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Newsletter vom 10.05.2024

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Das Bertha von Suttner-Studienwerk (Collage unter Verwendung eines Fotos von Josh Hild / pexels.com)


Jetzt für das Suttner-Stipendium bewerben!

Die vierte Ausschreibungsrunde des Bertha von Suttner-Studienwerks hat begonnen

Ab sofort können sich Studierende und Promovierende wieder für das Bertha von Suttner-Stipendium bewerben. Bis zum 31. Juli 2024 besteht die Möglichkeit, die erforderlichen Unterlagen über die Website des humanistischen Förderwerks einzureichen. Wer den Auswahlprozess erfolgreich absolviert, wird vom Bertha von Suttner-Studienwerk zwei Jahre ideell und finanziell gefördert.

Zugelassen sind Studierende aller Fachbereiche, Studienanfänger*innen wie Promovierende. Wer bei den letzten Ausschreibungsrunden nicht zum Zuge kam, kann sich gerne ein weiteres Mal um ein Stipendium bewerben. Da das Bertha von Suttner-Studienwerk im Unterschied zu den religiös ausgerichteten Förderwerken bislang noch keine staatliche Finanzierung erhält, können Promovierende und Studierende derzeit nur mit einem Förderbetrag von 300 Euro im Monat unterstützt werden. Die Regelförderzeit beträgt zwei Jahre, die Mindestförderzeit 12 Monate.

Die Bewerbung für das Suttner-Stipendium ist unkompliziert und wird auf dieser Ausschreibungsseite erläutert. Ab dem 1. August wird die Auswahlkommission des Studienwerks die eingegangenen Bewerbungen sichten. Wer diese erste Runde des Auswahlverfahrens gemeistert hat, erhält die Einladung zu einem Online-Gespräch. Bis Ende September stehen die zehn »Suttner-Stipendiaten 2024« fest, so dass die Fördergelder pünktlich zu Beginn des Wintersemesters 2024/25 fließen können.

Aktuell unterstützt das Bertha von Suttner-Studienwerk 31 Stipendiatinnen und Stipendiaten. Sie stammen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, von der Mathematik, Informatik, Biologie und Medizin über die Wirtschafts-, Politik- und Medienwissenschaften bis zur Psychologie, Designtheorie und Philosophie. Einige Stipendiat*innen fangen gerade erst mit ihrem Studium an, andere arbeiten bereits an ihrer Promotion. Die meisten von ihnen sind an deutschen Universitäten eingeschrieben, andere erweitern ihre Kenntnisse gerade in Cambridge oder am MIT. Die Interessen der Stipendiatinnen und Stipendiaten sind breit gefächert, gemeinsam ist ihnen jedoch die klare Orientierung an humanistischen Werten sowie an einer rationalen Sicht der Welt.


»Ein wichtiger Schritt hin zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs«

ifw begrüßt die Empfehlungen der »Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin«

Der Mitte April veröffentlichte Bericht der »Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin« ist beim Direktorium des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) auf »weitgehende Zustimmung« gestoßen. »Auch wenn wir einige Aspekte kritisch sehen, ist nicht zu bezweifeln, dass dies ein wichtiger Schritt hin zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ist«, erklärte die stellvertretende ifw-Direktorin Jessica Hamed.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfiehlt in ihrem ausführlichen Abschlussbericht den selbstbestimmten Abbruch in der Frühphase der Schwangerschaft zu erlauben: »Der Frau steht in dieser Schwangerschaftsphase ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch zu. Der Schwangerschaftsabbruch ist daher in der Frühphase der Schwangerschaft – anders als bislang – rechtmäßig zu stellen.«

Kritisch betrachtet das ifw, dass die Kommission den Schwangerschaftsbruch nur innerhalb einer »Fristenlösung« von 12 Wochen als »rechtmäßig« ausweist, dem Gesetzgeber bei später erfolgenden Abtreibungen jedoch einen großen »Spielraum« für andere, restriktivere Regeln einräumt. Auch wenn die Empfehlungen der Kommission in diesem Punkt hinter den Ausführungen, die das ifw bei der Kommission in Berlin vorgestellt hat (hier und hier), zurückbleiben, »sollten sie unbedingt umgesetzt werden«, so Jessica Hamed, »weil sie die Versorgungslage der ungewollt Schwangeren in Deutschland in einem kaum zu überschätzenden Maße verbessern würden«.

