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Newsletter vom 11.12.2015

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Film: Ricarda Hinz

Zeitreise zu den Urahnen der Menschheit - Der Film „Big Family“ erzählt die Geschichte der Evolution auf faszinierende Weise +++ Aktion „Evolution in die Schulbibliotheken!“ gestartet: Giordano-Bruno-Stiftung verschenkt 500 Kinderbücher  +++ „Diese Politiker sind verantwortlich dafür, dass Sie möglicherweise qualvoll sterben müssen!“ – Warum die Kriminalisierung professioneller Freitodbegleitungen ein Erfolg kirchlicher Lobbyisten ist +++ „Freiheit für Raif Badawi!“ – Giordano -Bruno-Stiftung hofft auf eine baldige Begnadigung des saudischen Bloggers und Menschenrechtsaktivisten +++ „Ein außergewöhnlicher Mensch“ – Giordano-Bruno-Stiftung trauert um den Physiker und Kabarettisten Prof. Dr. Heinz Oberhummer +++ Buchempfehlungen: Bücher von Hamed Abdel-Samad, Mouhanad Khorchide, Ensaf Haidar, Gisela Notz, Carsten Frerk und Karlheinz Deschner +++ Die nächsten Termine

Zeitreise zu den Urahnen der Menschheit - Der Film „Big Family“ erzählt die Geschichte der Evolution auf faszinierende Weise

Die Giordano-Bruno-Stiftung hat im Rahmen des Projekts „Evokids - Evolution in der Grundschule“ einen Film veröffentlicht, der die Geschichte der Evolution als Familiengeschichte eines Kindes erzählt, das zu seinen Urahnen zurückreist. Das 18-minütige Video „Big Family - Die phantastische Reise in die Vergangenheit“ stammt von der Filmemacherin Ricarda Hinz, die das gleichnamige Buch von Michael Schmidt-Salomon und Anne-Barbara-Kindler eindrucksvoll in Szene gesetzt hat.

„Der Film ist bestens geeignet, um Kinder für das Thema 'Evolution' zu begeistern“, sagt gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon: „Wir haben festgestellt, dass die Kinder ungemein fasziniert sind, wenn sie erfahren, dass sie gar nicht erst geboren worden wären, wenn eine ihrer Fischomis vor 470 Millionen Jahren keine Nachkommen gezeugt hätte. Zu unserer Überraschung waren selbst Erwachsene perplex, als wir ihnen das Buch bzw. den Film zeigten. Dass wir gemeinsame Vorfahren mit Schimpansen haben, war den meisten zwar bewusst, nicht aber, dass unsere Ur-Großeltern mehrheitlich weder Menschen noch Affen waren, sondern Echsen, Amphibien, Fische und Bakterien. Offenkundig wird der große Bogen der Evolutionsgeschichte viel zu selten erzählt.“

Weitere Informationen:
http://evokids.de/content/film-big-family

Evokids-Film „Big Family“ auf YouTube:
https://www.youtube.com/watch?v=R3HnPLNMAHs
 

Aktion „Evolution in die Schulbibliotheken!“ gestartet: Giordano-Bruno-Stiftung verschenkt 500 Kinderbücher

Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Films „Big Family – Die phantastische Reise in die Vergangenheit“ (siehe oben) hat die Giordano-Bruno-Stiftung bekanntgegeben, dass sie das gleichnamige Buch 500 Grundschulbibliotheken kostenlos zur Verfügung stellen wird. „Die Evolutionstheorie ist die Grundlage des modernen Weltbildes, je besser man sie versteht, desto eher entwickelt man eine realistische Vorstellung von der Welt, in der wir leben, und desto geringer ist die Gefahr, fundamentalistischen Heilslehren auf den Leim zu gehen“, erklärte gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon das besondere Engagement der Stiftung.
Grundschulen, die „Big Family – Die phantastische Reise in die Vergangenheit“ in ihre Bibliothek aufnehmen möchten, können das aufwändig illustrierte Evolutionsbuch ab sofort über dieses Bestellformular kostenfrei bei der Giordano-Bruno-Stiftung bestellen. Informationen zum Buch gibt es auf der Website des Projekts „Evokids – Evolution in der Grundschule“, dem die Hälfte des Verlagserlöses aus dem Buchverkauf zufließt. „Big Family“ ist bei guten Buchhändlern und Versandbuchhändlern seit einigen Wochen erhältlich.

