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Newsletter vom 24.02.2010

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Bärbel Jobst/pixelio.de

"Gipfel der Scheinheiligkeit!": gbs kritisiert kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen +++ Fernsehtalk "Nachtcafe": Warum kniff der Trierer Bischof? +++ KORSO-Reaktion auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrates +++ Zentralrat der Ex-Muslime - nun auch in Österreich! +++ Termine im März

"GIPFEL DER SCHEINHEILIGKEIT!": GBS KRITISIERT KIRCHLICHEN UMGANG MIT MISSBRAUCHSFÄLLEN

Mit deutlichen Worten hat der Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung die jüngsten Aussagen der Deutschen Bischofskonferenz zu den bekannt gewordenen Fällen von sexuellem Missbrauch in katholischen Institutionen kritisiert. "Bislang haben wir uns mit Kommentaren zum Thema ‚Sexueller Missbrauch in der Kirche’ bewusst zurückgehalten, da dies ein sehr komplexes Problem ist, das man nicht eindimensional auf zölibatäre Lebensführung zurückführen kann", erklärte gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon am Stiftungssitz in Mastershausen. "Doch nach den jüngsten Verlautbarungen der Deutschen Bischofskonferenz kommen wir nicht umhin, Stellung zu beziehen."

Als "schamlos" bezeichnete Schmidt-Salomon das "24-Stunden-Ultimatum", das der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gestellt hat: "Ich frage mich, in welcher Welt Herr Zollitsch eigentlich lebt!" Die Ministerin habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die katholische Kirche bislang nicht gerade durch eiserne Konsequenz bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen ausgezeichnet habe: "Dass Zollitsch es als ‚schwerwiegende Attacke gegen die katholische Kirche’ wertet, wenn endlich einmal eine Politikerin den Mut aufbringt, die Wahrheit zu sagen, zeigt, wie problematisch das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland noch immer ist!"

Besonders scharf kritisierte der gbs-Sprecher den Versuch des Freiburger Erzbischofs, "die Missbrauchsfälle in katholischen Institutionen herunterzuspielen." Wie die ‚Taz’ am Montag berichtete, hatte Zollitsch behauptet, dass das Risiko, sexuell missbraucht zu werden, in Familien "36 mal größer" sei als beim Kontakt mit einem katholischen Priester, weshalb es "völlig falsch" sei, der katholischen Kirche ein "strukturelles Problem" zu unterstellen. "Mit dieser Aussage erklimmt Zollitsch gewissermaßen den Gipfel der Scheinheiligkeit!", sagte Schmidt-Salomon.
"Man sollte in diesem Zusammenhang wissen, dass der bischöfliche Vergleich nicht auf einer seriösen, wissenschaftlichen Untersuchung beruht, sondern auf einer tendenziösen Meldung des Domradios. Dort wurden die 94 kircheninternen Missbrauchsfälle, über die ‚Der Spiegel’ vor kurzem berichtete, einfach mit der Gesamtstatistik der polizeilich erfassten Missbrauchsfälle verrechnet. Abgesehen davon, dass die zugrunde liegende Datenlage höchst problematisch ist, führt ein solcher Vergleich schon allein deshalb zu verzerrten Ergebnissen, weil viele Kirchenbedienstete im Unterschied zur Gesamtbevölkerung keinen regelmäßigen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben."

Schmidt-Salomon zufolge hätten für einen Vergleich mit Familien nur jene Zölibatäre herangezogen werden dürfen, die etwa in kirchlichen Internaten und Heimen permanenten Zugang zu Kindern haben: "Dadurch wäre sofort sichtbar geworden, dass die Kirche sehr wohl mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat! Denn über Jahrzehnte hinweg war das Risiko sexueller Gewalterfahrungen für Kinder und Jugendliche, die in christlichen Heimen lebten, um ein Vielfaches höher als das Risiko derer, die in Familien aufwuchsen! Nicht ohne Grund sind die Kirchen heute mit den Forderungen vieler Tausend ehemaliger Heimkinder konfrontiert, die endlich eine Entschädigung für die Verbrechen verlangen, die an ihnen begangen wurden!"

