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Newsletter vom 4.12.2024

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(Foto: Sabrina Gröschke / Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, leicht verändert)


»Abtreibung legalisieren – jetzt!«

Großdemos am 7. Dezember in Berlin und Karlsruhe

Durch den Bruch der Ampelkoalition ist es fraglich, ob es tatsächlich zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs kommt, die nach 30 Jahren Debattenstillstand möglich erschien. Davon lassen sich die rund 100 Organisationen jedoch nicht entmutigen, die für den 7. Dezember zu Großdemos aufgerufen haben. Gestützt wird ihr Anliegen durch Bundestagsabgeordnete, die den Schwangerschaftsabbruch doch noch bis zur nächsten Bundestagswahl legalisieren wollen.

Der § 218 StGB kriminalisiert ungewollt Schwangere und verletzt ihr Recht auf reproduktive Selbstbestimmung. Deshalb fordern die rund 100 Organisationen, die zu den Demos in Berlin und Karlsruhe aufgerufen haben (u.a. Amnesty International, das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, pro familia und die Giordano-Bruno-Stiftung): »Legalisiert Abtreibungen jetzt! Streicht § 218 aus dem Strafgesetzbuch und sorgt für die vollständige Kostenübernahme für alle!«

Parallel zum Demoaufruf wurde bekannt, dass 236 Bundestagsabgeordnete einen Versuch gestartet haben, den Schwangerschaftsabbruch bis zur nächsten Bundestagswahl zu legalisieren. Daraufhin hat eine breite Allianz aus 73 Verbänden (zu denen auch die gbs gehört) die noch unentschiedenen Parlamentarierinnen und Parlamentarier dazu aufgefordert, den interfraktionellen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ebenfalls zu unterstützen.

Der Vorsitzende der Giordano-Bruno-Stiftung Michael Schmidt-Salomon erklärte dazu: »Der aktuelle Gesetzentwurf enthält zwar längst nicht alles, was die Kampagne zur Abschaffung des § 218 StGB als notwendig erachtet hat. Aber in der Kürze der Zeit wird sich wohl kein anderer, weitergehender Vorschlag durchsetzen lassen. Immerhin: Dass der selbstbestimmte Schwangerschaftsabbruch nicht mehr im Strafgesetzbuch, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt wird, und die Kosten für den Abbruch von den Krankenkassen übernommen werden sollen, wäre ein bedeutender Fortschritt gegenüber der jetzigen Rechtslage. Diese historische Chance sollten sich die Mitglieder des Deutschen Bundestags nicht entgehen lassen: Im Idealfall könnte der alte § 218 StGB schon sehr bald Geschichte sein!«

Die beiden Demos am 7.12.2024 beginnen jeweils um 13.00 Uhr. Startpunkt in Berlin ist der Alexanderplatz, die Demo in Karlsruhe startet am Kronenplatz. Weitere Infos zum Thema findet man auf der gbs-Website hier und hier.


»Weltanschauungsfreiheit weltweit stärken!«

Giordano-Bruno-Stiftung begrüßt die jüngste Veröffentlichung des Bundesbeauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit

Frank Schwabe (SPD) möchte »gezielt zur Stärkung der Weltanschauungsfreiheit beitragen«, da »nicht nur religiöse Menschen, sondern auch Atheistinnen und Atheisten, Humanistinnen und Humanisten Opfer von Verfolgung und Diskriminierung« werden. Die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) bewertet die jüngste Veröffentlichung des Beauftragten der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit als »ausgesprochen positiv«.

Lange Zeit haben deutsche Behörden die religiöse Verfolgung nichtreligiöser Menschen ignoriert. Ein Grund dafür war, dass sie sich auf das Recht auf positive Religionsfreiheit (also das Recht, einer Religion anzugehören) konzentrierten und dabei das Recht auf Weltanschauungsfreiheit (etwa das Recht, weltliche gegenüber religiösen Orientierungssystemen vorzuziehen) weitgehend ausblendeten. Bevor Frank Schwabe das Amt übernahm, trug seine Stabstelle daher auch nur den Titel »Beauftragter für Religionsfreiheit«, was der neue Amtsinhaber sogleich durch den Begriff der »Weltanschauungsfreiheit« ergänzte. In der aktuellen Broschüre »Weltanschauungsfreiheit weltweit stärken!« erläutert Schwabe nun, was er unter diesem Begriff versteht.

