Newsletter vom 31.1.2025

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Foto vom Gründungstreffen des AK Polis am Sitz der Giordano-Bruno-Stiftung, im Vordergrund Lale Akgün und Ali Ertan Toprak
- »Die Deutsche Islamkonferenz sollte aufgelöst werden!«: Prominent besetzter Arbeitskreis fordert neue Islam-, Integrations- und Migrationspolitik
- »Sterben ohne Gott«: Der Dokumentarfilm von Moritz Terwesten kommt im März 2025 in die Kinos
- »So geht morgen!«: 9. Internationaler »Cradle to Cradle-Congress« vom 13. bis 14. März an der TU Berlin
- Piraten kapern Düsseldorfer Kirchentag – und geben ihn wieder zurück: Alternativer Kirchentagsverein will sich der evangelischen Kirche nicht aufdrängen
- Die Grenzen des Wissens: Das Copernicus-Symposium 2025 findet vom 4. bis 6. April in Nürnberg statt
- In eigener Sache: Bertha von Suttner-Studienwerk schreibt Stelle für studentische Hilfskraft aus
- Die nächsten Termine
»Die Deutsche Islamkonferenz sollte aufgelöst werden!«
Prominent besetzter Arbeitskreis fordert neue Islam-, Integrations- und Migrationspolitik
»Die deutsche Islampolitik ist weitgehend gescheitert, denn sie hat Integration behindert und Extremisten gestärkt«, sagen Lale Akgün (SPD) und Ali Ertan Toprak (CDU). Mit dem prominent besetzten »Arbeitskreis Politischer Islam« (AK Polis), der heute erstmals an die Öffentlichkeit gegangen ist, fordern sie unter anderem die Auflösung der »Deutschen Islamkonferenz«.
Die »Deutsche Islamkonferenz« (DIK) wurde 2006 vom damaligen deutschen Innenminister Wolfgang Schäuble ins Leben gerufen, um einen nachhaltigen Dialog zwischen dem Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen zu ermöglichen. Schäubles Amtsnachfolger Thomas de Maizière (CDU), Hans-Peter Friedrich (CSU), Horst Seehofer (CSU) und Nancy Faeser (SPD) setzten die DIK fort, die sich aktuell in ihrer fünften Phase befindet.
Eine sechste Phase der DIK sollte es nach Auffassung des AK Polis nicht mehr geben. Einige Mitglieder des Arbeitskreises wie Hamed Abdel-Samad, Seyran Ateş, Ralph Ghadban, Necla Kelek, Ahmad Mansour, Sineb El Masrar und Ali Ertan Toprak sprechen dabei aus eigener Erfahrung, da sie selbst an der Deutschen Islamkonferenz beteiligt waren. »Nach fast 20 Jahren sollten sich die politisch Verantwortlichen eingestehen, dass das Experiment der Deutschen Islamkonferenz gescheitert ist!«, heißt es dazu aus dem »Arbeitskreis Politischer Islam«, der heute mit seiner Website ak-polis.de online gegangen ist. »Durch ihren Fokus auf konservative bis reaktionäre Islamverbände hat die DIK die Integrationspolitik sogar sabotiert, da sie ausländischen Regierungen und Bewegungen wie den Muslimbrüdern noch größeren Einfluss verschaffte. Deshalb sollte die Deutsche Islamkonferenz nach der kommenden Bundestagswahl aufgelöst und die frei werdenden Haushaltsmittel in die reguläre Integrationspolitik überführt werden! Denn Integration wird nicht durch staatliche Islamförderung erreicht, sondern durch eine effektive Vermittlung von Sprache, Bildung und Arbeit.«
Islamismus und Rechtsextremismus verstärken sich gegenseitig
