You are here

Für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs

Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) positioniert sich zu aktuellen rechtspolitischen Themen

ifw-treffen-2023-m.jpg

ifw-Jahrestagung 2023 im Haus Weitblick, Foto: Florian Chefai

Am vergangenen Wochenende fand unter reger Teilnahme das 7. Beiratstreffen des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) im "Haus Weitblick", dem Sitz der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), statt. Auf der Tagesordnung standen hochrelevante aktuelle Themen wie die Neuregelung der Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch sowie zur Freitodbegleitung.

Bei allen noch zu klärenden Fragen, wie eine angemessene Abwägung zwischen dem reproduktiven Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Schutz des werdenden Lebens aussehen soll, ist die bestehende Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs nach Einschätzung der ifw-Mitglieder weder angemessen noch geboten. Daher setzt sich das ifw – wie auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus und der Deutsche Juristinnenbund – für die Streichung der §§ 218 ff. StGB ein und wird einen Gesetzentwurf für eine angemessene Fristenlösung zum öffentlichen Diskurs stellen.

Entschieden wenden sich die Juristinnen und Juristen des ifw auch gegen den Gesetzentwurf von Lars Castellucci et al., der den vom Bundesverfassungsgericht am 26.02.2020 für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärten § 217 StGB in nur leicht modifizierter Form wiederbeleben will. Eine strafrechtliche Regelung der Freitodbegleitung halten die ifw-Beiräte mit Blick auf die diesbezüglich eindeutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für klar verfassungswidrig und sprechen sich mit Nachdruck gegen einen neuen § 217 StGB aus.

Anlässlich eines vom ifw unterstützten Rechtsfalls, in dem ein iranischer Menschrechtsaktivist strafrechtlich wegen eines angeblichen Verstoßes gegen § 166 StGB verfolgt und zunächst erstinstanzlich schuldig gesprochen – und in zweiter Instanz freigesprochen –  wurde, stand auch diese Vorschrift auf dem Prüfstand. Nach längerer Diskussion der juristischen Details plädierten die ifw-Beiräte mehrheitlich für die Abschaffung des § 166 StGB (Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen).

Debattiert wurde ferner über das kirchliche Arbeitsrecht, die intransparenten Geheimverhandlungen zwischen Bund, Ländern und Kirchen zur Ablösung der Staatsleistungen, über Ethikunterricht und bekenntnisfreie Schulen, die Möglichkeiten der zivilrechtlichen Entschädigung der Opfer klerikalen Missbrauchs sowie über den von ifw-Direktor Jörg Scheinfeld als Erstunterzeichner unterstützten offenen Brief, in dem die Abschaffung der "Beschneidungserlaubnis" des § 1631d BGB gefordert wird.

Ziel des 2017 gegründeten Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) ist es, das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates in der Rechtspolitik wie in der Rechtsprechung zu stärken. In der Vergangenheit trat das ifw unter anderem durch bundesweite Strafanzeigen gegen katholische Bistümer in Erscheinung, zudem war es maßgeblich an der Aufhebung des § 217 StGB durch das Bundesverfassungsgericht sowie an der Streichung von § 219a StGB (die sogenannte "Werbung für den Schwangerschaftsabbruch") durch den Deutschen Bundestag beteiligt (siehe den Fall "Hänel"). Dem Institut haben sich renommierte Richterinnen und Richter sowie Juraprofessorinnen und -professoren angeschlossen. Neu in den Beirat aufgenommen wurde im Rahmen der ifw-Jahrestagung 2023 die Richterin am Bundesarbeitsgericht a.D. Dr. Ulrike Brune.