Erfreulicherweise belässt es der Bundesbeauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit nicht bei diesen abstrakten Formulierungen, sondern geht u.a. auf die besondere Problemlage säkularer Flüchtlinge in Deutschland ein: »Vor allem in vielen islamischen Ländern werden bekennende Atheistinnen und Atheisten verfolgt. In Deutschland werden Asylsuchende bedroht, die nicht an Gott glauben. Geflohene, die wegen ihres Atheismus in ihrem Heimatland unter Diskriminierung und Verfolgung leiden, werden in der Regel nicht als eine Gruppe mit eigenen Anliegen wahrgenommen. Diese Menschen benötigen Schutz, wenn sie in der Flüchtlingsunterkunft bedroht und eingeschüchtert werden…«

Am 9. September hatte sich Frank Schwabe mit Vertreterinnen und Vertretern säkularer Organisationen (u.a. gbs, Säkulare Flüchtlingshilfe, Zentralrat der Konfessionsfreien, Zentralrat der Ex-Muslime) zu einem Fachgespräch getroffen. In der Broschüre listet er nun zentrale Forderungen der Verbände auf (etwa die konsequente weltanschauliche Neutralität des Staates, die Gleichstellung nicht-religiöser Organisationen mit den Kirchen, die Vereinheitlichung des Arbeitsrechts, die Einstellung der Staatsleistungen oder die Gleichbehandlung in den öffentlich-rechtlichen Medien), von denen Schwabe meint, dass sie es verdienen, »ernsthaft gesellschaftlich und politisch diskutiert und entschieden zu werden«.

Lesen Sie weiter auf der Website der Giordano-Bruno-Stiftung...


»Sinnerfüllt«

Giordano-Bruno-Stiftung startet monatliches Interview-Format zu humanistischen Lebensgeschichten

Die Giordano-Bruno-Stiftung erweitert ihr Medienangebot um ein neues Audio-Format: Der Podcast »SINNERFÜLLT: Humanistische Lebensgeschichten« lädt ab sofort zu persönlichen Begegnungen mit Menschen ein, die humanistische Werte in ihrem Leben und Wirken verkörpern. Anders als theoretische Abhandlungen stellt das Format die individuellen Erfahrungen und Biografien in den Mittelpunkt.

In authentischen Gesprächen berichten die Gäste von ihren Lebenswegen, Überzeugungen und ihrem Engagement – sei es auf dem Gebiet der Menschenrechte oder der Religionskritik. Der Podcast richtet sich dabei nicht nur an überzeugte Humanisten, sondern auch an Menschen, die auf der Suche nach Sinn und ethischer Orientierung sind.

Die erste Folge mit dem Titel »Der lange Schatten des Glaubens« präsentiert die Geschichte von Laura-Madeleine, die einen bemerkenswerten Weg der weltanschaulichen Selbstbestimmung gegangen ist. Im Gespräch schildert sie ihren schwierigen, aber befreienden Bruch mit dem streng-religiösen Umfeld ihrer Kindheit und Jugend. Ihr Weg führte sie von religiöser Indoktrination zu einem Leben, das sich an wissenschaftlicher Evidenz und ethischer Verantwortung orientiert. Die Episode zeigt eindrücklich, wie die Befreiung von alten Dogmen zu neuen Horizonten führen kann – aber auch die inneren Herausforderungen, die zu bewältigen sind.

»Mit diesem neuen Format möchten wir zeigen, wie vielfältig gelebter Humanismus sein kann«, erklärt Susanne Bell, Host und Redakteurin von »SINNERFÜLLT«. »Die persönlichen Geschichten machen greifbar, wie humanistische Werte im Alltag gelebt werden können.« Für die kommenden Monate sind bereits zahlreiche spannende Interviews aufgezeichnet worden, die jeweils zur Monatsmitte erscheinen werden. Unter anderem erwarten die Hörerinnen und Hörer ergreifende Gespräche mit der Islamkritikerin Mina Ahadi und dem Nordkorea-Experten Nicolai Sprekels.

Der Podcast ist aktuell auf Spotify und Amazon Music verfügbar. Weitere Plattformen werden in Kürze folgen.


Die Kirche vor Gericht

»Hängemattenbischof« unterstützt Schmerzensgeldklage gegen das Bistum Hildesheim

Jens Windel wurde zwischen seinem neunten und elften Lebensjahr in rund 90 Fällen von einem katholischen Pfarrer missbraucht, der bereits 20 Jahre zuvor auffällig geworden war und von der Kirche insgesamt fünfmal versetzt wurde. Um dem wegweisenden Schmerzensgeldprozess vor dem Landgericht Hildesheim die notwendige Aufmerksamkeit zu verschaffen, war die gbs-Aktionsgruppe »11. Gebot« mit dem »Hängemattenbischof« vom 6. bis 8. November in Hildesheim vor Ort.