Besonders erfreulich sei, ergänzt ifw-Direktor Jörg Scheinfeld, »dass die Kommission den vom ifw hervorgehobenen Vorrang des Rechts gegenüber weltanschaulich-religiösen Vorbehalten betont hat«. Dazu heißt es in dem Bericht der Kommission: »Unterschiedliche Wertvorstellungen ergeben sich in einer freien Gesellschaft aus einer Vielzahl divergierender und teils widerstreitender weltanschaulicher und religiöser Überzeugungen. […] Eine rechtlich verbindliche Regelung aber findet ihren Maßstab allein in der deutschen Verfassung, die mit der europa- und völkerrechtlichen Rechtsordnung verschränkt ist. Dieser verfassungsrechtliche Rahmen eröffnet dem Gesetzgeber bei gleichzeitiger Verpflichtung zu religiös-weltanschaulicher Neutralität stellenweise Spielräume, innerhalb derer über die spezifische Ausgestaltung der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im demokratischen Prozess entschieden werden kann.« (Bericht der »Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin«, S.15)

Das ifw hat die Entkriminalisierung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs schon vor Jahren gefordert und dabei unter anderem den Fall der Gießener Ärztin Kristina Hänel begleitet, der zur Streichung des »Ärzteeinschüchterungsparagrafen« 219a StGB sowie zur neuen Diskussion über den Abtreibungsparagrafen 218 StGB geführt hat. »Ohne Kristina Hänel, ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen gäbe es die aktuelle, so wichtige Debatte zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs nicht«, betont Jessica Hamed und verweist auf den vor wenigen Wochen veröffentlichten neuen Sammelband des ifw »Der Fall Kristina Hänel«. »Es bleibt nun zu hoffen«, so Michael Schmidt-Salomon, ifw-Direktoriumsmitglied und Vorsitzender der Giordano-Bruno-Stiftung, »dass die umfangreichen Arbeiten der Kommission nicht vergebens waren und die Koalition das kleine historische Zeitfenster nutzt, um einem der wichtigsten Anliegen der Frauenbewegung zu Erfolg zu verhelfen«.


Der Großmeister der Zahlen

Nachruf auf Gerhard Rampp

Gerhard Rampp ist tot. Der langjährige Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg, Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) und Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung starb am vergangenen Samstag im Alter von 73 Jahren. Wir alle haben ihn außerordentlich geschätzt – nicht nur als brillanten Denker und gewitzten Strategen, als phänomenalen Zahlenakrobaten und Gedächtniskünstler, sondern auch als der wunderbar schräge Vogel, der er war und als der er uns für immer in Erinnerung bleiben wird.

Lesen Sie hier den (sehr persönlich gehaltenen) Nachruf auf Gerhard Rampp, verfasst von seinem Freund und Stiftungskollegen Michael Schmidt-Salomon...


»Was heißt hier Freiheit?«

Premiere des Philosophie-Festivals »Philo.live!« in Berlin

Am 29. Juni 2024 findet in Berlin die Premiere des neuen Philosophie-Festivals »Philo.live!« statt. Das einzige Festival dieser Art in der Bundeshauptstadt ist ein Gemeinschaftsprojekt des »Philosophie Magazins« und des Philosophie-Festivals »phil.COLOGNE», unterstützt u.a. von der Giordano-Bruno-Stiftung. Die eintägige Premiere widmet sich der Frage »Was heißt hier Freiheit?« Der Kartenvorverkauf für die hochkarätig besetzte Veranstaltung hat bereits begonnen.

