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Das »Kreuz der Vielfalt«

»Religionsfreie Zone« protestiert auf dem Münchner Marienplatz gegen Söders Kreuzerlass

Zum siebten Jahrestag von Söders Kreuzerlass am 1. Juni bekommt Bayern eine »Religionsfreie Zone« im Herzen seiner Landeshauptstadt: Auf dem Münchner Marienplatz führen die Giordano-Bruno-Stiftung und der Bund für Geistesfreiheit München von 11 Uhr bis 18 Uhr ein »Straßenspektakel« mit der Kunstaktion »Kreuz der Vielfalt« und einem unterhaltsamen Bühnenprogramm mit Musik und Redebeiträgen durch. Die Botschaft ist klar: Für ein weltoffenes, säkulares und weltanschaulich neutrales Bayern und gegen einseitige religiöse Bevorzugung im öffentlichen Raum.

Wie schon bei früheren Aktionen der »Religionsfreien Zone« verbindet sich auch auf dem Marienplatz Kunst mit politischem Anspruch. »Der Kreuzerlass sorgt weiterhin für Spaltung, Unruhe und Gegeneinander, Kardinal Marx hat das treffend beschrieben«, sagt gbs-Aktionsleiter David Farago. »In unserem Programm am Sonntag präsentieren wir das ›Kreuz der Vielfalt‹ – begleitet von Redebeiträgen, Musik und Performances. Mit von der Partie sind unter anderem Christoph Weiherer, Mellow Mark und Christoph Theussl. Der Widerstand gegen den Kreuzerlass ist lebendig und vielfältig. Und mit jedem weiteren Jahr, das vergeht, wächst nicht nur der Protest, sondern auch die Zahl derer, die sich für ein Bayern einsetzen, das wirklich ›näher am Menschen‹ (CSU-Motto) ist – unabhängig von Religion oder Weltanschauung.«

Mit der Kunstaktion »Kreuz der Vielfalt« beruft sich Farago auf Artikel 28 der Bayerischen Allgemeinen Geschäftsordnung (AGO), der zwar die Kreuzpflicht formuliert, jedoch nicht die Form regelt. Das X-Kreuz versteht er als historisch-rezeptive, soziokulturelle Aktionskunst mit religionspädagogischer Dimension.

Kritik an Söders »Kardinal-Wetter-Kreuz«

Im Mittelpunkt der Kritik steht das Kreuz, das Ministerpräsident Markus Söder 2018 als medienwirksame Aktion zum Start seines Kreuzerlasses persönlich in der Staatskanzlei anbrachte – ein katholisch geweihtes und evangelisch gesegnetes Geschenk von Kardinal Friedrich Wetter. Dass Wetter zu den zentralen Vertuschern des jahrzehntelangen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche zählt, scheint Söder bis heute nicht zu irritieren. Auf Presseanfragen reagierte die Staatskanzlei mit Schweigen, Bitten um Austausch des Kreuzes – etwa durch die Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel – wurden ignoriert.

Triebel, Sprecherin für Bildung, Religion und Erinnerungskultur der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, wandte sich mit Hinweis auf Missbrauchsbetroffene an die Staatskanzlei. Sie sagt: »Für viele Missbrauchsbetroffene ist dieses Kreuz daher kein Zeichen des Glaubens, sondern eine schmerzhafte Erinnerung an das Unrecht, das ihnen widerfahren ist – und an die jahrzehntelange Vertuschung durch die Kirche. Umso unverständlicher ist es, dass die Staatsregierung sich weigert, dieses belastete Symbol zu entfernen. Stattdessen verweist sie auf bestehende Hilfsangebote und Denkmäler für Missbrauchsopfer – als wären diese Maßnahmen ein Ersatz dafür, endlich auf die berechtigten Forderungen der Betroffenen einzugehen. Doch Gedenkstätten allein reichen nicht aus. Wer Missbrauch ernsthaft aufarbeiten will, darf sich nicht an Symbolen festklammern, die für Vertuschung und institutionelles Versagen stehen. Es wäre ein einfaches Zeichen des Respekts, dieses Kreuz zu ersetzen – doch die Staatsregierung weigert sich. Warum? Warum hält Söder so sehr an diesem Kreuz fest?«

Auf eine parlamentarische Anfrage der SPD-Landtagsabgeordneten Katja Weitzel zur Herkunft des "Kardinal-Wetter-Kreuzes" antwortete die Staatsregierung mit theologischen Ausführungen zur Deutung des Kreuzsymbols und dass es »nicht das Kreuz eines Einzelnen« sei. »Das Kreuz bleibt wegen Söder – und damit bleibt auch die Missachtung vieler Missbrauchsbetroffener», stellt Aktionsleiter David Farago fest. »Wir haben der Staatsregierung längst eine Alternative angeboten: unser Kreuz der Vielfalt für den Eingangsbereich der Staatskanzlei – solange sie am Kreuzerlass festhält.«

Der »Kreuzerlass-Weg« nach Karlsruhe

Auf der »Religionsfreien Zone« am 1. Juni wird Assunta Tammelleo vom Bund für Geistesfreiheit München über die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe informieren. In Verbindung damit steht eine weitere Kunstaktion, die ebenfalls am Sonntag Thema auf der Bühne des Marienplatzes sein wird. Damit Söder den Weg nach Karlsruhe findet, wurde ein »Kreuzerlass-Weg« eingerichtet, der über 287 Kilometer von der bayerischen Staatskanzlei in München zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe führt. Die Wegmarkierung soll aus zunehmend vielen X-Kreuzen bestehen, so Farago – Ausdruck einer wachsenden Bewegung, die sich für ein weltoffenes, säkulares Bayern einsetzt.

Kontakt für Medienvertreter: David Farago, Aktionsleiter kreuzerlass.bayern, mobil: 0175 410 25 35. Pressebilder und weitere Informationen unter: www.kreuzerlass.bayern.