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Newsletter vom 3.1.2025


»Satire kann man nicht töten«

Film, Buch und Veranstaltungen zum 10. Jahrestag des Anschlags auf »Charlie Hebdo«

Am 7. Januar 2015 erstürmten Islamisten die Redaktionsräume der Satirezeitschrift »Charlie Hebdo«. Zum 10. Jahrestag des Terrorakts finden am kommenden Dienstag Veranstaltungen in mehreren Städten statt. Zudem bringt die »Free Charlie!»-Kampagne, die für die Abschaffung des »Gotteslästerungsparagrafen« 166 StGB eintritt, ein Buch sowie einen Film mit einer unmissverständlichen Botschaft heraus: »Fundamentalisten können Satiriker töten – nicht aber die Satire selbst!«

»Sinn für Humor zählt gewiss nicht zu den größten Stärken religiöser Fundamentalisten. Dass sie auf religionskritische Karikaturen besonders gereizt reagieren, liegt nicht zuletzt an der autoritätsuntergrabenden Funktion der Satire«, meint der Philosoph Michael Schmidt-Salomon, der das Drehbuch für den »Free Charlie!«-Film verfasst hat: »Je krasser die Differenz zwischen gewolltem Schein und realem Sein ausfällt, desto größer ist der komische Effekt – und aus diesem Grund liefert die Religion seit jeher der Satire die größten Lacher. Denn nirgends ist das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit, von verkündeter Wahrheit und praktiziertem Schwindel, von weltfremdem Ideal und gemeinem Alltag so offensichtlich wie im Fall der Religion.«

Das »Free Charlie!«-Buch, das zeitgleich mit dem Film am 7. Januar erscheint, enthält, so die Herausgeber*innen Karla Kaktus und Peter Piranha, »einige der schärfsten religionskritischen Karikaturen der letzten Jahrzehnte«, u.a. von Gerhard Haderer, Ralf König, Dorthe Landschulz, Nadia Menze, Til Mette, Martin Perscheid, Oliver Ottitsch und Jacques Tilly. Zudem findet man in dem Band Statements von prominenten Satirikern, etwa von Stéphane Charbonnier, der bei dem Anschlag vom 7. Januar 2015 getötet wurde, und Kurt Tucholsky, der bereits in den 1920er Jahren für eine Streichung des »Gotteslästerungsparagrafen« 166 aus dem Strafgesetzbuch kämpfte. Abgerundet wird das Buch durch einen ausführlichen Text von Michael Schmidt-Salomon über die »subversive Kraft des Humors« und die bis heute fatalen Wirkungen »religiöser Zensur«. 

Erstmals vorgestellt werden das »Free Charlie!«-Buch sowie der zugehörige Film am 7. Januar im Rahmen einer Pressekonferenz in der »Ludwiggalerie Schloss Oberhausen« (Konrad-Adenauer-Allee 46, DE-46049 Oberhausen, Beginn: 11.00 Uhr). Auf dem Podium sitzen Dr. Christine Vogt (Direktorin der Ludwiggalerie), Dr. Dr. Michael Schmidt-Salomon (Vorsitzender der Giordano-Bruno-Stiftung und Initiator der »Free Charlie!«-Kampagne), Ricarda Hinz, Regisseurin des »Free Charlie!«-Films und Kuratorin des Satirefensters »Spott sei Dank!« beim Humanistischen Pressedienst) sowie Leonie Neidert (Kuratorin der »Free Charlie!«-Sonderausstellung in der Ludwiggalerie). Gemeinsam mit dem »Wilhelm Busch Museum Hannover«, dem »Caricatura Museum Frankfurt«, der »Caricatura Galerie Kassel« und dem »schauraum: comic + cartoon Dortmund« nimmt die Ludwiggalerie den zehnten Jahrestag des Anschlags zum Anlass, um der getöteten Satiriker*innen zu gedenken und sich mit ihrem Schaffen zu solidarisieren.

Neben diesen Aktivitäten der »Museen für komische Kunst« finden weitere Veranstaltungen u.a. in Heidelberg, Stuttgart und Frankfurt statt, die von säkularen Organisationen ausgerichtet werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die jährlich stattfindende Gedenkveranstaltung des bfg München zum 7. Januar, die um 19:30 Uhr im Münchener »Rationaltheater« beginnt und bei der der Kabarettist HG Butzko Ausschnitte aus seinem satirischen Jahresrückblick präsentieren wird.

Der 35-minütige »Free Charlie!«-Film von Ricarda Hinz wird am Morgen des 7. Januar (8:00 Uhr) auf dem gbs-YouTube-Kanal veröffentlicht. Journalistinnen und Journalisten, die zum 10. Jahrestag des Anschlags auf »Charlie Hebdo« in ihren Medien berichten wollen, können über die gbs-Pressestelle bereits vorab exklusive Informationen zum »Free Charlie!«-Buch und -Film erhalten.


