Newsletter vom 19.12.2025
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Collage: Florian Chefai
- gbs-Jahresrückblick 2025: Ist der Humanismus noch zu retten?
- GEW plädiert für »bekenntnisfreie Schulen«: Ein wichtiger Schritt hin zu einem integrationsfördernden Bildungssystem
- »Ein unermüdlicher Streiter für die Freiheit«: Nachruf auf Ludwig A. Minelli
- »Gedenkstätte für die Opfer des Islamismus«: Bündnis fordert zivile Nutzung des Geländes des (seit 2024 verbotenen) »Islamischen Zentrums Hamburg«
- Kurz notiert: Neue Website des 11. Gebots, Filmprojekt zur Philosophie von Frajo Wetz, Scientific Temper, Wissenschaftskalender der gbs Rhein-Neckar
- Die nächsten Termine
gbs-Jahresrückblick 2025
Ist der Humanismus noch zu retten?
»Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren«, heißt es in der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte«. Doch diese universalistische, humanistische Norm wird zunehmend von autoritären Regierungen und Bewegungen angegriffen, die religiös-nationalistische Identitäten ins Zentrum der Politik rücken. Gegen diese Gruppenideologien richtete sich das diesjährige gbs-Schwerpunktthema »Mein Kopf gehört mir!«, das aktueller kaum hätte sein können, wie der Rückblick auf die wichtigsten Stiftungsaktivitäten 2025 zeigt.
Hervorzuheben sind dabei u.a. die Stiftungsaktivitäten im Fall des Lippstädter Chefarztes Joachim Volz, die zu einer Wiederbelebung der tot geglaubten Debatte über den Schwangerschaftsabbruch führten und ein starkes Gegengewicht zu den Bestrebungen christlicher Nationalisten bilden, die über den Kampf gegen Abtreibung die Freiheitsrechte der offenen Gesellschaft untergraben wollen.
Ebenso bedeutsam war 2025 die gelungene Etablierung des »AK Polis«, der Ende Januar an die Öffentlichkeit ging. Schon im Juli bezeichnete Christoph de Vries (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern (BMI), den AK als »Leuchtturm in der Zusammenarbeit«. Im November richtete das Bundesinnenministerium als ständiges Gremium einen »Beraterkreis Islamismusprävention und Islamismusbekämpfung« ein, dem einige Mitglieder des AKs angehören. Kurz zuvor hat das BMI mit dem Verbot von »Muslim Interaktiv« eine weitere Forderung aus der Gründungsresolution des AK Polis erfüllt, nämlich die Bekämpfung des sogenannten »TikTok-Islamismus«.
Besonders hervorzuheben ist auch die erfolgreiche Arbeit des »Zentralrats der Konfessionsfreien«, der die Aktivitäten des AK Polis maßgeblich unterstützte und die Debatte um den gemeinsamen Ethikunterricht an »bekenntnisfreien Schulen« enorm voranbrachte (siehe unten). Am 11. September veranstaltete der Zentralrat den ersten säkularen »Parlamentarischen Abend« im Kaisersaal des Bundestags (u.a. mit den SPD-Politikerinnen Kathrin Michel und Carmen Wegge, dem religionspolitischen Sprecher der Unionsfraktion Norbert Altenkamp und dem Verfassungsrechtler Horst Dreier). Auch bei der offiziellen Feier zum »Tag der Deutschen Einheit«, die vom 2. bis 4. Oktober in Saarbrücken stattfand, war der Zentralrat mit einem eigenen Stand vertreten und konnte wertvolle Kontakte knüpfen.
Festzuhalten ist, dass mit der »autoritären Bedrohung« auch das Aufgabenspektrum der Stiftung gewachsen ist. Erfreulicherweise hat sich die gbs im vergangenen Jahr sowohl organisatorisch als auch finanziell weiterentwickeln können, so dass wir (mit Blick auf die Stiftung) optimistisch in die Zukunft blicken. Wir danken allen Spenderinnen und Spendern, Zustifterinnen und Zustiftern für ihre Unterstützung, ohne die die vielfältigen Aktivitäten der gbs und ihres Umfeldes gar nicht möglich wären!
Lesen Sie hier den ausführlichen gbs-Jahresrückblick 2025...
GEW plädiert für »bekenntnisfreie Schulen«
Ein wichtiger Schritt hin zu einem integrationsfördernden Bildungssystem
»Gemeinsam Ethik statt getrennt Religion«, lautet eine bildungspolitische Kernforderung der Giordano-Bruno-Stiftung und des Zentralrats der Konfessionsfreien. Möglich wäre dies nach Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes nur in sogenannten »bekenntnisfreien Schulen«. Umso erfreulicher ist daher die Nachricht, die die gbs am 4. Dezember auf ihrer Website veröffentlichen kann. Denn daraus geht hervor, dass die Einrichtung »bekenntnisfreier Schulen« nun auch von der »Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft« (GEW) vorangetrieben wird, der bundesweit einflussreichsten Interessenvertretung im Bildungsbereich.