Neben der Auflösung der DIK fordert der AK Polis die Einsetzung eines »Expertenkreises Politischer Islam« bei der Bundesregierung. Ein ähnliches Gremium wurde 2022 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit der Begründung aufgelöst, dass es dafür keinen Bedarf gebe. Demgegenüber stellt der AK Polis fest: »Der Politische Islam ist zu einer Bedrohung für die Freiheit und Sicherheit in Deutschland geworden. Das Problem durchdringt weite Teile des gesellschaftlichen Lebens und zeigt sich unter anderem im islamistischen Mobbing in Schulen, in Gewalt gegenüber Frauen und Homosexuellen, in der Einschüchterung von Islamismuskritikern und Ex-Muslimen, in der Verbreitung islamistischer Propaganda im digitalen Raum, der politischen Einflussnahme von Islamisten über Parteien, Verbände und Moscheen, in Kalifats-Demos, Antisemitismus und Terroranschlägen. Die Bagatellisierung dieser Bedrohung durch die politisch Verantwortlichen muss ein Ende haben, denn sie hat nicht nur zum Erstarken des Islamismus, sondern auch des Rechtsextremismus in Deutschland beigetragen.«
Die Entscheidung des Arbeitskreises, nun an die Öffentlichkeit zu gehen, hängt auch damit zusammen, »dass rechtspopulistische bis rechtsextreme Kräfte das Problem des Politischen Islam zunehmend instrumentalisieren, um muslimen- und fremdenfeindliche Positionen gesellschaftsfähig zu machen«, sagt der Vorsitzende der Giordano-Bruno-Stiftung Michael Schmidt-Salomon, der ebenfalls Mitglied des AK Polis ist. »Islamismus und Rechtsextremismus schaukeln sich gegenseitig hoch. Jeder islamistische Anschlag treibt die Zustimmung für die AfD in die Höhe, jede weitere Zustimmung für die AfD sichert den Islamisten neue Unterstützer. Es ist höchste Zeit, aus dieser Eskalationsspirale auszubrechen. Dies wird allerdings nur gelingen, wenn die etablierten demokratischen Parteien die erforderlichen politischen Maßnahmen ergreifen, um dieses Land sowohl vor religiösen als auch vor nationalistischen Extremisten zu schützen.«
Parteiübergreifendes und weltanschaulich plurales Netzwerk
In der Grundsatzresolution, die der AK Polis bei seiner Gründungsversammlung im vergangenen November erarbeitet hat, finden sich viele konkrete Vorschläge, mit denen sich die Gefahren des Politischen Islam eindämmen und die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie die Religions- und Weltanschauungsfreiheit stärken ließen. Die notwendige Expertise wird man dem AK Polis kaum absprechen können, denn in ihm engagieren sich Expertinnen und Experten, die die kritische Debatte über die deutsche Islam-, Integrations- und Migrationspolitik in den letzten Jahren maßgeblich geprägt haben. Dabei findet man unter den Mitgliedern des AKs sowohl gläubige Muslimin*innen wie Seyran Ateş (Imamin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee Berlin) wie auch dezidierte Nicht-Muslim*innen wie Mina Ahadi (Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime).
»Wir sind ein parteiübergreifendes und weltanschaulich plurales Netzwerk», erklären Lale Akgün und Ali Ertan Toprak. »Natürlich sind wir uns nicht in jedem Punkt einig, aber uns allen ist klar geworden, dass wir nur gemeinsam eine zukunftsfähige Islam-, Integrations- und Migrationspolitik auf den Weg bringen können. Mit der Gründung des AK Polis haben wir ein erstes Etappenziel erreicht. Bei der Entwicklung der überfälligen Reformen werden wir der künftigen Bundesregierung gerne beratend zur Seite stehen.«
Weitere Infos zum Thema finden Sie auf der heute freigeschalteten Website ak-polis.de.
»Sterben ohne Gott«
Der Dokumentarfilm von Moritz Terwesten kommt im März 2025 in die Kinos
Wie gehen wir mit dem Tod um, der uns alle irgendwann einholt? Wie reagiert der moderne Mensch, dem Gott längst als veraltetes Konzept erscheint, auf die unaufhaltsame Realität des eigenen Todes und den Verlust seiner Liebsten? Diesen Fragen geht der studierte Philosoph Moritz Terwesten in seinem ersten Dokumentarfilm nach, der – mit Unterstützung der Giordano-Bruno-Stiftung – im März 2025 bundesweit in die Kinos kommt.