In dem Zivilprozess von Jens Windel gegen das Bistum geht es um einen besonders schweren Fall von sexueller Nötigung, nämlich der mehrfachen Penetration eines minderjährigen Messdieners. Möglich wurden diese Verbrechen nur durch die Vertuschungstaktik der katholischen Kirche, die den längst auffällig gewordenen Straftäter deckte und ihm weiterhin Zugang zu Kindern und Jugendlichen verschaffte. Der Pfarrer, der 2002 starb, ohne jemals strafrechtlich belangt worden zu sein, kann für seine Taten nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden – wohl aber die katholische Kirche, die ihre »Dienstaufsicht« in gröbster Weise verletzte, zu der sie als »Körperschaft des öffentlichen Rechts« in besonderem Maße verpflichtet ist.

Jens Windel, der durch den schweren Missbrauch in privater wie beruflicher Hinsicht nachhaltig geschädigt wurde, fordert vom Bistum eine Entschädigung in Höhe von mindestens 400.000 Euro plus Zinsen und Folgekosten. Die katholische Kirche, welche die Missbrauchstaten in einem kircheninternen Verfahren bereits anerkannt und zunächst eine erste, geradezu beleidigende Zahlung von 1.000 Euro (!) sowie später nach weiteren Anträgen eine – angesichts des erlittenen Schadens immer noch erschütternd geringe – Gesamtentschädigung von 50.000 Euro an Jens Windel geleistet hat, möchte dieser Forderung nicht nachkommen. Hierzu will sie den intern bereits anerkannten Missbrauch vor Gericht abstreiten und »Einrede auf Verjährung« erheben.

Für David Farago, Leiter der Aktionsgruppe »11. Gebot«, ist dies eine »Ungeheuerlichkeit ersten Ranges«: »Man muss sich das vor Augen führen: Eine Kirche, die für vorgebliche Enteignungen vor mehr als 200 Jahren Jahr für Jahr Hunderte Millionen vom deutschen Staat kassiert, weigert sich, Schmerzensgeld für Taten zu zahlen, die in ihrem Verantwortungsbereich vor gerade einmal 40 Jahren passiert sind! Hier sind wirklich alle Dimensionen verrutscht, zumal es ja vor allem an der kirchlichen Vertuschungstaktik gelegen hat, dass die Betroffenen erst so spät entschädigt werden können.«

Weitere Infos zum Thema findet man auf der gbs-Website...


Kurz notiert

Kritik am Deutschen Ethikrat: »Im Ethikrat sitzen auffällig viele Leute mit religiösem Hintergrund. Das ist bei Themen wie Sterbehilfe bedenklich«, heißt es in einem Artikel von Ralf Nestmeyer, der Mitte November in der TAZ erschienen ist: »Nahezu die Hälfte der Bundesbürger ist gegenwärtig konfessionslos. Dieser Umstand wird bei der Besetzung des Deutschen Ethikrats jedoch völlig ignoriert. Gerade bei kontroversen Themen wie der Sterbehilfe oder Fragen zu reproduktiven Rechten sollte auch die Perspektive konfessionsloser und säkularer Menschen vertreten sein. Ulla Wessels, die Praktische Philosophie an der Universität des Saarlandes lehrt und Vorstandsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung ist, wäre beispielsweise eine gute Wahl gewesen. Ohne die Berücksichtigung dieser Stimmen entsteht das Risiko ethischer Empfehlungen, die die Interessen und Überzeugungen eines großen Teils der Bevölkerung unberücksichtigt lässt.« (Direkter Link zum TAZ-Artikel)

Donald Trump und die »Internationale der Nationalisten«: Donald Trump wird abermals ins »Weiße Haus« einziehen. Die Gründe für seinen Wahlerfolg sind dieselben wie bei seiner ersten Kandidatur 2016. Die gbs reagierte auf die US-Wahl daher mit der auszugsweisen Veröffentlichung des Aufsatzes »Die offene Gesellschaft steht auf dem Spiel«, den gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon bereits Anfang 2017 für den Piper-Sammelband »Wir haben die Wahl« geschrieben hat. [Direkter Link zum Artikel]