Dieser Erfolg ist nicht zuletzt dem Zentralrat der Konfessionsfreien zu verdanken, der 2025 in Sachen »Bekenntnisfreie Schule« zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Politik und der Gewerkschaften führte. Dass sich die größte Bildungsgewerkschaft Deutschlands nun hinter die Forderung nach einer bekenntnisfreien Schule und einem gemeinsamen Ethikunterricht stellt, also genau das Ziel verfolgt, das die gbs Anfang Januar im Rahmen ihres Schwerpunktthemas dargelegt hat, ist sicherlich eines der Highlights der vergangenen 12 Monate.
Weitere Informationen dazu findet man auf der gbs-Website...
Ein unermüdlicher Streiter für die Freiheit
Nachruf auf Ludwig A. Minelli
Der Schweizer DIGNITAS-Gründer, gbs- und ifw-Beirat Ludwig A. Minelli ist am 29. November in genau der Weise gestorben, in der er auch gelebt hatte: selbstbestimmt. In einem sehr persönlich gehaltenen Nachruf erinnerte Michael Schmidt-Salomon an seinen Stiftungskollegen, langjährigen Mitstreiter und Freund. Darin heißt es u.a.: »Es gibt so vieles, was ich vermissen werde – nicht nur seine hilfreichen Kommentare zu meinen Texten, sondern auch seine ungewöhnlichen Beiträge auf unseren Beiratstreffen, seine listigen Ideen, wie man die Prinzipien von Humanismus und Aufklärung weiter verbreiten könnte, seinen spitzbübischen Humor, seine Klugheit und auch die leckere Schokolade, die er so gerne aus der Schweiz mitbrachte und großzügig unter den Anwesenden verteilte. Wir werden Ludwig A. Minelli, diesen unermüdlichen, gewitzten, hartnäckigen Streiter für Freiheit und Gerechtigkeit, in liebevoller Erinnerung behalten.«
Lesen Sie hier den Nachruf auf Ludwig A. Minelli...
»Gedenkstätte für die Opfer des Islamismus«
Bündnis fordert zivile Nutzung des Geländes des (seit 2024 verbotenen) »Islamischen Zentrums Hamburg«
In Hamburg fordert ein weltanschaulich plurales Bündnis, das beschlagnahmte Mullah-Zentrum an der Außenalster in eine »Gedenkstätte für die Opfer des Islamismus« umzuwandeln. Das Konzept »Fünf Pfeiler gegen Islamismus« umfasst eine Moschee für islamische Spiritualität unter verfassungskonformer Trägerschaft, eine Dokumentationsstelle Politischer Islam, einen Jugend-Bildungscampus sowie ein Jina-Kulturzentrum (benannt nach Jina Mahsa Amini, die 2022 im Iran wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Hidschab-Gesetz zu Tode kam).
Seit dem 16. Dezember macht eine Großflächen-Plakataktion im Hamburger Stadtzentrum die Forderung nach einer zivilen Nutzung des Geländes des seit 2024 verbotenen IZH sichtbar. Getragen wird die Initiative von einem weltanschaulich pluralen Bündnis, dem u. a. der (von der gbs unterstützte) Arbeitskreis Politischer Islam (AK Polis), die Kulturbrücke Hamburg, die Kurdische Gemeinde Deutschland (KGD), das Säkulare Forum Hamburg, der Verein »Säkularer Islam Hamburg«, der Zentralrat der Ex-Muslime sowie die Initiative »International Women in Power« (IWP) angehören.
Zum Hintergrund: Das »Islamische Zentrum Hamburg« (IZH) agierte bis zu seinem Verbot im Juli 2024 »als direkte Vertretung des iranischen ›Obersten Revolutionsführers‹ in Deutschland« – so das Bundesinnenministerium (BMI) in seiner Verbotsverfügung –, also von Ajatollah Ali Chamenei, der in der Islamischen Republik Iran die höchste geistliche Instanz und der Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Das Zentrum verbreitete die Ideologie der »Islamischen Revolution« in »aggressiv-kämpferischer Weise« und zielte auf die Errichtung einer autoritär-theokratischen Herrschaft anstelle der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab; zudem verbreitete es »aggressiven Antisemitismus«, handelte »gegen den Gedanken der Völkerverständigung« und unterstützte die in Deutschland mit Betätigungsverbot belegte Terrororganisation »Hizb Allah«.