Wie der gbs-Sprecher darlegte, verbesserten sich die katastrophalen Verhältnisse in den konfessionellen Heimen erst, als Nonnen, Patres und Priester zunehmend durch pädagogische Fachkräfte ersetzt wurden:
"Paradoxerweise hat es die Kirche ausgerechnet den viel gescholtenen 68ern zu verdanken, dass es in kirchlichen Institutionen mittlerweile weit seltener zu Missbrauchshandlungen kommt. Schließlich wäre es ohne die 68er-Bewegung kaum zu der großen Reform der Heimerziehung gekommen, in deren Folge sich auch in kirchlichen Betrieben allmählich zeitgemäße pädagogische Ansätze durchsetzten. Sicherlich wird diese Erkenntnis den Herren Zollitsch und Mixa nicht sonderlich gefallen, aber dies sind nun einmal die historischen Fakten! Ich hoffe sehr, dass sich die Öffentlichkeit durch die Ablenkungsmanöver der Kirchenvertreter nicht hinters Licht führen lässt…"

Quellen:

Zollitsch holt zum Gegenschlag aus: Ultimatum für Leutheusser-Schnarrenberger
http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/Ultimatum-fuer-Leutheusser-...

Bischofskonferenz: Familie gefährlicher als Priester
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/familie-gefaehrlicher-...

Die vermeintliche "Missbrauchs-Studie": Eine Meldung des Domradio
http://www.domradio.de/aktuell/61084/pflicht-zur-selbstpruefung+.html

Lesen Sie zum Thema auch den Beitrag von Mathias Krause: Ultimative Unverschämtheit
http://hpd.de/node/8908

 

FERNSEHTALK "NACHTCAFE": WARUM KNIFF DER TRIERER BISCHOF?

Beinahe wäre es in der Fernsehsendung "Nachtcafe" zu einem Lokalderby zwischen dem Trierer Bischof Stephan Ackermann und dem ebenfalls in der Nähe von Trier lebenden Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon, gekommen. Doch der Bischof sagte seine Teilnahme einen Tag vor Aufzeichnung der Sendung ab, als er erfuhr, dass Schmidt-Salomon ebenfalls in der Talkshow auftreten werde. Die konsternierte Nachtcafe-Redaktion fand glücklicherweise Ersatz in Pater Alfred Tönnis, dem Rektor eines kleinen Oblatenklosters bei Biberach, der kurzfristig für den diskussionsunwilligen Bischof einsprang.

Da Ackermann der Redaktion gegenüber nicht erklärte, warum er eine Fernseh-Diskussion mit dem gbs-Sprecher ablehne, kann man über seine Beweggründe nur spekulieren. An einer "mangelnden Seriosität" des kritisch-rational argumentierenden Religionskritikers dürfte es wohl kaum gelegen haben, denn immerhin hatte der Bischof keinerlei Bedenken geäußert, in der Sendung gemeinsam mit einer evangelikalen Christin (die an die Schöpfung der Erde vor 10.000 Jahren glaubt), einer Schamanin (die meint, "Fernheilungen" durchführen zu können) und einem Reinkarnationsgläubigen (der vorgibt, in früheren Leben u.a. Buddha und Jesus gewesen zu sein) aufzutreten.

Vielleicht trieb den Bischof die Angst, in einer offenen Diskussion mit Schmidt-Salomon schlecht abzuschneiden? Immerhin hatte Ackermann am Tag der Sendungsaufzeichnung vollmundig in der Bild-Zeitung verkündet, dass die Missbrauchsskandale in der Katholischen Kirche ihn zwar erschütterten, dass es sich hierbei jedoch nicht um ein strukturelles Problem der Kirche handelte. Befürchtete Ackermann, dass Schmidt-Salomon die bischöfliche Argumentation vor einem großen Fernsehpublikum zerpflücken könnte?

