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Newsletter vom 29.02.2012

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www.religioese-diskriminierung.de

Juden, Muslime, Atheisten unerwünscht?! Kampagne gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz gestartet +++ Heilig‘s Röckle! – Das alternative Pilgerprogramm zur Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier +++ Internationale-Atheismus-Tagung in Köln: Referenten u.a. Dan Barker, Taslima Nasrin, PZ Myers, Carsten Frerk und Michael Schmidt-Salomon +++ Kurz notiert: Kirchenaustritt zum "Hasenfest", Religionsfreie Zone zum Katholikentag, Humanistischer Exorzismus zum globalen Irrsinn, neue gbs-Broschüre zu den Zehn (An)Geboten +++ Die nächsten Termine

 

JUDEN, MUSLIME, ATHEISTEN UNERWÜNSCHT?! KAMPAGNE GEGEN RELIGIÖSE DISKRIMINIERUNG AM ARBEITSPLATZ GESTARTET

Die europäischen Antidiskriminierungsbestimmungen müssen auch in kirchlichen Einrichtungen gelten! Dies ist Ziel der Kampagne "Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz" (GerDiA), die am heutigen Mittwoch gestartet ist. Sprecherin der Kampagne ist die ehemalige SPD-Spitzenpolitikerin Ingrid Matthäus-Maier. Sie betrachtet die "offensive Ausgrenzungspolitik kirchlicher Betriebe" als einen "Skandal, der nicht weiter hingenommen werden darf".
Zentrale Forderung der Kampagne ist es, "die Religions- und Weltanschauungsfreiheit in allen öffentlich finanzierten Sozialeinrichtungen zu gewährleisten". Das kirchliche Arbeitsrecht führe hier zu "offenkundigen Verstößen gegen das Grundgesetz". Religionsgesellschaften dürften sich nicht in die private Lebensführung ihrer Angestellten einmischen. Zudem müssten die dort Beschäftigten "die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmer haben, also einen Betriebsrat bilden und streiken dürfen".

"Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum für Caritas und Diakonie andere Bestimmungen gelten sollten als für die Arbeiterwohlfahrt", erklärt GerDiA-Sprecherin Ingrid Matthäus-Maier. Der "besondere Tendenzschutz" für Religionsgemeinschaften nach Paragraph 118, Absatz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes müsse ersatzlos gestrichen werden.
Konzipiert wurde die Kampagne vom Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs). Die Initiatoren hoffen auf breite gesellschaftliche Unterstützung. "Viele Menschen empfinden es als unhaltbaren Zustand, dass in Krankenhäusern und Altenheimen das Personal nach der Religionszugehörigkeit eingestellt wird", meint IBKA-Vorsitzender René Hartmann. "Eine derartige Diskriminierung von Konfessionslosen und Andersgläubigen ist nicht hinnehmbar."

Michael Schmidt-Salomon, Vorstandsprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, stimmt zu: "Ärztinnen, Altenpfleger, Kindergärtnerinnen oder Schuldnercoaches haben keinen Verkündigungsauftrag. Deshalb darf die Religionszugehörigkeit keine Rolle dabei spielen, ob ein qualifizierter, engagierter Mensch eine Arbeitsstelle erhält oder nicht."
Um ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen, hat die Kampagne unter der Adresse www.religioese-diskriminierung.de eine Webseite konzipiert, die über die Thematik aufklärt. Dort kann Kontakt zur GerDiA-Koordinierungsstelle aufgenommen werden, die in den kommenden Monaten Fälle von religiöser Diskriminierung am Arbeitsplatz dokumentieren wird.

Hintergrund:
Das Betriebsverfassungsgesetz findet in kirchlichen Einrichtungen keine Anwendung (BetrVG § 118, Abs. 2). Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nimmt Beschäftigungsverhältnisse bei Kirchen und ihren Einrichtungen vom Verbot der unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung aus (AGG § 9). Dadurch gibt es bis heute über eine Million Arbeitsplätze, zu denen Juden, Muslime, Buddhisten und Konfessionslose keinen Zugang haben.

