara Woltmann; Tobias Zech; Heinrich Zertik; Emmi Zeulner; Dr. Matthias Zimmer; Gudrun Zollner
SPD: Rainer Arnold; Heike Baehrens; Ulrike Bahr; Doris Barnett; Dr. Matthias Bartke; Bärbel Bas; Burkhard Blienert; Willi Brase; Martin Burkert; Dr. Lars Castellucci; Siegmund Ehrmann; Petra Ernstberger; Dr. Fritz Felgentreu; Dr. Ute Finckh-Krämer; Christian Flisek; Dagmar Freitag; Sigmar Gabriel; Michael Gerdes; Martin Gerster; Iris Gleicke; Kerstin Griese; Uli Grötsch; Sebastian Hartmann; Hubertus Heil (Peine); Marcus Held; Wolfgang Hellmich; Dr. Barbara Hendricks; Dr. Eva Högl; Christina Jantz; Josip Juratovic; Oliver Kaczmarek; Arno Klare; Lars Klingbeil; Birgit Kömpel; Dr. Hans-Ulrich Krüger; Helga Kühn-Mengel; Christine Lambrecht; Christian Lange (Backnang); Steffen-Claudio Lemme; Gabriele Lösekrug-Möller; Hiltrud Lotze; Kirsten Lühmann; Dr. Birgit Malecha-Nissen; Hilde Mattheis; Bettina Müller; Michelle Müntefering; Dr. Rolf Mützenich; Andrea Nahles; Dietmar Nietan; Thomas Oppermann; Aydan Özoguz; Detlev Pilger; Achim Post (Minden); Dr. Wilhelm Priesmeier; Dr. Sascha Raabe; Martin Rabanus; Stefan Rebmann; Andreas Rimkus; Dennis Rohde; Dr. Martin Rosemann; René Röspel; Dr. Ernst Dieter Rossmann; Michael Roth (Heringen); Susann Rüthrich; Bernd Rützel; Annette Sawade; Marianne Schieder; Udo Schiefner; Dr. Dorothee Schlegel; Ulla Schmidt (Aachen); Dagmar Schmidt (Wetzlar); Elfi Scho-Antwerpes; Stefan Schwartze; Rita Schwarzelühr-Sutter; Rainer Spiering; Peer Steinbrück; Gabi Weber
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Volker Beck (Köln); Katrin Göring-Eckardt; Britta Haßelmann; Bärbel Höhn; Maria Klein-Schmeink; Stephan Kühn (Dresden); Markus Kurth; Dr. Tobias Lindner; Beate Müller-Gemmeke; Özcan Mutlu; Dr. Konstantin von Notz; Omid Nouripour; Cem Özdemir; Claudia Roth (Augsburg); Corinna Rüffer; Manuel Sarrazin; Elisabeth Scharfenberg; Kordula Schulz-Asche; Dr. Harald Terpe
DIE LINKE: Jan van Aken; Sevim Dagdelen; Annette Groth; Heike Hänsel; Andrej Hunko; Ulla Jelpke; Martina Renner; Kathrin Vogler; Halina Wawzyniak; Jörn Wunderlich; Hubertus Zdebel; Pia Zimmermann
Von den 360 Parlamentariern, die für das Verbot votierten, stammen 252 (= 70 %) von der CDU/CSU, 77 (= 21,3 %) von der SPD, 19 (= 5 %) von Bündnis90/Die Grünen sowie 12 (= 3,3 Prozent) von der Linksfraktion. Wir bedanken uns bei den 233 MdBs (immerhin fast 40 Prozent der Abgeordneten), die gegen das Gesetz gestimmt haben (39 Abgeordnete der CDU/CSU, 109 Abgeordnete der SPD, 41 Abgeordnete der Grünen und 44 Abgeordnete der Linken).
Innerhalb der Parteien waren die Mehrheitsverhältnisse folgendermaßen verteilt: Bei der CDU/CSU-Fraktion stimmten 86 Prozent der Abgeordneten für das Verbot, nur 14 Prozent dagegen (ziemlich exakt das umgekehrte Verhältnis, das in der Bevölkerung vorherrschte), bei der SPD stimmten 41 Prozent für das Verbot, 59 Prozent dagegen (nicht gerade bürgernah, aber immerhin eine klare Mehrheit gegen die Kriminalisierung der Suizidhilfe), bei Bündnis 90/Die Grünen stellten die Verbotsbefürworter 32 Prozent, die Gegner 68 Prozent, Die Linke konnte sich mit 21 Prozent Strafrechtsverschärfern und 79 Prozent Liberalen (bei dieser Abstimmung) als die bürgernahste (bzw. kirchenfernste) Partei im Deutschen Bundestag präsentieren.