»Mein Kopf gehört mir! Lernen für die offene Gesellschaft«

Das gbs-Schwerpunktthema 2025 wendet sich gegen die »Zwänge des Kollektivs«

»Du bist nicht deine Gruppe – und deine Gruppe repräsentiert nicht die Menschheit!« Dies ist eine der Kernaussagen des Schwerpunktthemas »Mein Kopf gehört mir!«, mit dem die Giordano-Bruno-Stiftung den »Identitätspolitiken« unserer Zeit entgegentreten will. Der Stiftung geht es dabei nicht zuletzt um die Verteidigung der offenen Gesellschaft, die von identitären Kräften zunehmend unter Druck gesetzt wird.

Mit ihrem Schwerpunktthema will die gbs verdeutlichen, dass es katholische, protestantische, sunnitische oder schiitische Kinder ebenso wenig gibt wie christlich-soziale, liberale, sozialdemokratische oder grüne Kinder. Teil des Schwerpunktthemas ist daher eine Kampagne zur Einführung eines verpflichtenden Philosophie- und Ethikunterrichts für alle Schülerinnen und Schüler. Zudem will die Stiftung in Kooperation mit dem »Hans-Albert-Institut« (HAI) ein neues Lehr- und Lernprojekt entwickeln, das als Ergänzung zu dem bereits etablierten »Evokids«-Projekt der Stiftung gedacht ist: »Philo-Kids soll Schülerinnen und Schülern das notwendige philosophische Rüstzeug geben, um Fakten von Fakes, richtige von falschen Schlussfolgerungen und inhumane von humanen Aussagen unterscheiden zu können«, erklärt HAI-Leiter Florian Chefai. »Denn nur so werden sie in der Lage sein, die Weltbilder, mit denen sie aufgewachsen sind, kritisch zu hinterfragen.«

Zum Schwerpunktthema zählen auch drei Großveranstaltungen im Herbst 2025: das Kortizes-Symposium »Identität im Wandel«, das vom 3. bis 5. Oktober im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg stattfindet, die Tagung »Auf dem Weg in die säkulare Gesellschaft«, die in Berlin am 25. Oktober zum 20-jährigen Bestehen der »Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland« (fowid) ausgerichtet wird, sowie die Neuauflage des (von der gbs unterstützten) Philosophie-Festival »Philo.live!«, das vom 15. bis 18. November vom »Philosophie Magazin« und der »phil.COLOGNE« in Berlin organisiert wird.

Die vollständige Meldung zum gbs-Schwerpunktthema 2025 finden Sie auf der gbs-Website.


»Der Attentäter von Magdeburg hasst alle, die seinen Hass nicht teilen!»

Warum Taleb A. den Zentralrat der Ex-Muslime und die Säkulare Flüchtlingshilfe verleumdete

»Der Terrorakt von Taleb A. führt uns vor Augen, dass nicht nur Islamisten Weihnachtsmärkte mit Fahrzeugen angreifen, sondern auch rechte Verschwörungsfanatiker«, erklärte gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon am Tag nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Der Täter Taleb A. ist für die gbs kein Unbekannter: Der aus Saudi-Arabien stammende Arzt und Psychiater hat den Zentralrat der Ex-Muslime und die Säkulare Flüchtlingshilfe über mehrere Jahre hinweg diffamiert. Von Islamisten traumatisiert und westlichen Linken enttäuscht teilte Taleb A. schließlich Überzeugungen aus dem ultrarechten Spektrum der AfD und glaubte an eine großangelegte Verschwörung, die darauf abzielt, Deutschland zu islamisieren. Seine wahnhaften Vorstellungen gingen so weit, dass er annahm, selbst islamismuskritische Organisationen seien Teil der islamistischen Verschwörung. Eine Aktivistin der Säkularen Flüchtlingshilfe hatte bereits im vergangenen Jahr Strafanzeige gegen Taleb A. eingereicht und die Staatsanwaltschaft vor einem Anschlag gewarnt, den dieser vorbereiten würde. Das LKA Sachsen-Anhalt kam in seiner Bewertung jedoch zu dem Schluss, dass von Taleb A. keine konkrete Bedrohung ausgehe – zu Unrecht, wie der verhängnisvolle Anschlag in Magdeburg gezeigt hat.

Hier finden Sie das Statement der gbs vom 21.12.2024 im Originalwortlaut.


gbs-Jahresrückblick 2024

Wird die Menschheit ihrer globalen Verantwortung gerecht?

2024 widmete sich die Giordano-Bruno-Stiftung dem Schwerpunktthema »Die Menschheit im Anthropozän« und betonte, dass es nur diese EINE Menschheit gibt, die diese EINE Biosphäre auf ihrem Heimatplaneten sinnvoll gestalten muss. Die Kriege in der Ukraine und in Nahost sowie der erneute Siegeszug Donald Trumps in den USA deuten darauf hin, dass die Menschheit möglicherweise an dieser globalen Herausforderung scheitern wird. Doch es gab 2024 auch Hoffnungsschimmer, die in eine progressivere Richtung weisen.

Lesen Sie hier den Jahresrückblick 2024 der Giordano-Bruno-Stiftung.


Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.

    
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