Eine tragende Rolle im Film spielt der humanistische Philosoph (und gbs-Beirat) Franz Josef Wetz, dessen Buch »Tot ohne Gott. Eine neue Kultur des Abschieds« eine wichtige Inspirationsquelle für den Filmemacher war. In der für ihn typischen Gelassenheit bringt Wetz dabei die Ungeheuerlichkeiten auf den Punkt, die wohl die meisten Menschen nicht wirklich wahrhaben wollen: »Gehen wir auf die Friedhöfe, dort lesen wir auf den Grabsteinen: ›Hier ruht in Frieden…‹ Aber dort ruht niemand – und schon gar nicht in Frieden! ›Dort fault in Erde‹, bestenfalls…«
Weitere Infos zum Film (inkl. Trailer) gibt es auf der gbs-Website.
»So geht morgen!«
9. Internationaler »Cradle to Cradle-Congress« vom 13. bis 14. März an der TU Berlin
Ist der Mensch ein notorischer Schädling, oder kann er auch ein Nützling für die Umwelt sein? Er kann, wie das Design-Konzept »C2C« zeigt, das im Mittelpunkt des 9. Internationalen »Cradle to Cradle-Congress« steht. Die weltweit größte Plattform für geschlossene Kreislaufwirtschaft stellt die neuesten Lösungen für einen intelligenten Stoffwechsel mit der Natur vor und lädt zur Diskussion über die Herausforderungen der Zukunft ein.
Der Ansatz »Cradle to Cradle« (»Von der Wiege zur Wiege«, kurz: C2C), der von dem Chemiker Michael Braungart (gbs-Beirat) und dem US-amerikanischen Architekten William McDonough entwickelt wurde, setzt auf geschlossene Kreislaufwirtschaft – komplett ohne Müll! Alle Produkte müssen abbaubar oder wiederwendbar sein. Auf diese Weise kann der Mensch einen »positiven ökologischen Fußabdruck« hinterlassen und vom »Umweltschädling« zum »Umweltnützling« werden. Die Giordano-Bruno-Stiftung unterstützt die Arbeit der »Cradle to Cradle NGO« bereits seit vielen Jahren, da das C2C-Designkonzept Ökologie und Humanismus in vorbildlicher Weise miteinander verbindet.
Der »Cradle to Cradle-Congress« findet vom 13. bis 14. März 2025 in der TU Berlin (Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Hauptgebäude H) statt und wird am Donnerstag um 13:00 Uhr von Nora Sophie Griefahn und Tim Jansen (geschäftsführende Vorstände der C2C NGO) eröffnet. Weitere Informationen (Programm, Anmeldung) findet man auf der Website zum Kongress.
Piraten kapern Düsseldorfer Kirchentag – und geben ihn wieder zurück
Alternativer Kirchentagsverein will sich der evangelischen Kirche nicht aufdrängen
»Wir sind freundliche Piraten: Wer von uns nicht gekapert werden möchte, dem drängen wir uns nicht auf!« Mit diesen Worten erklärte Mario Ickert, Vorsitzender der »Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland« sowie Vorstandsmitglied des »40. Deutscher Evangelischer Kirchentag Düsseldorf 2027 e.V.«, warum der alternative Kirchentagsverein den Forderungen der evangelischen Kirche nachkommt. »Wir haben nach Abwägung aller Optionen beschlossen, der Löschung unseres Vereins nicht zu widersprechen. Mit unserem guten Namen kann die Kirche nun Subventionen in Höhe von 13 Millionen Euro abrufen.«
Am Tag zuvor hatte der alternative Kirchentagsverein sein ungewöhnliches Programm für den 2027 in Düsseldorf geplanten evangelischen Kirchentag vorgestellt. Dabei sollte unter dem biblischen Motto »Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache« (1. Moses 11,1) ein Reigen von Veranstaltungen stattfinden, »der die Mehrheit der Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger tatsächlich interessieren könnte – und nicht bloß die 13 Prozent Protestanten, die in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt leben.« Die Pressekonferenz des »40. Deutscher Evangelischer Kirchentag Düsseldorf 2027 e.V.« mit den Vorständen David Farago (»11. Gebot«) und Mario Ickert (»Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland«), den Aufsichtsräten Ingrid Matthäus-Maier, Michael Schmidt-Salomon und Manes Meckenstock sowie der Moderatorin (und Vereinsmitbegründerin) Ricarda Hinz sorgte an Rhein und Ruhr für einigen Presserummel. Der »schlaue Trick der Spaghettimonster« landete am 10. Januar sogar als großer Aufmacher auf der Titelseite des »Düsseldorfer Express«.