Humanistisches Bildungs- und Begegnungszentrum in Konstanz: Nach mehrjähriger Planung eröffnet 2025 das deutschlandweit erste »Humanistische Bildungs- und Begegnungszentrum« (HBBK), das auf den Prinzipien des Evolutionären Humanismus beruht. Entwickelt wurde das Konzept des HBBK von der gbs Bodensee, die sich mit ihrer Idee im Rahmen eines mehrstufigen Ideenwettbewerbs der Stadt Konstanz durchsetzen konnte. Am 21. November entschied der Gemeinderat der Stadt Konstanz, das HBBK im Jahr 2025 mit knapp 15.000 Euro zu fördern. Bei zwei Enthaltungen stimmten fraktionsübergreifend 38 Gemeinderatsmitglieder der Projektumsetzung zu. »Mit der Förderung der Stadt Konstanz haben wir die einmalige Chance, den Konstanzer Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner für einen wissenschaftsbasierten Humanismus zur Seite zu stehen«, erklärte Alexander Wolber (Projektleiter und Vorsitzender der gbs Bodensee). »Wir freuen uns sehr über das Vertrauen, das uns vom Bürger- und Gemeinderat entgegengebracht wird. Denn Probleme lassen sich nicht ideologisch, sondern kritisch-rational lösen und davon sind wir gegenwärtig noch weit entfernt.« Lesen Sie den vollständigen Bericht auf dem Portal des Humanistischen Pressedienstes...

Jahreskalender der gbs Rhein-Neckar: Alle Jahre wieder bringt die gbs Rhein-Neckar in Kooperation mit der Zeitschrift CLB (Chemie in Labor und Biotechnik) einen wissenschaftlichen Tischkalender zum Aufstellen heraus. Der gerade erschienene Monatskalender für das Jahr 2025 beschäftigt sich mit der Frage: »Warum erst heutzutage Klima- und Umweltschutz?« Inzwischen sollte eigentlich hinreichend bekannt sein, wie wichtig es ist, natürliche Ressourcen zu schonen, wertvolle Materialien zu recyclen und die Atmosphäre möglichst gleichbleibend zu erhalten. Doch dies ist lange Zeit nicht gelungen – teils aus finanzieller Not heraus, teils auch aus Unkenntnis oder wegen fehlender technischer Hilfsmittel. Der Kalender zeigt, wie nach und nach Umwelt- und Klimaschutzgedanken aufgegriffen wurden und wo wir in dieser Frage heute stehen. Infos zum Kalender mit Bestellmöglichkeit gibt es auf der Website der gbs Rhein-Neckar...


Empfehlenswerte Bücher

Helmut Fink / Rüdiger Vaas (Hg.): Emporgeirrt! Evolutionäre Erkenntnisse in Natur und Kultur. Hirzel 2024. Zum 80. Geburtstag von gbs-Beirat Gerhard Vollmer ist bereits im August der schmale Band »Im Lichte der Evolution« (gbs-Schriftenreihe Band 9) erschienen. Sehr viel umfangreicher ist nun der Sammelband ausgefallen, den Helmut Fink und Rüdiger Vaas zu Ehren des renommierten Philosophen und Physikers im Hirzel-Verlag herausgegeben haben. Wie stark Vollmers Beiträge zur »evolutionären Erkenntnistheorie« bzw. zur »Einheit des Wissens« die Giordano-Bruno-Stiftung geprägt haben, lässt sich schon allein daran ablesen, dass die Hälfte der 20 Autoren des Buches aus dem gbs-Umkreis stammen. Die Beiträge des Bandes, die sich mit verschiedenen Aspekten der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie auseinandersetzen, zeugen nicht nur von großer Sachkenntnis, sondern auch von der Fähigkeit, komplexe Sachverhalte in verständlicher Weise zu vermitteln – so wie es Gerhard Vollmer in seinen Büchern und Vorträgen über Jahrzehnte hinweg praktiziert hat. Ein intellektuelles Vergnügen für all diejenigen, die an den Grundlagen des naturalistischen Weltbildes interessiert sind! (Direkter Link zur Website des Verlags)

