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Newsletter vom 15.10.2024


»Kann Philosophie die Welt verändern?«

Die aktuelle Ausgabe des »bruno.«-Jahresmagazins beschäftigt sich mit brennenden Fragen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Vor 20 Jahren wurde die Giordano-Bruno-Stiftung gegründet. Das »bruno.«-Jahresmagazin nimmt dies zum Anlass, um an einen ihrer zentralen Impulsgeber (Karlheinz Deschner) zu erinnern, die bewusstseinsverändernde Macht der Bilder, Philosophie und Rechtspolitik zu ergründen und darzulegen, dass die Menschheit möglicherweise doch zu mehr noch taugen könnte als bloß zu einem »geologischen Ereignis«, das die Klimaerwärmung ausgelöst hat.

Als die Giordano-Bruno-Stiftung 2004 ihre Arbeit aufnahm, erwartete niemand, dass sie sich innerhalb kürzester Zeit zu einer maßgeblichen Kraft im säkularen Spektrum entwickeln würde. Doch der Zeitpunkt war günstig – drei Jahre nach den Anschlägen des »11. September« sowie drei Jahre vor dem sogenannten »Kreuzzug der neuen Atheisten«. Schon 2007 hieß es in einer Titelgeschichte des »Spiegel«: »Die Giordano-Bruno-Stiftung ist das geistige Oberhaupt all derjenigen, die geistigen Oberhäuptern nicht trauen.«

Die erste größere Veranstaltung, welche die gbs 2004 organisierte, war der Festakt zum 80. Geburtstag des Kirchenkritikers Karlheinz Deschner, der eine bedeutende Rolle bei der Gründung der gbs spielte und im aktuellen bruno.-Heft anlässlich seines 100. Geburtstags ausführlich portraitiert wird. Bereits bei dieser ersten Veranstaltung arbeitete die gbs eng mit Ricarda Hinz und Jacques Tilly zusammen, die mit ihren aufsehenerregenden Filmen und Skulpturen wesentlich zum Erfolg der Stiftung beigetragen haben, wie das Interview mit den beiden im neuen »bruno.« zeigt (»Die Macht der Bilder«).

Obgleich die gbs ursprünglich vor allem als religionskritische Organisation wahrgenommen wurde, war es nie ihr Ziel, einen »neuen Atheismus« zu propagieren. Vielmehr ging es der Stiftung um die Entwicklung eines »neuen (evolutionären) Humanismus«, der sich sowohl an den Erkenntnissen der empirischen Wissenschaften als auch an den Werten der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte« orientiert. Eine solche Philosophie ist nicht für den Elfenbeinturm gedacht, sondern hat den Anspruch, »die Welt zu verändern«. Dies bringt auch das Interview zum Ausdruck, das für die aktuelle Ausgabe mit Svenja Flaßpöhler (»Philosophie Magazin«), Ulla Wessels und Michael Schmidt-Salomon (gbs-Vorstand) anlässlich der Premiere des Philosophie-Festivals »Philo.live« geführt wurde.

In augenfälliger Weise manifestiert sich der Praxisbezug des evolutionären Humanismus in der Erfolgsgeschichte des »Instituts für Weltanschauungsrecht« (ifw), die bereits zu nachhaltigen Veränderungen des deutschen Rechtssystems geführt hat (etwa zur Aufhebung der §§ 217 und 219a StGB) und die ebenfalls im Magazin dokumentiert wird. Könnte eine angemessene philosophische Reflexion auch zu einer zukunftstauglicheren Interpretation des »Anthropozäns« führen? Dies wäre, wie die Titelgeschichte »Die Menschheit im Anthropozän« zeigt, durchaus möglich, wenn sie darauf abzielt, den Menschen, statt als notorischen »Umweltschädling«, auch als potenziellen »Umweltnützling« zu betrachten, der einen »positiven Fußabdruck« in der Welt hinterlassen kann.

Wie in den vorangegangenen Jahren findet man im aktuellen »bruno.«-Magazin eine »Chronik der wichtigsten Ereignisse« (u.a. die Reise des »Hängemattenbischofs« vor die Tore des Vatikans) sowie eine Aufstellung der Stiftungsfinanzen, die auf Heller und Pfennig ausweist, wofür die gbs ihre Mittel verwendet hat. Das 84-seitige «bruno.«-Jahresmagazin, das abermals nach den Richtlinien des »Cradle to Cradle«-Konzepts gedruckt wurde, wird von der Giordano-Bruno-Stiftung kostenfrei vertrieben. Rund 7.000 Exemplare der aktuellen Printausgabe werden direkt an die »bruno.«-Abonnent*innen verschickt.