Dabei geht es nicht um kirchliche Tätigkeiten im eigentlichen Sinne, wie Seelsorge und Verkündigung, sondern um Ärzte und Kindergärtnerinnen, Krankenpfleger und Bürokräfte, Reinigungspersonal und Hausmeister. Wer in kirchlichen Sozialeinrichtungen beschäftigt ist, muss nicht nur auf das Recht auf Religionsfreiheit verzichten, sondern auch das Privatleben nach den Vorstellungen der Kirche ausrichten. Bei einem Verstoß droht die Kündigung. Ein Kirchenaustritt oder Wechsel der Glaubensrichtung führt generell zur Entlassung, in katholischen Einrichtungen sind auch die Wiederverheiratung nach einer Scheidung oder das öffentliche Bekenntnis zu einer homosexuellen Partnerschaft Kündigungsgrund.
Link:
http://www.religioese-diskriminierung.de

HEILIG‘S RÖCKLE! – DAS ALTERNATIVE PILGERPROGRAMM ZUR HEILIG-ROCK-WALLFAHRT IN TRIER

Das Bistum Trier rechnet zur "Heilig-Rock-Wallfahrt 2012" mit mehr als 500.000 Pilgern, die das "Gewand Jesu" bewundern wollen. Angeblich soll die "heilige Helena", Mutter des römischen Kaisers Konstantin, diese "Herrenreliquie" von einer Pilgerreise aus Jerusalem mitgebracht haben (wahrscheinlich handelt es sich jedoch um eine Fälschung aus dem 12. Jahrhundert).
Begleitend zur Rock-Wallfahrt wird von April bis Mai in Trier ein alternatives Pilgerprogramm unter dem Titel "Heilig‘s Röckle!" stattfinden. "Heilig’s Röckle!" ist – vergleichbar mit "Heilig’s Blechle!" – ein Ausruf der Verwunderung und der Erschütterung. Das steht zwar so nicht im Duden, kann aber noch werden! Denn die Trierer Heilig-Rock-Wallfahrten haben seit jeher neben frommem Erschaudern auch heftigstes Kopfschütteln ausgelöst. So nannte Martin Luther die Rock-Wallfahrt die "große Bescheißerey", den "Teufelsmarkt zu Trier", ein "verführlich, lügenhaft und schändlich Narrenspiel" – und den Schriftsteller Otto von Corvins animierte das Trierer Spektakel gar zur Abfassung des berühmten "Pfaffenspiegels".

Im Rahmen des "Heilig’s Röckle!"-Programms werden in der Tuchfabrik Trier hochkarätige Religionskritiker auftreten. So wird Heinz-Werner Kubitza über den "Jesus-Wahn" aufklären und Ingrid Matthäus-Maier unter dem Titel "Und trenne, was nicht zusammengehört" (Umdrehung des Wallfahrtsmottos "Und führe zusammen, was getrennt ist") über die notwendige Trennung von Staat und Kirche referieren. Zudem liest Michael Schmidt-Salomon aus seiner Streitschrift "Keine Macht den Doofen!", Andreas Altmann aus seiner Autobiographie "Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend" sowie Ralf König aus seiner lästerlichen Bibeltrilogie ("Prototyp", "Archetyp" und "Antityp").
Darüber hinaus wird in der Trierer Tuchfabrik eine kritische Kunstausstellung zum Thema "Reliquie" stattfinden, an der u.a. die gbs-Beiräte Wolfram Kastner und Jacques Tilly beteiligt sind. Eröffnet wird die Ausstellung am 14. April durch den "Künstler ohne Werk", Bazon Brock. Außerdem wird in einer exklusiven Sonderausstellung eine weitere "Herrenreliquie" gezeigt werden: Die "Heilige Unterhose" des Trierer Philosophen Karl Marx, die 1990 im Nachlass von Marxens Haushälterin Helene Demuth gefunden wurde und seit 1996 parallel zur "Heilig-Rock-Wallfahrt" ausgestellt wird. Heilig’s Röckle! Wenn das nicht einen Ausflug in die älteste Stadt Deutschlands wert ist, was dann?!

Informationen zum alternativen Pilgerprogramm (+ Hintergrundinfos zu Rock und Hose):
http://www.heiligs-roeckle.de

INTERNATIONALE-ATHEISMUS-TAGUNG IN KÖLN: REFERENTEN U.A. DAN BARKER, TASLIMA NASRIN PZ MYERS, CARSTEN FRERK UND MICHAEL SCHMIDT-SALOMON
Es geht aufwärts mit dem Atheismus. Mehr Menschen als je zuvor organisieren sich in säkularen Gruppen. Das Jahr 2012 wird mit der Zahl atheistischer und humanistischer Konferenzen einen weltweiten Rekord aufstellen. Nicht zuletzt die Veröffentlichungen der "Four Horsemen" (Richard Dawkins, Daniel Dennett, Sam Harris und der kürzlich verstorbene Christopher Hitchens) haben in den letzten Jahren über den englischsprachigen Raum hinaus Beachtung gefunden und Säkularisten auf der ganzen Welt ermutigt, für ihre Überzeugungen einzutreten.

