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Ein Geldstapel höher als der Mount Everest

Die Debatte über die Ablösung der Staatsleistungen wird von Kirchenlobbyisten bestimmt

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Illustration: Florian Chefai (gbs)

Am heutigen Montag findet im Innenausschuss des Bundestags eine Anhörung über den Gesetzentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen statt. Die dazu eingeladenen Sachverständigen stehen entweder in enger Beziehung zu den Kirchen oder plädieren für hohe Entschädigungsleistungen des Staates. Dagegen richtet sich nun der Protest säkularer Organisationen.

Seit 1919 steht der Auftrag der Ablösung der sogenannten "historischen Staatsleistungen" an die Kirchen in der deutschen Verfassung. Doch dazu ist es bislang noch nicht gekommen. Vielmehr flossen seither allgemeine Steuergelder in Höhe von rund 20 Milliarden Euro, also 20.000 Millionen Euro, an die beiden christlichen Großkirchen. gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon verdeutlicht diese Summe anhand eines Vergleichs: "Wenn man diese 20 Milliarden Euro in 100-Euro-Scheinen (Dicke: 0,1 mm) aufeinanderstapeln würde, ergäbe dies einen Geld-Turm in Höhe von 20 Kilometern. Und sollten die Kirchen nach dem aktuellen Gesetzesvorschlag weitere 10 Milliarden Euro als Ablösesumme erhalten, so hätte der deutsche Staat ihnen einen 100-Euro-Stapel überlassen, der dreimal höher ist als der Mount Everest. Warum sollten die deutschen Steuerzahler*innen dies klaglos hinnehmen?"

Dass es zu einer hohen Ablösesumme kommen wird, ist nicht unwahrscheinlich, wie Daniela Wakonigg in einem Überblicksartikel im Humanistischen Pressedienst (hpd) darlegt. Denn unter den von den Bundestagsfraktionen eingeladenen Sachverständigen finden sich keine säkularen Expertinnen und Experten, sondern überwiegend kirchennahe Juristinnen und Juristen. Der Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO), dem auch die gbs angehört, kritisierte die einseitige Besetzung der Sachverständigen in einer Pressemitteilung und führte zum Thema aus: "Seit über hundert Jahren erhalten die Kirchen Geldsummen in Milliardenhöhe aus Steuermitteln, die ihnen laut Verfassung nicht zustehen. Diese Gelder stammen großteils aus Steuermitteln aller Bürgerinnen und Bürger, ungeachtet ihrer Kirchenzugehörigkeit. Betroffen sind auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften und Konfessionsfreie, zusammen also fast die Hälfte aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland."

 
Die Ablösesumme für die Staatsleistungen ist längst beglichen

Das (von der gbs gegründete) Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) hatte bereits im vergangenen Dezember einen Änderungsantrag zum aktuellen Gesetzentwurf vorgelegt. Außerdem hat ifw-Koordinatorin Jacqueline Neumann nun einen juristischen Überblicksartikel zum "Verfassungsauftrag: Grundsätzegesetz zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen" in der ersten Ausgabe der Online-Zeitschrift "Weltanschauungsrecht Aktuell" veröffentlicht.

Als die Kirchen 2016 erstmals mehr als eine halbe Milliarde Euro an jährlichen Staatsleistungen erhielten, fand gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon für diesen Sachverhalt deutliche Worte, die auch fünf Jahre später aktuell geblieben sind: "Angesichts der Milliardenbeträge, die in den letzten Jahrzehnten verfassungswidrig vom Staat an die Kirchen geflossen sind, ist die Ablösesumme für die Staatsleistungen längst beglichen. Tatsächlich hat der Staat ein Vielfaches von dem gezahlt, was den Kirchen im Jahr 1919 zugestanden hätte." Kritikern, die meinen, der Staat müsse die Kirchen weiterhin für Territoriumsverluste vor 200 Jahren entschädigen, empfahl Schmidt-Salomon, "sich bewusst machen, auf welchen Wegen die Kirchen dereinst zu ihren Besitztümern gelangt sind": "Hätten die Kirchen die Opfer ihrer Kriminalgeschichte ähnlich großzügig entschädigt, wie sie selbst vom deutschen Staat entschädigt wurden, hätten sie längst Konkurs anmelden müssen."