Das Evokids-Projekt setzt sich für eine möglichst frühzeitige Beschäftigung mit dem Themenkomplex „Evolution“ ein, der in den staatlichen Grundschullehrplänen bislang nicht berücksichtigt wird. „Dies ist nicht nur im Hinblick auf die fundamentale Bedeutung der Evolutionstheorie für die Allgemeinbildung unverständlich, sondern auch vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um eine vernünftige Integrationspolitik“, sagte Schmidt-Salomon. „Denn wer die Prozesse der Evolution versteht, der begreift auch, dass ‚Religionen‘, ‚Nationen‘, ‚Völker‘ letztlich nur soziale Konstrukte sind, die eine für unser Zusammenleben bedeutsame Tatsache häufig verdecken, nämlich, dass uns Menschen untereinander sehr viel mehr verbindet als trennt. Die Evolutionstheorie befreit uns von solchen Perspektivverengungen. Sie vermittelt uns die faszinierende Erkenntnis, dass wir zusammen mit allen anderen Lebewesen auf der Erde eine einzigartige große Familie bilden, deren Entstehungsgeschichte wir bis zu den ersten Einzellern vor mehr als 3,5 Milliarden Jahren zurückverfolgen können. Wer diese große Geschichte des Lebens im Kopf hat, wird mit den engen, hinterwäldlerischen Vorstellungen von Nationalisten, Ethnozentristen oder religiösen Fundamentalisten nichts mehr anfangen können.“

Hauptträger des Evokids-Projekts sind das Institut für Biologiedidaktik der Universität Gießen und die Giordano-Bruno-Stiftung. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann entweder über das Spendenportal „betterplace.org“ online spenden oder unter Angabe des Verwendungszwecks „Evokids“ einen Betrag auf das Konto der Giordano-Bruno-Stiftung (KSK Rhein-Hunsrück, Konto: 2 222 222, BLZ: 560 517 90, IBAN: DE40 5605 1790 0002 2222 22, BIC: MALADE51SIM) überweisen. Spenden an das Projekt können von der Steuer abgesetzt werden.

Links zu dieser Meldung:

„Diese Politiker sind verantwortlich dafür, dass Sie möglicherweise qualvoll sterben müssen!“ – Warum die Kriminalisierung professioneller Freitodbegleitungen ein Erfolg kirchlicher Lobbyisten ist

Nach der Veröffentlichung des „Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ am 9. Dezember drohen professionellen Sterbehelfern, die „Letzte Hilfe“ gewähren, Haftstrafen bis zu drei Jahren. „Merken Sie sich die Namen der Abgeordneten, die für dieses reaktionäre Gesetz gestimmt haben“, erklärte dazu der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon. „Denn diese Politiker sind verantwortlich dafür, dass Sie möglicherweise qualvoll sterben müssen!“

Anders als in den meisten Medien berichtet, „stand keineswegs eine überwältigende, fraktionsübergreifende Mehrheit hinter dem Gesetz“, sagte Schmidt-Salomon. „Tatsächlich fand es nur innerhalb der CDU/CSU-Faktion mehrheitlich Zustimmung, was nur über die besonders enge Kooperation und weltanschauliche Verbundenheit der C-Parteien mit den Kirchen zu erklären ist.“

"Die Folgen, die das Gesetz für viele verzweifelte Menschen haben wird, sind dramatisch“, erklärte der Stiftungssprecher. „Tragischerweise werden einige von ihnen es nicht mehr erleben, dass dieses reaktionäre ‚Sterbehilfeverhinderungsgesetz‘, das ihnen das ‚letzte Menschenrecht‘, nämlich das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende, genommen hat, als verfassungswidrig erklärt wird.“

Lesen Sie die komplette Stellungnahme auf der Website der Giordano-Bruno-Stiftung. Dort ist auch eine Liste der Abgeordneten zu finden, die für das „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ gestimmt haben, sowie ein Interview mit dem Politologen Carsten Frerk zum Einfluss christlicher Lobbyisten auf die Sterbehilfedebatte, das von einem namhaften deutschen Nachrichtenmagazin angefragt, letztlich aber doch nicht veröffentlicht wurde:

/meldung/qualvoll-sterben

„Freiheit für Raif Badawi!“ – Giordano -Bruno-Stiftung hofft auf eine baldige Begnadigung des saudischen Bloggers und Menschenrechtsaktivisten

Laut Angaben des Schweizer Staatssekretärs Yves Rossier soll der saudische Blogger Raif Badawi, der für sein Eintreten für Menschenrechte und Meinungsfreiheit zu 1000 Peitschenhieben verurteilt wurde, in absehbarer Zeit begnadigt werden. Der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung Michael Schmidt-Salomon drückte in diesem Zusammenhang die Hoffnung aus, dass der königliche Gnadenlass nicht nur die Peitschenstrafe aufhebe, sondern auf eine Freilassung Badawis hinauslaufe. „Raif Badawi ist zu der Symbolfigur für die Unterdrückung der Meinungsfreiheit in islamischen Ländern geworden. Sollte er freikommen, wäre dies ein Zeichen dafür, dass selbst in Saudi-Arabien, dem Land mit den heiligsten Stätten des Islam, das wesentlich an der Finanzierung sunnitischer Terrorakte beteiligt ist, ein gesellschaftlicher Wandel möglich ist.“

Nachdem der Oberste Gerichtshof Saudi-Arabiens das Skandalurteil gegen Badawi noch im Juni bestätigt hatte, habe ihn die Nachricht von der angeblich bevorstehenden Begnadigung sehr überrascht, erklärte Schmidt-Salomon. Noch sei er skeptisch, ob es tatsächlich zu einer Freilassung Badawis komme. Immerhin habe der saudische Botschafter in Berlin bereits im Januar 2015, nach den weltweiten Protesten, die auf die erste öffentliche Auspeitschung erfolgten, in Aussicht gestellt, dass das Urteil gegen Badawi aufgehoben werde, ohne dass seither irgendetwas geschehen sei. „Ich hoffe jedoch, dass der internationale Druck auf Saudi-Arabien, der seit den Terroranschlägen in Paris noch einmal verstärkt wurde, dazu beitragen wird, dass Raif Badawi zu seiner Frau und seinen Kindern in Kanada ausreisen kann.“

Sollte Raif Badawi begnadigt werden, wäre dies „ein sensationeller Erfolg der internationalen Protestbewegung, bei der Vertreter von NGOs, der Medien und der Politik an einem Strang gezogen haben“, sagte der gbs-Sprecher. „So froh wir über ein solches Ergebnis sein dürfen, sollte der Druck auf Saudi-Arabien danach jedoch nicht abreißen. Denn Raif Badawi ist zwar das berühmteste Opfer des saudischen Gottesstaates, aber keineswegs ein Einzelfall. Zudem darf man nicht vergessen, welch großen Einfluss ein gesellschaftlicher Wandel in Saudi-Arabien für die Weltgemeinschaft hätte. Sollten Raifs Badawis Forderungen nach einem säkularen Rechtsstaat in seinem Heimatland mehr Befürworter finden, wäre dem sunnitisch inspirierten islamischen Terrorismus der wohl wichtigste Nährboden entzogen.“

Die Giordano-Bruno-Stiftung hat sich in den letzten Monaten auf vielfältige Weise (u.a. durch interne Gespräche mit Politikern) am Protest gegen die Verurteilung Raif Badawis beteiligt. Das erste Mal berichtete sie über sein Martyrium im gbs-Newsletter vom 29.1.2015. gbs-Mitglieder beteiligten sich daraufhin an zahlreichen Protest- und Solidaritätskundgebungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Michael Schmidt-Salomon selbst wies in zahlreichen Vorträgen und Podiumsdiskussionen auf das Schicksal des saudischen Menschenrechtsaktivisten hin. So widmete er ihm u.a. seinen Vortrag „Säkularismus ist die Lösung“ auf der Internationalen Konferenz „Give Peace A Chance“, die vom 22.-24. Mai 2015 in Köln stattfand.