Der Begriff »Freiheit« ist umkämpft und erfährt angesichts globaler Umbrüche eine Neujustierung. Die moderierten Bühnendialoge von »Philo.live« spüren diesen Verschiebungen nach und verhandeln, was Freiheit bedeuten sollte. Ist die individuelle Freiheit der Kern menschlicher Autonomie oder egozentrische Ideologie? Zwingt der Klimawandel die Menschen dazu, Freiheit zeitlich zu denken? Was wird aus der Freiheit durch die geopolitischen Herausforderungen? Auf den Bühnen diskutieren Eva von Redecker, Peter Sloterdijk, Donatella Di Cesare, Herfried Münkler, Christoph Möllers, Wolfram Eilenberger, Thea Dorn, Florence Gaub, Heribert Prantl und viele weitere.

Festivalspielort ist das Kulturquartier »silent green« im Herzen Berlins, das wenige Minuten vom Hauptbahnhof entfernt liegt. Das Festivalprogramm von 12 bis 22 Uhr besteht aus acht Einzelveranstaltungen á 90 Minuten in zwei Sälen. Die Veranstaltungen beginnen zeitversetzt und überschneiden sich teilweise. Die Besucherinnen und Besucher können für eine oder mehrere Veranstaltungen separate Eintrittskarten erwerben. Die Tickets je Veranstaltung kosten 20 Euro (ermäßigt 15 Euro) zzgl. Gebühren. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung gibt es auf der Website von »Philo.live!«.


Kurz notiert

Lebenserinnerungen von Hermann Josef Schmidt: Am vergangenen Wochenende konnte der Philosoph und Nietzsche-Spezialist Hermann Josef Schmidt seinen 85. Geburtstag feiern. Mit der Giordano-Bruno-Stiftung ist er seit ihrer Gründung 2004 als Kurator oder Beirat verbunden. In den achteinhalb Jahrzehnten seiner Existenz hat er viel erlebt und ebenso viel darüber nachgedacht. Entsprechend voluminös ist seine Autobiografie ausgefallen: Auf über 800 Seiten beschreibt Schmidt detailreich und mit psychologischem Blick die verschiedenen Stationen seines Lebens, von der Kindheit in der NS-Diktatur und in der Nachkriegszeit, den prägenden Erfahrungen in einer christlichen Klosterschule, der Studienzeit in den 1960er Jahren in Freiburg, wo er als Vorsitzender der Humanistischen-Studenten-Union (HSU) Veranstaltungen mit namhaften Intellektuellen (u.a. Fritz Bauer, Alexander Mitscherlich und Ernst Topitsch) organisierte, bis hin zu seiner Zeit als Philosophiedozent (ab 1983 Philosophieprofessor) in Dortmund sowie den 20 Jahren seit seiner Emeritierung, in denen er sich u.a. in der Giordano-Bruno-Stiftung engagierte. Es ist der Lebensweg eines Unangepassten, der sich das Selberdenken nie verbieten ließ, auch wenn er dadurch in eine Außenseiterrolle gedrängt wurde. Dies erklärt auch den merkwürdigen Titel der Autobiografie »Dann bin ich ja genauso tot wie Sie!«. So nämlich äußerte sich ein Philosophiekollege, der Schmidts Streitschrift »Wider weitere Entnietzschung Nietzsches« privat gelobt hatte, aber aus Furcht vor Rufbeschädigung davon absah, eine Rezension des Werkes zu veröffentlichen. Solche Duckmäuserei war Hermann Josef Schmidt schon immer fremd: Mit seinen Ansichten anzuecken und im Diskurs »mundtot« gemacht zu werden, hat ihn nie davon abgehalten, »streitbare Positionen« zu formulieren (auch in seiner Autobiografie finden sich einige Passagen, über die man trefflich streiten könnte!). Und so will er mit seinen Lebenserinnerungen vor allem einer »weit verbreiteten Angst« entgegentreten, nämlich der Angst, von anderen aufgrund abweichender Meinungen »exkommuniziert, ausgestoßen oder gesellschaftlich vernichtet« zu werden. Denn »als Totgesagter«, so Schmidts Fazit, »lebt es sich gut und arbeitet sich glänzend. Also sprach zwar nicht Nietzsches Zarathustra, aber immerhin ein Experte langjährigen Todseins.«
Die Autobiografie von Hermann Josef Schmidt ist im Alibri Verlag erschienen, siehe hierzu auch das jüngst veröffentlichte Interview mit dem Autor auf dem Portal des Humanistischen Pressedienstes (hpd).