Natürlich war die Evangelische Kirche über die Vorstellung, der Kirchentag in Düsseldorf könne mit einer pastafarischen Nudelmesse eröffnet werden, nicht gerade amüsiert. Folglich forderten die Verantwortlichen die Löschung des gekaperten Kirchentagsvereins beim Amtsgericht Fulda. Als Begründung gaben sie an, der neue Verein wolle den Kirchentag gar nicht durchführen, sondern bloß sabotieren. Doch das ist nicht wahr, wie Ricarda Hinz erklärte: »Wir wollten den alternativen Kirchentag tatsächlich durchführen, gingen aber von Anfang an davon aus, dass ein solch weltoffenes Konzept bei den Verantwortlichen des Evangelischen Kirchentags nicht gerade auf Begeisterung stoßen würde. Unser subversiver Streich, einen eigenen Kirchentagsverein zu gründen, hat sich dennoch gelohnt! Schließlich wollten wir damit nicht zuletzt auch aufzeigen, wie eng das Verhältnis von Staat und Kirche noch immer ist. Unsere Vermutung war, dass kirchennah erscheinende Vereinigungen von staatlichen Behörden kaum überprüft werden. Und tatsächlich: Während religionskritische Vereine oft Monate darauf warten müssen, ins Vereinsregister eingetragen zu werden, wurde unser Kirchentagsverein in Rekordgeschwindigkeit eingetragen! Die Probe aufs Exempel ist also geglückt!«
Lesen Sie auf der gbs-Website (hier und hier) die originalen Pressemitteilungen der »Kirchentagspiraten«. Peter Kurz hat auf hpd.de die Geschichte dieses subversiven Streichs in einem lesenswerten Artikel aufgearbeitet.
Die Grenzen des Wissens
Das Copernicus-Symposium 2025 findet vom 4. bis 6. April in Nürnberg statt
Die Entschlüsselung des Genoms in der Biologie, das Bewusstsein und die Willensfreiheit in den Neurowissenschaften, Dunkle Materie und Schwarze Löcher in der Astrophysik – eine Erkenntnis jagt die nächste. Aber wissen wir eigentlich, wie verlässlich die Erkenntnisse sind, die uns die Wissenschaft jetzt zum heutigen Tag anbietet? Darum geht es auf dem Copernicus-Symposium, das von ZIWIS, Kortizes und dem Nikolaus-Copernicus-Planetarium in Kooperation mit der gbs ausgerichtet wird.
Was verstehen wir unter »Wissen«? Mit welchen Methoden können wir Erkenntnisse erlangen? Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Welche Einsichten setzen sich durch und warum? Wie zuverlässig sind die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen? Auf dem unter der Leitung von Katharina Leiter, Dr. Rainer Rosenzweig und Dr. Sebastian Schuol gestalteten Symposium werden sich namhafte Expertinnen und Experten mit diesen Fragen beschäftigen und den aktuellen Wissensstand in allgemeinverständlicher Weise erläutern.
Das Copernicus-Symposium findet vom 4. bis 6. April 2025 im Nicolaus-Copernicus-Planetarium (Am Plärrer 41, 90429 Nürnberg) statt. Für weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung siehe die Kortizes-Website.
In eigener Sache: Bertha von Suttner-Studienwerk schreibt Stelle für studentische Hilfskraft aus
Das Bertha von Suttner-Studienwerk (BvS), gegründet 2021 vom Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), der Humanistischen Akademie Deutschland (HAD) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender (BAG), sucht Unterstützung!
Ab sofort ist eine Stelle als studentische Hilfskraft (SHK) im Bereich Koordination und Organisation zu besetzen. Diese spannende Position umfasst unter anderem die Unterstützung bei der Umsetzung des ideellen Förderangebots, die Organisation von Veranstaltungen, die Betreuung der Stipendiat*innen und Alumni sowie verschiedene administrative Aufgaben.
Es handelt sich um eine Stelle mit 20 Wochenstunden. Werde Teil unseres Teams und gestalte aktiv den Aufbau des Bertha von Suttner-Studienwerks mit! Weitere Infos zu den Aufgaben und Anforderungen findet man in der Stellenausschreibung des BvS.
Die nächsten Termine
Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.
Mit freundlichen Grüßen
Das gbs-Newsletter-Team