„Ein außergewöhnlicher Mensch“ – Giordano-Bruno-Stiftung trauert um den Physiker und Kabarettisten Prof. Dr. Heinz Oberhummer

Mit großer Bestürzung hat die Giordano-Bruno-Stiftung Ende November vom Tod ihres Beiratsmitglieds Prof. Dr. Oberhummer erfahren, der nicht nur als Astrophysiker, sondern auch als Sachbuchautor und Kabarettist internationale Anerkennung gefunden hat. Lesen Sie den Nachruf auf einen „außergewöhnlichen Menschen“, der im Alter von 74 Jahren völlig unerwartet an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben ist:

/meldung/heinz-oberhummer-nachruf

Buchempfehlungen

Hamed Abdel-Samad: Mohamed. Eine Abrechnung. Droemer 2015.
Nach der „Untergang der islamischen Welt“ und „Der islamische Faschismus“ legt gbs-Beirat Hamed Abdel-Samad eine dritte wegweisende Studie zum Themenkomplex „Islam und Islamismus“ vor. Mit bewundernswerter Klarheit zeigt Abdel-Samad eines der Hauptprobleme der islamischen Welt auf, nämlich die kritiklose Verehrung „des Propheten“. Ohne Mohamed zu dämonisieren, arbeitet Abdel-Samad die Schwächen des Religionsstifters heraus, vor allem dessen „multiple Krankheiten“, die tragischerweise an weite Teile der muslimischen Community übertragen wurden: „Fatalismus, Zwangsstörung, Paranoia, Kritikunfähigkeit sowie eine Neigung zum Beleidigtsein“.
Fazit des Buchs: „Fundamentalismus und Intoleranz sind nicht eine Folge der Fehlinterpretation der Texte, sondern eine Folge ihrer Überhöhung. Die Reform des Denkens beginnt, wenn Muslime es wagen, Mohamed aus dem Käfig der Unantastbarkeit zu entlassen und ihn Mensch werden zu lassen – Mensch, der er ja immer war. Erst dann können sie selbst aus seinem/ihrem Gefängnis ausbrechen und Teil der Gegenwart werden, die nicht von Gott, sondern von den Menschen bestimmt wird!“ Ein mutiges, kluges Buch, dem man weite Verbreitung wünscht!

Lesen Sie zum Thema auch das ausführliche ZEIT-Interview mit Hamed Abdel-Samad:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/hamed-abdel-sama-islam-kritik-muslime-fundamentalismus/komplettansicht

Das Buch ist u.a. bei unserem Kooperationspartner denkladen.de erhältlich:
http://www.denkladen.de/Kirchen-Religionskritik/Islam/Abdel-Samad-Mohamed::2331.html

Mouhanad Khorchide: Gott glaubt an den Menschen. Mit dem Islam zu einem neuen Humanismus. Herder 2015.
Mouhanad Khorchide ist einer der mutigsten und gebildetsten liberal-muslimischen Autoren der Gegenwart. Anders als viele Reform-Muslime verschweigt er die Gewaltproblematik im Islam nicht – er geht allerdings (im Unterschied zu Hamed Abdel-Samad, siehe oben) keineswegs so weit, die Wurzeln dafür bei Mohamed selbst zu verorten. In gewisser Weise lässt sich Khorchides Buch, das nicht zuletzt auf Anregung von gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon entstanden ist (siehe Khorchides Dankesworte am Ende des Buchs), als Gegen- bzw. Ergänzungsbuch zu Abdel-Samads Schrift „Der islamische Faschismus“ lesen. Der Autor arbeitet die humanistischen Traditionen, die es innerhalb der islamischen Kulturentwicklung durchaus gegeben hat, klar heraus, wobei er sich an den Darlegungen von gbs-Beirat Rolf Bergmeier („Christlich-abendländische Kultur. Eine Legende“) orientiert. Ohnehin zeigt sich Khorchide gegenüber zeitgenössischen Konzepten des säkularen Humanismus aufgeschlossen, die er vor dem Hintergrund seiner Glaubensüberzeugungen freilich nicht voll und ganz teilen kann.

Aus einer konfessionsfreien Perspektive fällt das Urteil über Khorchides Buch ambivalent aus: Einerseits ist es irritierend, dass Khorchide mittels exegetischer Kunstgriffe humanistische Imperative selbst aus solchen Texten herausliest, die in ihrer ursprünglichen Intention mit humanistischen Überzeugungen herzlich wenig zu tun hatten, andererseits kann man es aber kaum hoch genug loben, dass er den Mut aufbringt, die „heiligen Texte“ des Islam einer radikal-humanistischen Neuinterpretation zu unterziehen. Letzteres ist zweifelsfrei von großer politischer Bedeutung, da nicht damit zu rechnen ist, dass eine Milliarde Muslime weltweit dem Weg von Hamed Abdel-Samad folgen werden. Deshalb sind wir auf eine historisch-kritisch argumentierende, humanistisch ausgerichtete Theologie des Islam angewiesen – und Mouhanad Khorchide ist zweifellos einer ihrer wichtigsten Vertreter.