Wie geht es weiter? Kann die säkulare Bewegung eine weltweite Kraft werden, die dem Machtanspruch der organisierten Religionen wirksam entgegentritt? Mit dieser und anderen Fragen wird sich die Tagung vom 25. bis zum 27. Mai in Köln befassen.
Referenten sind unter anderem: Dan Barker, ehemaliger evangelikaler Prediger, Autor und Co-Präsident der FFRF, Carsten Frerk, Autor und Redakteur des Humanistischen Pressedienstes, Annie Laurie Gaylor, Gründerin und Co-Präsidentin der Freedom from Religion Foundation (FFRF), PZ Myers, Biologe und Autor des Wissenschaftsblogs Pharyngula, Taslima Nasrin, Ärztin, Autorin und internationale Menschenrechtsaktivistin sowie Michael Schmidt-Salomon, Autor und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung.

Achtung: Für die Abonnenten des gbs-newsletter wurde der Frühbucher-Rabatt (98 statt 130 Euro), der ursprünglich nur bis zum 29.2. vorgesehen war, bis Sonntag, 04.03.2012, verlängert.
Links zur Tagung:
http://www.ibka.org/tagung2012
http://www.ibka.org/en/convention2012

KURZ NOTIERT: KIRCHENAUSTRITT ZUM "HASENFEST", RELIGIONSFREIE ZONE ZUM KATHOLIKENTAG, HUMANISTISCHER EXORZISMUS ZUM GLOBALEN IRRSINN, NEUE GBS-BROSCHÜRE ZU DEN ZEHN (AN)GEBOTEN

KIRCHENAUSTRITT ZUM "HASENFEST": Unter dem Motto "Austritt zum Hasenfest - kollektiver Kirchenaustritt Ostern 2012" findet am Gründonnerstag, dem 05. April 2012 eine Kirchenaustrittsaktion in vielen Städten Deutschlands statt. Zu den Initiatoren gehört u.a. die gbs-Regionalgruppe Mainz/Rheinhessen.
Infos unter:
http://www.hasenfest.org
RELIGIONSFREIE ZONE ZUM KATHOLIKENTAG: Bereits in der letzten Newsletter-Ausgabe berichteten wir, dass die gbs-Regionalgruppe Rhein-Neckar im Mai eine kritische Veranstaltungsreihe zum Katholikentag in Mannheim plant. Nun ist die Website zur Veranstaltung online gegangen.
Infos unter:
http://religionsfreie-zone-mannheim.de/programm/
Unterstützung erbeten:
http://religionsfreie-zone-mannheim.de/spenden-jetzt-moglich/

HUMANISTISCHER EXORZISMUS ZUM GLOBALEN IRRSINN: In einem Interview mit dem Humanistischen Pressedienst hat Michael Schmidt-Salomon erklärt, warum er mit seinem neuen Buch "Keine Macht den Doofen" einen so heftigen Menschheitsverriss abgeliefert hat. Die Streitschrift hat es in die Taschenbuch-Bestsellerliste von Spiegel online/Buchreport geschafft – wenn auch "nur" auf Platz 34 (ab Donnerstag auf Platz 29). Bemerkenswert: Platz 1 (und das wird sicherlich weitere humanistische Exorzismen erforderlich machen) belegt seit Wochen das Buch von Daniela Katzenberger, die ihren Lesern rät: "Sei schlau, stell dich dumm!"
Interview: "Wir leben in einem Tollhaus":
http://hpd.de/node/12889
Website zum Buch:
http://www.keine-macht-den-doofen.de/
NEUE GBS-BROSCHÜRE ZU DEN ZEHN (AN)GEBOTEN : Die Broschüre "10 Gebote? 10 Angebote!" war als Lehrmittel im Ethik- und Religionsunterricht sehr beliebt und wurde insgesamt über 70.000mal verteilt. Da die Bestände zuneige gegangen sind, hat die Stiftung eine aktualisierte Neuauflage unter dem Titel "Zehn (An)Gebote" herausgebracht. Die neue Broschüre kann als PDF-Datei von der gbs-Website heruntergeladen oder als gedruckte Version beim gbs-Sekretariat in Oberwesel bestellt werden.
Link zur PDF-Datei:
/sites/default/files/download/10ang...
Link zum Bestellformular für gedruckte Exemplare:
/bestellung-materialien-gbs-zum-wei...

DIE NÄCHSTEN TERMINE

Veranstaltungen u.a. mit Andreas Altmann, Mina Ahadi, Thomas Junker, Mathias Jung, Ralf König, Heinz-Werner Kubitza, Ingrid Matthäus-Maier, Gisela Notz, Michael Schmidt-Salomon, Franz M. Wuketits, Rüdiger Vaas und Gerhard Vollmer finden Sie im gbs-Terminkalender:
/termine

Mit freundlichen Grüßen
Das gbs-Newsletter-Team

www.giordano-bruno-stiftung.de