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21. 11.

Himmlische Ideen und irrende Sterne

Platons Einfluss auf die Astronomiegeschichte - Vortrag von Dr. Tobias Jung in Nürnberg

Die entscheidende Wendung in der Astronomiegeschichte auf dem Weg zum heute gemeinhin akzeptierten astronomischen Weltbild ist zweifellos mit den Namen Nicolaus Copernicus (1473–1543), Johannes Kepler (1571–1630), Galileo Galilei (1564–1642) und Isaac Newton (1643–1727) verknüpft. Bei allen vier dieser großen Naturwissenschaftler und Astronomen finden sich jedoch deutliche Einflüsse des Denkens des antiken Philosophen Platon (428/427 v. Chr.–348/347 v. Chr.). Veranstaltung mit dem Physiker und Philosophen Dr. Tobias Jung.

Copernicus machte in bewusstem Rückgriff auf antikes Gedankengut das Platonische Axiom zum Ausgangspunkt seines heliozentrischen Weltbildes. Kepler versuchte die Struktur des Planetensystems durch eine Ineinanderschachtelung der Platonischen Körper darzustellen und gelangte dadurch im Wesentlichen zu der Fragestellung, auf die er später mit seinen drei Gesetzen der Planetenbewegung eine Antwort gab. Galilei und Newton, die beide als Mitbegründer der Physik als Experimentalwissenschaft gelten, nahmen hinsichtlich der von ihnen verfolgten Mathematisierung – vielleicht ohne es selbst zu ahnen – Anleihen bei Platon, der doch vielfach als realitätsferner »Idealist« galt und immer noch gilt. Auf einer noch grundlegenderen Ebene lässt sich der Einfluss Platons auf die gesamte Naturwissenschaft erkennen, die letztlich auf einer Unterscheidung beruht, die Platon in seinem kosmologischen Spätdialog »Timaios« trifft, nämlich der Unterscheidung zwischen Sein und Zeit. Im Vortrag werden die geistesgeschichtlichen Bezüge zwischen Platons Philosophie und der neuzeitlichen Physik genauer zur Sprache gebracht.

Dr. Tobias Jung wurde 1972 in Wolfratshausen geboren. Nach dem Studium der Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der University of Cambridge promovierte er 2004 an der Universität Augsburg bei Prof. Dr. Klaus Mainzer in Philosophie mit einer Arbeit über »Relativistische Weltmodelle«. Anschließend machte er das Zweite Staatsexamen für Gymnasiallehramt mit den Fächern Physik und Mathematik. Von 2011 bis 2019 war er an den Lehrstuhl für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Technischen Universität München abgeordnet und wirkte dort insbesondere als Dozent. Mit Beginn des Schuljahrs 2018/2019 ist Jung wieder in den Schuldienst zurückgekehrt. Seit 2005 hält er regelmäßig Vorträge an der Münchner Volkshochschule. Seine Interessensschwerpunkte sind die Philosophie von Platon und Kant sowie die Philosophie der Physik.