Lesen Sie hierzu auch das dreiteilige Interview mit Mouhanad Khorchide und Hamed Abdel-Samad auf hpd.de:
http://hpd.de/artikel/12305
http://hpd.de/artikel/12306
http://hpd.de/artikel/12307

Ensaf Haidar / Andrea C. Hoffmann: Freiheit für Raif Badawi, die Liebe meines Lebens. Lübbe 2015.
Die bemerkenswerten Texte zu Säkularismus, Liberalismus und Humanismus, die zur Verurteilung Raif Badawis in Saudi-Arabien geführt haben, wurden bereits vor einigen Monaten publiziert (Raif Badawi: 1000 Peitschenhiebe. Weil ich sage, was ich denke. Ullstein2015). Mit dem vor kurzem erschienenen Buch seiner Frau Ensaf Haidar erhalten wir nun Einblick in die persönliche Entwicklung eines jungen Mannes, der durch seinen Mut, aber auch durch eine Verkettung unglücklicher Zufälle zu dem wohl bekanntesten Opfer des religiösen Totalitarismus geworden ist.
Ensaf Haidars Aufzeichnungen über ihr Leben, die von der deutschen Nahost-Expertin Andrea C. Hoffmann zu Papier gebracht wurden, zeigen schmerzlich auf, was es bedeutet, in einer geschlossenen Gesellschaft zu leben, die jeden Ansatz von Geistesfreiheit radikal unterdrückt. Bemerkenswert ist dabei die Offenheit, mit der Haidar, die den weltweiten Protest gegen die Verurteilung Badawis initiierte, auch über die Höhen und Tiefen ihrer Ehe berichtet. Weder sie selbst noch ihr Mann erscheinen in dieser Autobiographie als strahlende Helden, sie begegnen uns vielmehr als Menschen, die erst allmählich in der Lage waren, sich von vorgegebenen Dogmen zu lösen, und die auch später noch viele Sachverhalte falsch einschätzten. Ein berührendes, lesenswertes Buch.

Verlagswebsite zum Buch:
https://www.luebbe.de/bastei-luebbe/buecher/autobiografie/freiheit-fuer-raif-badawi-die-liebe-meines-lebens/id_5492354

Gisela Notz: Kritik des Familismus. Theorie und soziale Realität eines ideologischen Gemäldes. Schmetterling Verlag 2015.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Sozialwissenschaftlerin Gisela Notz (Mitglied des gbs-Beirats) hat mit ihrer Studie „Kritik des Familismus“ ein bahnbrechendes Grundlagenwerk vorgelegt, das breite Beachtung finden sollte. Denn die Ideologie des Familismus, die die gesellschaftliche Organisationsform aus dem Konzept einer „Idealfamilie“ ableitet, hat noch immer Hochkonjunktur und führt unweigerlich zur Diskriminierung von Individuen, die diesem Bild nicht entsprechen. In unseren Breitengraden etwa herrscht das Leitkonzept der bürgerlichen (heterosexuellen) Vater-Mutter-Kind-Kleinfamilie vor, das (noch immer meist unhinterfragt) vielen sozialpolitischen Entscheidungen zugrunde liegt.

Gisela Notz beleuchtet in ihrem Buch die Entstehungsgeschichte sowie die Konsequenzen der familistischen Ideologie und deutet an, welche Alternativen denkbar wären. Spannend sind dabei vor allem ihre Exkurse zu den verschiedenen Versuchen der Frauenbewegung, die familistische Ideologie zu erschüttern, sowie zum politischen Einfluss christlicher Zirkel, die sich schon seit Jahrzehnten darum bemühen, den Familismus gegen alle Auflösungserscheinungen zu verteidigen. Ein Muss für all diejenigen, die an ideologiekritischer Theoriebildung interessiert sind.

Verlagsseite zum Buch:
http://www.schmetterling-verlag.de/page-5_isbn-3-89657-681-X.htm

Carsten Frerk: Kirchenrepublik Deutschland. Christlicher Lobbyismus. Alibri 2015.