Eine brillante Einführung in die medizinische Ethik von Hartmut Kreß: Der Wissenschaftsstatus der Theologie ist in säkularen Kreisen höchst umstritten, unbestritten ist jedoch, dass die Theologischen Fakultäten einige hochrangige Gelehrte hervorgebracht haben. Ein glänzendes Beispiel dafür ist Prof. Dr. Hartmut Kreß, der ein Vierteljahrhundert »Systematische Theologie« (mit Schwerpunkt Ethik) in Kiel und Bonn lehrte. Im säkularen Spektrum wird Kreß schon seit Jahren für seine kritisch-rationalen, evidenzbasierten und humanistisch-progressiven Arbeiten u.a. zur Sterbehilfe, zum Schwangerschaftsabbruch, zur Überwindung des kirchlichen Arbeitsrechts oder zur Einführung eines allgmeinverbindlichen Ethikunterrichts (anstelle des konfessionellen Religionsunterrichts) geschätzt. Nun hat Hartmut Kreß, der seit April 2024 dem wissenschaftlichen Beirat des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) angehört, eine vollständig überarbeitete Neuauflage seines Werks »Medizinische Ethik« vorgelegt, die Maßstäbe setzt. Denn ein so klar geschriebenes und vom Anfang bis zum Ende logisch konsistent argumentierendes Buch findet man nur selten! Die große Stärke des Autors: Er behandelt die »heißen Eisen« der Medizinethik (u.a. Reproduktionsmedizin, Embryonenforschung, Schwangerschaftsabbruch, Transplantationsmedizin und Sterbehilfe) stets mit »kühlem Kopf«, wodurch sich seine Darstellung markant von dem Hypermoralismus unserer Tage unterscheidet, der so vielen den Blick auf die Wirklichkeit versperrt. Ein Muss für jeden, der sich für die ethischen wie rechtspolitischen Fragen der modernen Medizin interessiert!
Infos zum Buch gibt es auf der Verlags-Website sowie auf der persönlichen Homepage von Hartmut Kreß.

Michael Schmidt-Salomon bei »Jung & Naiv: gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon ist am kommenden Dienstag (14. Mai, Beginn: 16:00 Uhr) zu Gast bei dem Online-Talkformat »Jung & Naiv«, das vor wenigen Wochen mit einem langen (6,5 Stunden!) kritischen Gespräch mit dem AfD-Politiker Maximilian Krah bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat. In dem Live-Talk wird es sicherlich nicht nur um Schmidt-Salomons neues Buch »Die Evolution des Denkens« gehen, sondern auch um die Arbeit der Giordano-Bruno-Stiftung. Zwei Tage nach »Jung & Naiv« (am Donnerstag, 16. Mai, 20.00 Uhr) wird der Philosoph auf Einladung der gbs Rhein-Neckar im Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) in Heidelberg sprechen. Im Rahmen der Cradle to Cradle Akademie wird er dann am Vormittag des 25. Mai das diesjährige gbs-Schwerpunktthema »Die Menschheit im Anthropozän« in der Rheingoldhalle Mainz vorstellen. Am gleichen Wochenende findet am gbs-Sitz in Oberwesel das Sommertreffen der Suttner-Stipendiat*innen statt, das in diesem Jahr mit Vorträgen von Eckart Voland, Susanne Schröter und Thomas Metzinger  besonders prominent besetzt ist.


Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.

    
Mit freundlichen Grüßen

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