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»Ein brandgefährlicher Mix von Nationalismus und Religion«

gbs-Statement zum russischen Angriff auf die Ukraine

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Kyrill I. bei der Verleihung des "Verdienstordens für das Vaterland" mit Wladimir Putin (Bildquelle: Wikipedia / www.kremlin.ru)

"Es wäre an der Zeit, dass sich das russische Volk gegen diesen größenwahnsinnigen Diktator und seinen erzreaktionären Hofprediger auflehnt..." Mit diesen Worten reagierte die Giordano-Bruno-Stiftung auf die russische Invasion in der Ukraine, wobei sie auf die enge Verbindung zwischen Wladimir Putin und dem Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., einging.

In den Tagen und Wochen zuvor hatte es zahlreiche Anfragen gegeben, warum die gbs nicht eindeutig Stellung zur "Russland-Krise" bzw. zu den derzeit schrecklich eskalierenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine beziehe. gbs-Vorstanssprecher Michael Schmidt-Salomon erklärte dazu: "Die Antwort ist einfach: Die Giordano-Bruno-Stiftung verabscheut Moralpredigten ohne inhaltliche Substanz! Im Unterschied zu anderen äußern wir uns nur zu Themen, bei denen wir auch die Kompetenz haben, uns zu äußern."

Dies sei bei dem brutalen Angriff Russlands auf die Ukraine nicht der Fall gewesen: "Wir wissen dazu kaum mehr als das, was wir aus den Medien erfahren. Der einzige Aspekt, den wir aufgrund unseres Stiftungsprofils etwas besser einschätzen können als die Allgemeinheit, betrifft das enge Verhältnis der russisch-orthodoxen Kirche zum Putin-Regime." Die Stiftung habe in der Vergangenheit mehrfach betont, "dass sich Putins Macht ideologisch auf einem brandgefährlichen Mix von Nationalismus und Religion gründet" – dies sei "der ideologische Kitt", der die "Internationale der Nationalisten" weltweit zusammenhalte (siehe hierzu auch Schmidt-Salomons Buch "Die Grenzen der Toleranz - Warum wir die offene Gesellschaft verteidigen müssen" aus dem Jahr 2016).

Im "Jahr der Menschenrechte" (2018) hatte die gbs darauf hingewiesen (was ansonsten kaum irgendwo thematisiert wurde), dass Putin in Kooperation mit der russisch-orthodoxen Kirche die sogenannte "Russische Erklärung der Menschenrechte" verabschiedet hatte, welche alle internationalen Menschenrechtskonventionen radikal aushöhlt. "Spätestens mit dieser Erklärung", so Schmidt-Salomon, "musste man davon ausgehen, dass Putin im Fall der Fälle (nämlich, wenn es seine zaristischen Machtfantasien verlangen) alle internationalen Standards ignorieren wird."

Mit Bezug auf diesen ideologischen Hintergrund hatte die gbs gestern auf die russische Invasion reagiert. Auf ihrer Facebookseite meldete die Stiftung am 24.2.2022:

Militärdienst sei eine "Manifestation der Nächstenliebe", "ein Beispiel für die Treue zu den hohen moralischen Idealen der Wahrheit und Güte", schrieb Kyrill I., Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, am gestrigen "Tag des Verteidigers des Vaterlandes" (!) an Präsident Putin. Heute sieht man die Folgen dieser eigenwilligen Form von "Wahrheit und Güte": Es wäre an der Zeit, dass sich das russische Volk gegen diesen größenwahnsinnigen Diktator und seinen erzreaktionären Hofprediger auflehnt...

Nachtrag:

An Karfreitag 2022 strahlte der österreichische Sender ServusTV eine Sendung  zum Thema "Kirche und Krieg: Gewalt im Namen Gottes?" aus, in der gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon u.a. darauf hinwies, dass Putin und Kyrill den Krieg gegen alles "Unorthodoxe" schon seit vielen Jahren vorbereiten. (Die Sendung ist weiterhin in der Mediathek des Senders verfügbar.)