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Newsletter vom 12.06.2017

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Foto: Evelin Frerk

"Tanz den Karfreitag!": Filmdoku der Heidenspaß-Party 2017 anlässlich der hpd-Themenwoche "Unglaube" +++ Luther als "polizeilich attestierter Volksverhetzer": gbs-Kunstaktion entblößt(e) die dunklen Seiten des Reformators +++ Die Entstehung der Geschlechterhierarchie: Vortrag von Helke Sander in Oberwesel am 23. Juli +++ Fünf Jahre "Kölner Urteil": Eine Aufforderung zum Handeln +++ Empfehlenswerte Literatur: Bücher vom "Frechen Mario", von Helke Sander und Ursula Neumann  +++ Die nächsten Termine

  

"Tanz den Karfreitag!": Filmdoku der Heidenspaß-Party 2017 anlässlich der hpd-Themenwoche "Unglaube"

Zum Start der hpd-Themenwoche "Unglaube" bzw. als Kontrapunkt zur ARD-Themenwoche "Glaube" hat die Filmemacherin Ricarda Hinz heute das Video "Tanz den Karfreitag!" veröffentlicht. Der Film dokumentiert die "Heidenspaß-Party", die am Karfreitag 2017 nach 10-jährigem Verbot dank eines Erfolgs vor dem Bundesverfassungsgericht stattfinden konnte. Mitwirkende des Films sind u.a. Ralf König, Gerhard Haderer, Piero Masztalerz, Assunta Tammelleo und Michael Schmidt-Salomon, der das "Wort zum Karfreitag" sprach und dem Publikum den "humanistischen Tanzsegen" erteilte.

Der Film "Tanz den Karfreitag!" auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=BPDqisSbzCo

Da das Bundesverfassungsgericht das Tanzverbot an "stillen Feiertagen" (wie Karfreitag) in seinem Urteil nicht generell aufgehoben hat, sondern nur für den Fall, dass der Tanz selbst Ausdruck eines weltanschaulichen Bekenntnisses ist, mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Heidenspaß-Party mit dem Zutritt zur "Karfreitags-Sause" versichern, dass jede noch so kleine rhythmische Zuckung ihres Körpers während der Veranstaltung auf "humanistischen Unglauben" zurückzuführen ist. Was damit gemeint ist, erklärte Michael Schmidt-Salomon in seinem "Wort zum Karfreitag", dessen Manuskript der hpd hier in voller Länge dokumentiert:
https://hpd.de/artikel/tanz-den-karfreitag-14513

Obgleich die ARD-Themenwoche "Glaube" streckenweise wie eine Werbeaktion für die in Bedrängnis geratenen christlichen Großkirchen wirkt, kommen hin und wieder auch "Nichtgläubige" zu Wort. Hier ein schönes filmisches Kurz-Portrait über Michael Reich (Klarinettist, Humanist und Aktivist der gbs-Regionalgruppe Karlsruhe):
http://www.swr.de/landesschau-bw/ard-themenwoche-woran-glaubst-du-michael-reich-atheist-aus-karlsruhe/-/id=122182/did=19685588/nid=122182/1h5ze7y/index.html

Heute Abend (Montag, 12.6.2017, 23.30 Uhr, ARD) zeigt "das Erste" die Doku "Was glaubt Deutschland? Die Gewalt, der Frieden und die Religionen", an der auch gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon mitgewirkt hat. Der Trailer zur Sendung:
https://www.youtube.com/watch?v=PuBxXClodCA

   
Luther als "polizeilich attestierter Volksverhetzer": gbs-Kunstaktion entblößt(e) die dunklen Seiten des Reformators

Die Verantwortlichen des Evangelischen Kirchentags haben sich von der gbs-Kunstaktion "Die nackte Wahrheit über Martin Luther" nicht gerade begeistert gezeigt. Zunächst wurde der Aktionsgruppe "Das 11. Gebot" der Zugang zum genehmigten Ort der Demonstration verweigert, dann sollte die Großskulptur "Der nackte Luther", die auf die antisemitischen Hasspredigten des Reformators aufmerksam macht, mit Hilfe der Polizei gänzlich von der Straße verschwinden. Begründung: Die Skulptur erfülle wegen der auf der Rückseite aufgeführten Forderungen aus der Feder Martin Luthers (!) den Tatbestand der Volksverhetzung.