Möglicherweise verbirgt sich hinter Ackermanns Absage jedoch etwas ganz anderes, nämlich eine strategische Entscheidung der Deutschen Bischofskonferenz. Hierzu muss man wissen, dass die deutschen Bischöfe es bis vor drei Jahren konsequent ablehnten, gemeinsam mit ausgewiesenen Religionskritikern in den Medien aufzutreten.
Dieser Bann, der in der Regel dazu führte, dass Religionskritiker auf Druck der Kirchenvertreter aus den Sendungen wieder ausgeladen wurden, wurde 2007 durch den damaligen Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, aufgehoben, als er in der SWR-Talkshow "Quergefragt" mit Schmidt-Salomon über die Frage der Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines Lebens nach dem Tod diskutierte. Lehmanns mutiger Tabubruch hatte zur Folge, dass bald darauf viele weitere Fernseh- und Radiodebatten zwischen hochrangigen Kirchenvertretern und Religionskritikern stattfanden.

"Es ist durchaus vorstellbar, dass die Bischöfe nach diesem dreijährigen Medienexperiment zu dem Ergebnis gekommen sind, dass sie in den Sendungen nicht allzu gut abschnitten haben. Möglicherweise haben sie deshalb nun beschlossen, wieder zu ihrer alten Diskursverweigerungsstrategie zurückkehren!", mutmaßt der gbs-Vorstandssprecher.
"Wir werden wohl recht bald herausfinden, ob Ackermans Absage ein Einzelfall war oder ob es sich hierbei um ein strategisches Konzept der Bischöfe handelt. Sollte letzteres der Fall sein, so ist zu hoffen, dass die Redaktionen sich durch derartige Machtspielchen nicht wieder einschüchtern lassen und künftig zu den Einladungen religionskritischer Gäste stehen werden! Dass dies sehr wohl möglich ist, hat die Nachtcafe-Redaktion gezeigt!"

Wieland Backes’ "Nachtcafe" zum Thema "Sinnsuche und Heilsversprechen" - ohne den Trierer Bischof Ackermann, dafür aber u.a. mit Michael Schmidt-Salomon und Kai Wiesinger - wird am Freitag, dem 26.2., um 22.00 Uhr im SWR-Fernsehen ausgestrahlt.

Die Website zur Sendung:
http://www.swr.de/nachtcafe/-/id=200198/mpdid=5862910/nid=200198/did=586...

 

KORSO-REAKTION AUF DIE EMPFEHLUNGEN DES WISSENSCHAFTSRATES

Der Wissenschaftsrat hat ein Gutachten zur Weiterentwicklung von "religionsbezogenen Wissenschaften" veröffentlicht. Nach einer ersten Durchsicht ist der Vorstand des Koordinierungsrat säkularer Organisation (KORSO) überhaupt nicht begeistert, sieht aber zumindest kleine, wenn auch allzu zögerliche Schritte in eine richtige Richtung. Lesen Sie hierzu die ausführliche Stellungnahme des KORSO-Vorsitzenden Prof. Dr. Frieder Otto Wolf und seines Stellvertreters Dr. Carsten Frerk (Mitglied im Kuratorium der gbs):
http://hpd.de/node/8743

 

ZENTRALRAT DER EX-MUSLIME - NUN AUCH IN ÖSTERREICH!

Nachdem sich in den letzten Monaten bereits die "gbs-Regionalgruppe Österreich" und der "Zentralrat der Konfessionsfreien" Österreich konstituierten, wird am Freitag in Wien auch der österreichische "Zentralrat der Ex-Muslime" gegründet werden. Schon im Vorfeld der Vereinsgründung kam es zu einer intensiven medialen Berichterstattung. Wir verweisen hier auf ein interessantes Interview mit dem designierten Zentralrats-Vorsitzenden Cahit Kaya auf der Website "Voralberg Online":
http://www.vol.at/news/vorarlberg/artikel/offiziell-keine-austritte-aus-...

 

TERMINE IM MÄRZ

FRANKFURT/MAIN, 5.03.2010, "Jenseits von Gut und Böse", Vortrag von Michael Schmidt-Salomon zu seinem neuen Buch. Veranstalter: Säkulare Humanisten (Regionalgruppe Rhein-Main des Förderkreises der gbs). Ort: Saalbau Bornheim (Clubraum 1), Arnsburger Straße 24, 60386 Frankfurt.
Beginn: 19.30 Uhr. Eintritt: 6 €, ermäßigt: 3 €
Website des Veranstalters:
http://www.saekulare-humanisten.de