Nach seinen vieldiskutierten Büchern „Vermögen und Finanzen der Kirchen in Deutschland“, „Caritas und Diakonie in Deutschland“ und „Violettbuch Kirchenfinanzen“ legt gbs-Beirat Carsten Frerk eine weitere aufsehenerregende Veröffentlichung vor: In „Kirchenrepublik Deutschland“ zeigt Frerk auf, dass die Kirchen die „erfolgreichsten Lobbyisten der Republik“ sind, die in politischen Entscheidungsprozessen seit Jahrzehnten schon eine sehr viel größere Rolle spielen als alle anderen nichtstaatlichen Organisationen. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass viele politisch Verantwortliche Funktionen innerhalb der Kirchen ausüben bzw. früher einmal ausgeübt haben. Die personellen Verflechtungen gehen so weit, dass Frerk von einem „gekaperten Staat“ spricht und Befangenheitsregeln für Parlamentarier fordert, da diese – siehe auch das oben verlinkte Gespräch mit Frerk zur Sterbehilfedebatte – oftmals eine Politik verfolgen, die sehr viel eher den Interessen der Kirchen entspricht als den Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler.

Interview der WirtschaftsWoche mit Carsten Frerk:
http://www.wiwo.de/politik/deutschland/carsten-frerk-ueber-die-privilegien-der-kirchen-der-staat-macht-sich-zum-devoten-deppen/12559868.html

Website zum Buch sowie zu der noch umfassenderen Studie, die im Auftrag des IBKA erfolgte:
http://www.kirchenrepublik.de/

„Kirchenrepublik Deutschland“ bei denkladen.de:
http://www.denkladen.de/Kirchen-Religionskritik/Kirchenkritik/Frerk-Kirchenrepublik-Deutschland::2325.html

Karlheinz Deschner: Die Nacht steht um ein Haus / Florenz ohne Sonne. Die frühen autobiographischen Romane. Alibri 2016 (SUBSKRIPTION)
Bevor Karlheinz Deschner als „bedeutendster Kirchenkritiker des 20. Jahrhunderts“ von sich reden machte, erschütterte er die literarische Welt als Romanautor und Literaturkritiker. Vor allem seine erste literarische Veröffentlichung „Die Nacht steht um mein Haus“ sorgte für Furore. Wolfgang Koeppen zeigte sich „außerordentlich beeindruckt“, Walter Muschg nannte das Buch „eine vehemente Sache, der man sich nicht entziehen kann“, Peter Rühmkorf „eins von der Sorte, die heut verflucht rar ist … Ein Buch aus Mut und Musikalität.“ Auch heute noch wird diese „radikale Autobiographie“ (Michael Schmidt-Salomon) gewürdigt als „das Werk eines Genies ohne Welt“ (Süddeutsche Zeitung). „Die Nacht steht um ein Haus“ und „Florenz ohne Sonne“ gelten nach wie vor als „Juwelen der unmittelbaren Nachkriegsliteratur“ (Nürnberger Nachrichten), worin sowohl der Literatur- als auch der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner bereits deutlich vernehmbar ist. Wer den Menschen hinter dem beeindruckenden Deschnerschen Werk kennenlernen möchte, sollte sich diese sprachgewaltigen autobiographischen Romane nicht entgehen lassen.

Nach „Die Politik der Päpste“ und „Abermals krähte der Hahn“ werden „Die Nacht steht um mein Haus“ und „Florenz ohne Sonne“ als Band 3 der Deschner-Edition des Alibri Verlags erscheinen. Das Buch kann ab sofort vorbestellt werden. Bis zum 30.4.2016 gilt der Subskriptionspreis von 17 Euro, danach wird der Band für 19 Euro abgegeben.

http://www.alibri-buecher.de/Buecher/Belletristik/Karlheinz-Deschner-Die-fruehen-autobiographischen-Romane::554.html

Die nächsten Termine

Die Termine der kommenden Wochen finden Sie, wie immer, im gbs-Terminkalender: /termine

Mit freundlichen Grüßen

Das gbs-Newsletter-Team

www.giordano-bruno-stiftung.de

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www.facebook.com/gbs.org

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www.giordano-bruno-stiftung.de/aufbau/aufklaerer-werden

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