Angeblich habe sich die Aktionsgruppe "Das 11. Gebot" um gbs-Regionalgruppensprecher David Farago nicht deutlich genug von den Thesen Luthers distanziert. Doch: Wie könnte man sich noch deutlicher distanzieren als durch die Nacktheit einer satirisch überspitzten Lutherfigur sowie durch die verteilten Flyer und Broschüren, die über die antisemitische Hetze des Reformators aufklären und mehr als deutlich kritisieren, dass dem Antisemiten Luther durch Luther-Dekade und Kirchentag ein staatlich umfangreich finanziertes Denkmal gesetzt wird?! Das LKA in Berlin gelangte dann auch schnell zu der Einschätzung, dass die klare Kritik an den volksverhetzenden Aussagen Luthers selbstverständlich nicht volksverhetzend ist, sondern das glatte Gegenteil. So wurde die Luther-Skulptur bald wieder freigegeben. Dennoch wurden später auch in Leipzig und Wittenberg Versuche unternommen, die Kunstaktion zu stoppen oder wenigstens behindern. Gegenwärtig tritt dasselbe Phänomen in Augsburg auf, wo die örtlichen Behörden alle Hebel in Bewegung setzen, um sicherzustellen, dass der "nackte Luther" zum Augsburger Kirchentag am 24.6. nicht allzu auffällig in Erscheinung tritt. Ob ihnen das gelingen wird? Wir bleiben am Ball…

Links zu dieser Meldung:

  

Die Entstehung der Geschlechterhierarchie: Vortrag von Helke Sander in Oberwesel am 23. Juli

Die Filmemacherin und Autorin Helke Sander hat als Mitbegründerin der ersten "Kinderläden" wesentlich zur Liberalisierung der Gesellschaft in Deutschland beigetragen. Ihre berühmte, von einem Tomatenwurf begleitete Rede auf dem SDS-Kongress 1968, in der sie den männlichen Führungsfiguren der Studentenbewegung vorwarf, nicht genügend zu beachten, dass "das Private politisch" sei, gilt heute als Initialzündung der zweiten Welle der Frauenbewegung. Auch in ihren späteren Filmen, Büchern und Artikeln hat sich Helge Sander immer wieder mit den Themen "Gleichberechtigung" und "Erziehung" auseinandergesetzt, so auch in ihrem aktuellen Buch "Die Entstehung der Geschlechterhierarchie", das die Autorin am 23. Juli 2017 im "Haus Weitblick" (gbs-Stiftungssitz in Oberwesel) vorstellen wird.

Die Veranstaltung mit Helke Sander beginnt am Sonntag, dem 23. Juli 2017, im "Haus WEITBLICK" (Auf Fasel 16, 55430 Oberwesel) um 14.30 Uhr (Einlass: 14.00 Uhr). Da die Anzahl der Sitzplätze begrenzt ist, ist eine vorherige Anmeldung erforderlich (vorzugsweise über dieses Webformular). Eine Rückmeldung erfolgt nur, sofern alle Plätze bereits vergeben sind. Der Eintritt ist frei, Spenden werden jedoch dankend entgegen genommen.

  

Fünf Jahre "Kölner Urteil": Eine Aufforderung zum Handeln

Zum fünften Jahrestag des "Kölner Urteils" haben Dr. iur. Ralf Eschelbach (Richter am Bundesgerichtshof), Prof. Dr. med. Matthias Franz (Universitätsklinikum Düsseldorf) und Prof. Dr. iur. Jörg Scheinfeld (Universitäten Mainz und Wiesbaden) ein gemeinsames Papier vorgelegt, in dem sie die zentralen Argumente der Beschneidungsdebatte zusammenfassen und die Parlamentarier nachdrücklich zum Handeln aufrufen. Ihr Text zeigt auf, dass die Politiker bei der Verabschiedung des Beschneidungsgesetzes von fehlerhaften Informationen ausgingen und dazu verleitet wurden, eine Einsicht zu ignorieren, die in einem modernen Rechtsstaat selbstverständlich sein sollte, nämlich dass der Intimbereich von Jungen ebenso unverfügbar sein muss wie der Intimbereich von Mädchen.

Sie finden den vollständigen, auf Anfrage der Giordano-Bruno-Stiftung verfassten Text von Eschelbach, Franz und Scheinfeld mit dem Titel "Zum Kölner Beschneidungsurteil und zur Schutzpflicht der Parlamentarier" unter diesem Link:
/meldung/eschelbach-franz-scheinfeld-beschneidung

Über den "Worldwide Day Of Genital Autonomy" bzw. die Demo zum fünften Jahrestag des Kölner Urteils berichtete der Humanistische Pressedienst hier:
https://hpd.de/artikel/demonstration-gegen-genitalverstuemmelung-koeln-14400