Hans-Albert-Institut / Giordano-Bruno-Stiftung (Hg.): Wir irren uns empor! Eine Essay-Sammlung. Alibri 2024. »Aller guten Dinge sind drei!«, heißt es: Zum 80. Geburtstag von Gerhard Vollmer hatte das Hans-Albert-Institut in Kooperation mit der gbs und der Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender den Essay-Wettbewerb »Wir irren uns empor!« ausgeschrieben. Den Teilnehmenden wurde dabei die Möglichkeit gegeben, sich für eine von zwei Kategorien zu entscheiden: In der ersten Kategorie versammeln sich Beiträge zum Thema »Im Lichte der Evolution«, die sich mit den Grenzen und Möglichkeiten einer universellen Evolutionstheorie und deren Auswirkungen auf unser Welt- und Menschenbild befassen. In der zweiten Kategorie mit dem Motto »Fehlbarkeit als Chance« wurden Beiträge gesucht, die eine Revision von Auffassungen im Angesicht besserer Argumente oder neuer Erfahrungen beschreiben und analysieren. Die nun im Alibri-Verlag veröffentlichte Essay-Sammlung präsentiert die besten Beiträge des Wettbewerbs, die auf ebenso kluge wie kreative Weise die Fruchtbarkeit des evolutionären Denkens aufzeigen. (Direkter Link zur Website des Verlags)

Franz Josef Wetz: Staunen. Warum existiert überhaupt etwas? J.B. Metzler / Springer 2024. »Staunen ist das größte Kompliment, das wir der Wirklichkeit machen können!«, meint gbs-Beirat Franz Josef Wetz. Staunen kann man auch über dieses tiefe, philosophisch anspruchsvolle Buch, das eine ganz eigene Form der »Existenzphilosophie« entwickelt und bestens geeignet ist, Naturalisten, die seit jeher eine Abneigung gegenüber Ehrfurchtsgefühlen haben, das aufgeklärte Staunen zu lehren. Denn die Tatsache, dass es im Universum mit rechten Dingen zugeht und die grundlegenden Mechanismen der kosmischen Evolution durchaus verstanden werden können, bedeutet keineswegs, dass die Existenz des Universums eine Selbstverständlichkeit wäre. Anders als viele philosophische Abhandlungen erkennt Frajo Wetz das Unbegreifliche, Faszinierende, Geheimnisvolle des Seins nicht einem vermeintlich verborgenen »höheren Sinn«, sondern vielmehr darin, dass es sich als völlig grundlos und selbstgenügsam erweist. »Gerade das naturwissenschaftlich erforschte Weltall ohne Gott steigert das Staunen über die erhabene Existenz ins Unermessliche, ohne dabei in Nihilismus abzudriften», erklärt Wetz. Warum? Weil der Nihilismus eine Folge überzogener Sinnerwartungen an das Leben und die Welt ist, die Naturalisten als übertrieben durchschaut haben, weshalb sie das »große Ganze« ehrfurchtsvoll bestaunen können, statt eine vorwurfsvolle Klage über dessen Sinnlosigkeit anzustimmen. (Direkter Link zur Website des Verlags)

Hamed Abdel-Samad: Der Preis der Freiheit. Eine Warnung an den Westen. dtv 2024. Das aktuelle Buch von gbs-Beirat Hamed Abdel-Samad trägt denselben Titel wie der (von der gbs geförderte) Film über die Menschenrechtsaktivistin Mina Ahadi – und ist ein ebenso bewegendes Plädoyer für den Mut zum aufrechten Gang. »Der Preis der Freiheit« ist wohl das persönlichste Buch, das Hamed Abdel-Samad bisher geschrieben hat, die Geschichte eines Mannes, der auszog, um in Freiheit zu leben, und nun aus Sicherheitsgründen gezwungen ist, auf viele persönliche Freiheiten zu verzichten, die viele Europäer für allzu selbstverständlich halten. Die besondere Bedrohungssituation, in der er sich seit der islamistischen Fatwa von 2013 befindet, hat seinen Blick auf die historischen, politischen, sozialen und psychologischen Hintergründe geschärft, die das Projekt der offenen Gesellschaft gefährden. Brillant gelingt es ihm dabei, die eigene Lebensgeschichte wie auch die Lebensgeschichte seiner Mutter mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zu verknüpfen, etwa mit dem rasanten Aufstieg reaktionärer Identitätspolitiken, die man heute in nahezu allen Lagern vorfindet. In gewisser Weise bildet das Buch die Summe seiner bisherigen Veröffentlichungen zu Islam und Islamismus, Multikulturalismus und Rassismus, wahrer und falscher Toleranz. Ein politisch-psychologisches, mitunter poetisch anmutendes Gesamtkunstwerk, dem große Verbreitung zu wünschen ist! (Direkter Link zur Website des Verlags)


Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.

    
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