MANNHEIM, 6.03.2010, Buchlesung von Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von Gut und Böse". Veranstalter: Säkulare Humanisten (Regionalgruppe Rhein-Neckar des Förderkreises der gbs). Ort: Dalbergsaal, N 3, 4 in der Stadtbibliothek Mannheim, 68161 Mannheim. Beginn: 20.00 Uhr. Eintritt: 6 €, ermäßigt: 4 €
Website des Veranstalters:
www.saekulare-humanisten-rhein-neckar.de

RADIO BAYERN 2 (BR 2), 10.03.2010, 9.05 Uhr, gbs-Beiratsmitglied Assunta Tammelleo in der Reihe Radiowissen zum Titel "Woran glaubt ein Atheist?". (Wiederholung der Radiosendung am 7.04.2010 um 15.05 Uhr).
Weitere Informationen zur Sendung demnächst unter:
http://www.br-online.de/bayern2/radiowissen/index.xml

BONN, 16.03.2010, "Wird Religion überflüssig? Der neue Atheismus stellt die Gottesfrage", Podiumsdiskussion mit Dr. Bernd Vohwinkel (Physiker und Sprecher der gbs-Regionalgruppe Köln-Bonn-Düsseldorf), Dr. René Buchholz (Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Bonn) und Professor Dr. Axel von Dobbeler (Leiter des evangelischen Forums in Bonn). Die Veranstaltung findet in Kooperation der VHS Bonn, dem Katholischem Bildungswerk und dem Evangelischem Forum statt. Veranstaltungsort: Haus der evangelischen Kirche, Adenauerallee 37, 53113 Bonn. Beginn: 19.30 Uhr. Eintritt: 4,50 €
Weitere Informationen und Anmeldung unter:
http://giordanobrunostiftung.wordpress.com/nachster-termin/

LEIPZIG, 20.03. 2010, "Humanistische Kinder- und Jugendbücher: Was sagen sie Ihren Kindern zu den wichtigen Dingen, wenn Sie nicht an Gott glauben?" Mit Christian Lührs und
Michael Schmidt-Salomon, Moderation: Philipp Möller, Veranstalter: Frankfurter Literaturverlag, Uhrzeit: 13:00 - 13:30 Uhr, Ort: Leipziger Buchmesse, Forum Kinder-Jugend-Bildung, Halle 2, Stand B303 / C300.
Website der Leipziger Buchmesse:
http://www.leipziger-buchmesse.de/

NÜRNBERG, 21.03.2010: Jenseits von Gut und Böse? Ein philosophisches Streitgespräch zwischen Michael Schmidt-Salomon und Gerhard Engel. Moderation: Helmut Fink. Veranstalter: Humanistische Akademie Bayern in Kooperation mit dem HVD Nürnberg. Ort: Marmorsaal des Presseclubs Nürnberg, Gewerbemuseumsplatz 2, 2.Stock (Lift vorhanden), Beginn: 11.00 Uhr, Eintritt: 10 Euro (ermäßigt 8 Euro)
Weitere Informationen demnächst unter:
http://www.hvd-akademie.de/index.php?q=node/4

GELSENKIRCHEN, 21. 03.2010, Vortrag von Sabine Paul (gbs-Beiratsmitglied): "Wer hat Angst vor der Evolution? - Ein Fazit des Darwin-Jahrs, ein Blick in die Zukunft." Veranstalter: Offene Akademie Gelsenkirchen. Ort: Offene Akademie im Arbeiterbildungszentrum e.V., Koststraße 8, 45899 Gelsenkirchen. Beginn: 11 Uhr
Website des Veranstalters:
http://www.offene-akademie.org

WIEN, 25.03.2010, Vortrag von Sabine Paul (gbs-Beiratsmitglied): "Steak und Schokolade: Auf den Spuren der Evolutionären Ernährung zu natürlichem Genuss."
Veranstalter: 2. Österreichisches Soja-Symposium "Hunger auf Neues" - Warum es so schwer ist, sich richtig zu ernähren und wie wir es trotzdem schaffen können". Ort: AGES, Spargelfeldstr. 191, 1220 Wien. Beginn: 9:15
Website des Veranstalters:
http://www.soja-aus-oesterreich.at

 

Mit freundlichen Grüßen
Das gbs-Newsletter-Team