"Ein Armutszeugnis für die deutsche Politik" – Die Rede von Michael Schmidt-Salomon auf der Demo in Köln:
https://hpd.de/artikel/armutszeugnis-fuer-deutsche-politik-14398

    

Empfehlenswerte Literatur

Bund für Geistesfreiheit München (Hg.) Der Freche Mario. Kunst, Kultur und ewig währende Wahrheiten. Alibri 2017. Darf man über Religion lachen? Natürlich – manchmal kann man es bei aller Willensanstrengung nicht einmal vermeiden! Allerdings kann das Lachen über Religion höchst gefährlich sein, wie wir spätestens seit dem Karikaturenstreit 2006 wissen. Damals hatte Wolf Steinberger vom bfg München die Idee, durch die Stiftung eine Preises für religionssatirische Kunst ("Der Freche Mario") ein klares Zeichen für Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit zu setzen. Seither haben mehrere Preisverleihungen stattgefunden (die letzte auf der Heidenspaß-Party 2017, siehe oben). Der im Alibri Verlag erschienene Bildband zeigt über 50 ausgewählte Werke aus den Wettbewerben 2008 bis 2016.
http://www.denkladen.de/product_info.php?products_id=2520

Helke Sander: Die Entstehung der Geschlechterhierarchie. Verlag Z & G 2017. Für Helke Sander, Feministin der ersten Stunde (siehe oben), ist der Feminismus durch akademische Debatten um "Gender" und Versuche der radikalen "Dekonstruktion" der Geschlechter in eine Sackgasse geraten.  Statt biologische Faktoren zu ignorieren, erzählt sie in ihrem Buch die Geschichte der Menschwerdung als eine Geschichte von Männern und Frauen, "deren Biologie sie im Lauf vieler Jahrhunderttausende zur Ausbildung unterschiedlicher Fähigkeiten veranlasste". Dabei existierte anfangs keine Geschlechterhierarchie, sie entstand vielmehr allmählich als unbeabsichtigte Nebenwirkung von Fellverlust und weiblicher Gebärfähigkeit. Sanders Buch macht klar, dass es selbstverständlich keine guten Gründe dafür gibt, hierarchische Geschlechterverhältnisse aufrechtzuerhalten, dass es aber sehr wohl (auch aus feministischer Perspektive) gute Gründe dafür gibt, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu beachten.
Rezension auf literaturkritik.de:
http://literaturkritik.de/die-neolithische-falle-helke-sander-erklaert-die-entstehung-der-geschlechterhierarchie,23302.html

Ursula Neumann: Der Kirchenrechtsprofessor nimmt Vernunft an, wird mit mir glücklich und stirbt. BoD 2017. An der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen lehrten vor einigen Jahrzehnten vier bekannte Theologieprofessoren, die unterschiedlicher kaum hätten sein können und später auch höchst unterschiedliche "Karrieren" einschlugen: Joseph Ratzinger wurde Papst, Walter Kaspar Kardinal, Hans Küng innerkirchlicher Ketzer – und Johannes Neumann wechselte ins "feindliche Lager": Der ehemalige Fakultätsrektor verließ die Kirche, heiratete und wurde Beirat des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) sowie (später) der Giordano-Bruno-Stiftung. Vor allem von jener dramatischen Zeit, in der Johannes Neumann nicht nur mit dem Beruf des Theologen, sondern auch mit dem priesterlichen Zölibat haderte, handelt das Buch, das seine Witwe, die Psychoanalytikerin Ursula Neumann, nun veröffentlicht hat. Doch, Achtung: Es handelt sich hierbei keineswegs um eine Hagiografie, also um eine salbungsvolle, erbauliche Lebensgeschichte, sondern um ein schonungslos ehrliches Buch, das so wohl nur aus der Feder einer erfahrenen Therapeutin stammen kann. Die radikale Offenheit, in der Ursula Neumann über die Anfänge der Beziehung zu ihrem 2014 verstorbenen Mann, über Seitensprünge und Eifersucht, über Intrigen und Verrat  schreibt, mag zartbesaitete oder an Individualpsychologie uninteressierte Leser vielleicht verstören, bietet aber einen tiefen (wenn auch subjektiv gefärbten) Einblick in die Psyche der beiden Hauptpersonen sowie in das geistige (und amouröse) Klima, das in den 1970er Jahren an der damals wohl interessantesten Theologischen Fakultät  des Landes herrschte.
https://www.bod.de/buchshop/der-kirchenrechtsprofessor-nimmt-vernunft-an-wird-mit-mir-gluecklich-und-stirbt-ursula-neumann-9783743158436

  

Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen finden Sie, wie immer, im gbs-Terminkalender:
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