Lesen Sie die vollständige Mitteilung des Bündnisses auf der gbs-Website bzw. auf der Website des AK Polis...
Kurz notiert
Neue Website des 11. Gebots: Zum 11-jährigen Bestehen des gbs-Projekts »11. Gebot« (»Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen!«) hat das Aktionsteam um David Farago eine neue Website an den Start gebracht. Sie berichtet nicht nur von den Aktionen mit dem Kirchentags-Moses, sondern u.a. auch von den öffentlichkeitswirksamen Auftritten des »Hängemattenbischofs« (»Die schonungslose Aufarbeitung des Missbrauchsskandals«) des »Eichelbischofs« (»Das Kernproblem der katholischen Kirche«), des »Klammer-Woelkis« und des »Nackten Luthers«. Direkter Link: https://11tes-gebot.de/
Filmprojekt zur Philosophie von Frajo Wetz: Was kommt nach dem Kinofilm »Sterben ohne Gott«? Filmemacher Moritz Terwesten dreht jetzt einen Film, den es so noch nie gab: »Der Übersehene« bringt den Philosophen Franz Josef Wetz (gbs-Beirat) mit Richard Dawkins, Sam Harris und den schärfsten Denkern unserer Zeit zusammen – für einen Kinofilm über die größte aller Fragen: Warum existiert überhaupt etwas und nicht nichts? Die Gesprächspartner lesen sich wie das Who-is-Who des säkularen Denkens: Richard Dawkins, Sam Harris, Lawrence Krauss, Susan Blackmore, Neil deGrasse Tyson. Sie alle treffen auf einen deutschen Philosophen, von dem die meisten noch nie gehört haben – und dessen Ideen sie herausfordern werden. Der Kinostart ist für Ende 2026 geplant.
Ab sofort kann man den Film per Crowdfunding unterstützen. Das Projekt entsteht in Kooperation mit der Giordano-Bruno-Stiftung und wird vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA), der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) und dem Humanistischen Pressedienst (hpd) unterstützt. Weitere Infos zu dem Projekt gibt es auf der Website zum Film...
Scientific Temper: Seit 2024 arbeitet die gbs mit der neuen skeptischen Organisation »Scientific Temper« zusammen, die vom ehemaligen, langjährigen Vorsitzenden der GWUP Amardeo Sarma geleitet wird. Die gemeinnützige GmbH hat auf ihrer Website nun den ersten Jahresbericht vorgestellt. Parallel dazu hat Sarma das Buch »Scientific Temper: Eine Verteidigung wissenschaftlichen universellen Denkens« im Alibri Verlag veröffentlicht. Eine profunde Analyse von Wissenschaft, Pseudowissenschaft und Anti-Wissenschaft, die nicht zuletzt auch mit Blick auf aktuelle wissenschaftsfeindliche Entwicklungen (etwa in den USA) verdeutlicht, wodurch sich eine kritische, rationale, evidenzbasierte Haltung zur Welt (»Scientific Temper«) auszeichnet. Unbedingt empfehlenswert! (Apropos empfehlenswert: Im Alibri Verlag sind in den vergangenen Wochen gleich mehrere interessante Bücher erschienen. Ein Blick auf die Neuerscheinungen lohnt sich!)
Wissenschaftskalender der gbs Rhein-Neckar: Insbesondere für die »Wissenschafts-Nerds« unter unseren Abonnent*innen könnte auch der Jahreskalender 2026 der gbs-Regionalgruppe (gbs) Rhein-Neckar interessant sein. Der Kalender stellt die wichtigsten der rund 40 Naturkonstanten vor und zeigt Gründe auf, warum ihnen diese Bedeutung zugewiesen wird. Es geht dabei um die Lichtgeschwindigkeit und ihre absolute Geschwindigkeitsbegrenzung, die Masse des Elektrons und die Elementarladung, die Feinstrukturkonstante, die Planck-Konstante, die Gravitationskonstante, die Boltzmann-Konstante, die Avogadro-Konstante sowie die Kosmologische Konstante. Auch die Frage der Genauigkeit und Konstanz der Naturkonstanten wird aufgegriffen: Warum liegen diese Konstanten in dieser oder jenem Wertebereich? Nimmt man ein Multiversum an, in dem unser Universum eins von vielen ist, heißt die Antwort einfach: Weil es zufällig die richtigen sind… Weitere Infos dazu (inkl. Bestellmöglichkeit) findet man auf dem Portal des Humanistischen Pressedienstes (hpd)...
Die nächsten Termine
Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.
Mit freundlichen Grüßen
Das gbs-Newsletter-Team
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