Sollten Sie ebenfalls an einem kostenfreien Exemplar der Printversion interessiert sein, können Sie das »bruno.«-Magazin ab dem 28. Oktober über das gbs-Sekretariat bestellen. Zusätzlich kann das Magazin digital über diesen Link als pdf-Dokument heruntergeladen werden. Die »bruno.«-Ausgaben der vorangegangenen Jahre sind weiterhin über die gbs-Website verfügbar.


Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters stiftet »Göthe«-Schülerpreis: Jetzt mitmachen!

Bis zum 31.12. können Schülerinnen und Schüler ihre Arbeiten einreichen

In diesem Jahr wird erstmalig der bundesweite »GöthE«-Schülerpreis ausgeschrieben. Dabei steht »GöthE« für »Götterfreie Humanistische Ethik«. Stifter des Preises ist die »Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland«, die auch Mitglied im Förderkreis der Giordano-Bruno-Stiftung ist.

Bis zum 31.12. können Schülerinnen und Schüler (sowohl als Einzelpersonen als auch in Gruppen) Arbeiten einreichen, die ethische Fragen der Gegenwart beleuchten, Grundsätze der eigenen Lebensführung hinterfragen und Begründungen für humanistische Werte entwickeln, ohne dabei auf religiöse Vorstellungen zurückzugreifen. Denkbar sind zum Beispiel Arbeiten, die sich mit Fragen der Religionskritik, des Humanismus, der individuellen Selbstbestimmung, der sozialen Gerechtigkeit, der Toleranz und ihren Grenzen oder des Unterschieds von Wissen und Glauben beschäftigen. Ausdrücklich erlaubt sind auch Religionssatiren sowie Beiträge zu religionskritischen Philosoph*innen und Wissenschaftler*innen von Epikur bis zu Richard Dawkins.

Die Schüler*innen und Schüler können dabei über das Format ihrer Einreichungen selbst bestimmen. Möglich sind sowohl Textbeiträge als auch Videos, Grafiken, Songs, Artikel aus Schülerzeitungen oder Schulhofaktionen. Zu gewinnen sind Preise in Gesamthöhe von 1000 Euro. In der Preisjury sitzen u.a. der Philosoph Michael Schmidt-Salomon (Vorsitzender der Giordano-Bruno-Stiftung) sowie die Pädagogin Astrid Erdmann (Fachausbilderin für Ethikdidaktik an der Lehrerausbildungsstätte Leipzig). Alle Infos zum »GöthE«-Schülerpreis gibt es auf der Website schuelerpreis.de.


»Wir wollen auch die Konfessionsfreien sichtbar machen«

Der Bundesbeauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Gespräch mit säkularen Verbänden

Auf Einladung des Bundesbeauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe (SPD), fand am 9. September 2024 ein Fachgespräch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) statt. Neben Philipp Möller (Zentralrat der Konfessionsfreien), Mina Ahadi (Zentralrat der Ex-Muslime), Dustin Altermann (Säkulare Flüchtlingshilfe), Michael Schmidt-Salomon (Giordano-Bruno-Stiftung) sowie Carmen Wegge und Sabine Smentek (Arbeitskreis Säkularität und Humanismus  der SPD) brachte sich auch der frühere Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats Heiner Bielefeldt in die Debatte ein.

»Wir haben mein Amt, das unter der Vorgängerregierung mit dem Fokus auf die Religionsfreiheit eingerichtet worden ist, ganz bewusst um den Begriff der Weltanschauungsfreiheit erweitert«, erklärte Frank Schwabe zu Beginn des Gesprächs, »denn wir wollen auch die Konfessionsfreien sichtbar machen.« Beim Schutz der Religionsfreiheit gehe es nicht nur um das Recht auf Religiosität, pflichtete Heiner Bielefeldt ihm bei, sondern auch um das Recht, frei von Religion zu sein. 

»Die Gruppe der Religiösen wird nicht nur in Deutschland rapide kleiner«, stellte Philipp Möller fest. »Säkularisierung ist ein Megatrend, der in den künftigen Berichten der Bundesregierung untersucht und repräsentiert werden sollte.« So könne dargestellt werden, dass Konfessionsfreie in weiten Teilen der Welt zwar eine große und teilweise sogar die größte Bevölkerungsgruppe darstellen, sie aber oft religiös vereinnahmt, unterdrückt oder gar mit dem Tode bedroht werden.

Diese Aussage unterstützte Mina Ahadi mit Berichten aus Ihrer einstigen Heimat Iran, aus der sie vor dem Mullah-Regime fliehen musste, aber auch mit Erfahrungen anderer Mitglieder aus dem Zentralrat der Ex-Muslime. »Auch in Deutschland können sich bekennende Ex-Muslime leider nicht sicher fühlen«, erklärte Ahadi. »Deshalb verstehen wir nicht, warum die deutsche Politik bevorzugt mit Vertretern eines repressiven bis radikalen Islam zusammenarbeitet.« Zudem wundere sie sich über die Angabe aus dem letzten Bericht der Bundesregierung, nach dem 99,4 Prozent der Menschen im Iran dem Islam angehören.

Dazu verwies Michael Schmidt-Salomon auf die Diskrepanz zwischen den Angaben der iranischen Regierung und Befragungen der Bevölkerung. »Rund 70 Prozent der Menschen im Iran sind laut unabhängigen Umfragen nicht religiös, aber sie müssen starke Repressalien fürchten, wenn dies bekannt wird. Für solche Menschen sollte sich die Bundesregierung im Iran, aber auch weltweit stärker einsetzen.« In diesem Zusammenhang berichtete er auch von der mangelnden Unterstützung deutscher Behörden im Kampf für die Freiheit des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi. 

Am Beispiel eines laufenden Strafverfahrens gegen drei Exil-Iraner in Hamburg schlug Schmidt-Salomon schließlich die Brücke zwischen den hiesigen Privilegien der Religionsgemeinschaften und einer ungünstigen Vorbildfunktion Deutschlands in der Welt: »Das iranische Mullah-Regime nutzt den deutschen ›Gotteslästerungsparagrafen‹, um Menschen hierzulande wegen Religionskritik anzuzeigen. Solange Paragraf 166 noch im Strafgesetzbuch steht, kann Deutschland die Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Ausland nicht glaubhaft vertreten.«

In diesem Punkt stimmte Heiner Bielefeldt den säkularen Verbänden zu: »Das sogenannte Blasphemieverbot ist mindestens missverständlich und offenbar auch missbräuchlich«, ergänzte er und sprach sich für die Aufhebung der Strafnorm aus. Carmen Wegge (MdB) berichtete, dass inzwischen auch ein Gutteil des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags die Auffassung vertrete, der § 166 StGB solle gestrichen werden. Ob diese Forderung der »Free Charlie!«-Kampagne tatsächlich umgesetzt werde, hänge allerdings noch von der Akzeptanz der Religionsgemeinschaften in Deutschland ab, unter denen es teils heftigen Widerstand gebe.

Lesen Sie den vollständigen Bericht über das Treffen auf der gbs-Website...


Keine Fördergelder für das humanistische Bertha von Suttner-Studienwerk

BvS reicht Gleichstellungsklage gegen die Entscheidung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein

Der Antrag des Bertha von Suttner-Studienwerks (BvS) auf Anerkennung und finanzielle Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wurde abgelehnt. Diese Entscheidung steht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Gleichbehandlung, die im Grundgesetz verankert sind.

Seit seiner Gründung im Jahr 2021 durch den Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), die Humanistische Akademie Deutschland (HAD) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender (BAG) fördert das BvS besonders begabte Studierende und Promovierende, die sich mit den Grundwerten einer humanistischen Weltanschauung identifizieren.

Im Mai dieses Jahres hat das BvS einen Antrag auf Anerkennung und finanzielle Förderung durch das BMBF gestellt. Damit hat es zugleich die grundgesetzlich gebotene Gleichbehandlung von nicht-religiösen und religiösen Studierenden und Promovierenden eingefordert. Diesen Antrag hat das BMBF abgelehnt – ungeachtet seines Anspruchs, »die verschiedenen weltanschaulichen, religiösen, politischen, wirtschafts- oder gewerkschaftsorientierten Strömungen in Deutschland« abzubilden: Das BvS, das mit seinen Zielen und seinem Programm im Einklang mit den Fördergrundsätzen des BMBF steht, soll »mangels Bundesinteresse« (!) weder Anerkennung noch finanzielle Förderung erhalten.

Gegen den Bescheid hat das BvS nun rechtliche Schritte eingeleitet und Klage beim Verwaltungsgericht in Köln erhoben. Die Aussichten auf Erfolg sind gut. Doch mit einer endgültigen Entscheidung rechnet das BvS erst in mehreren Jahren.

Unberührt von der Klage führt das BvS seine Tätigkeit fort. Es fördert auch weiterhin begabte junge Menschen, die in humanistischer Geisteshaltung ihre Talente und Fähig­keiten in den Dienst von Wissenschaft und Gesellschaft stellen. Die Nachfrage ist weiterhin hoch: Bei der aktuellen Ausschreibung des »Suttner-Stipendiums 2024« sind über 250 Bewerbungen beim Studienwerk eingegangen, wie das BvS auf seiner Website berichtet...


Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.

    
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