Sie sind hier

Newsletter vom 11.10.2023

wegmit218_demo_buendnis_selbstbestimmung.jpg

Demo des "Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung", das von der gbs unterstützt wird (Foto: Sabrina Gröschke / Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung)


Für die Legalisierung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs

ifw plädiert für Abschaffung der Paragrafen 218 ff. StGB

"Eine Regelung zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs ist verfassungsrechtlich zulässig, wenn nicht sogar verfassungsrechtlich geboten." Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) in seiner Stellungnahme, die vergangene Woche bei der "Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin" eingereicht wurde.

Die Bundesregierung hat die "Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin" im März 2023 eingesetzt, um sich mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Regelung zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs möglich ist. Zur Klärung dieser Frage hat die Kommission verschiedene Fachorganisationen eingeladen, Stellungnahmen abzugeben, darunter auch das 2017 von der Giordano-Bruno-Stiftung gegründete Institut für Weltanschauungsrecht (ifw).

In seiner Stellungnahme spricht sich das ifw dafür aus, "den selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch vollständig, d.h. ohne jegliche Fristen, zu legalisieren und die §§ 218 ff. StGB zu streichen". Der gegen oder ohne den Willen der Schwangeren durchgeführte Abbruch soll künftig in einem neuen § 226b StGB unter Strafe gestellt werden. Ausgangspunkt der ifw-Argumentation ist dabei der konstitutive Grundsatz des freiheitlichen Rechtsstaats, dass in einer "offenen Gesellschaft nicht die Freiheit begründungsbedürftig [ist], sondern jegliche Einschränkung der Freiheit". Juristisch haltbare Gründe für die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts ungewollt schwangerer Frauen haben jedoch weder der Gesetzgeber noch das Bundesverfassungsgericht vorgelegt, wie das ifw in seiner Stellungnahme ausführt.

Lesen Sie hierzu die Pressemitteilung des Instituts für Weltanschauungsrecht...


Polizei verhindert Proteste vor dem Vatikan

Missbrauchsopfer durften in Rom nicht mit dem »Hängemattenbischof« demonstrieren

Die italienische Polizei hat den Betroffenen des katholischen Missbrauchsskandals untersagt, mit der international bekannten Skulptur des »Hängemattenbischofs« vor dem Vatikan zu demonstrieren. Auch das Transparent »Aufklärung auf Katholisch«, das den verstorbenen Papst Benedikt XVI. zeigt, durfte bei der Demo am 30. September nicht mitgeführt werden. Angeblicher Grund: Verunglimpfung eines Staatsoberhaupts. Meinungsfreiheit wird in Melonis Italien offenkundig kleingeschrieben.

Dass selbst solch harmlose Transparente in Italien nicht mehr auf Demonstrationen gezeigt werden dürfen, sorgte bei David Farago und Ricarda Hinz, die den Hängemattenbischof nach Rom überführten, für Fassungslosigkeit: "Wir wussten, dass die italienische Regierungschefin Meloni eine Mussolini-Verehrerin ist, doch wir haben nicht damit gerechnet, dass der Kleriko-Faschismus in Italien schon so weit fortgeschritten ist." Matthias Katsch von der Betroffenenorganisation "Eckiger Tisch" erklärte dazu: "Auch in Rom sollte es möglich sein, die katholische Kirche für ihren Umgang mit massenhaften Fällen von sexueller Gewalt insbesondere an Kindern und Jugendlichen öffentlich zu kritisieren." Katsch zufolge wurden die Aktionen der rund 70 Betroffenen aus 25 Ländern, die sich zum Protest in Rom versammelt hatten, am Samstagabend von der italienischen Polizei "massiv behindert": "Offenbar hatte es sich die italienische Polizei zur Aufgabe gemacht, die Sichtbarkeit dieses Protestes maximal einzuschränken und die angemeldete Veranstaltung fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen."

Dieses Kalkül ging allerdings nicht auf, denn gerade das Verbot führte dazu, dass breit über die Demo berichtet wurde. Lesen Sie hierzu den Artikel auf der Website der Giordano-Bruno-Stiftung, der neben Fotos der Aktion auch augewählte Links enthält...


»Herausragende junge Talente«

Das Bertha von Suttner-Studienwerk fördert nun 31 Studierende

Mehr als 230 Bewerbungen waren bei der Ausschreibung des "Suttner-Stipendiums 2023" eingegangen – keine leichte Aufgabe für die Auswahlkommission des Bertha von Suttner-Studienwerks (BvS), die aus der großen Menge qualifizierter Nachwuchstalente die besten 16 Kandidat*innen bestimmen musste.

Gegenüber 2022, als sich rund 170 Studierende für das Suttner-Stipendium bewarben, hat sich die Anzahl der Einreichungen in diesem Jahr um gut ein Drittel erhöht. "Dies bestätigt, wie begehrt ein dezidiert humanistisches Stipendium ist", heißt es dazu aus dem Vorstand des Bertha von Suttner-Studienwerks, dem Mitglieder des Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), der Humanistischen Akademie Deutschland (HAD) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender (BAG) angehören.

Die 16 neuen Suttner-Stipendiat*innen decken eine große Bandbreite an wissenschaftlichen Disziplinen ab. Einige Stipendiat*innen beginnen gerade erst mit ihrem Studium, andere arbeiten bereits an ihrer Promotion. "Es ist eine wunderbar bunte Gruppe!", meint der BvS-Vorstand. "Die Interessen der Stipendiat*innen sind breit gefächert, doch allesamt zeichnen sie sich durch besonderes wissenschaftliches Interesse und aktives humanistisches Engagement aus. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit diesen herausragenden jungen Talenten!"

Weitere Infos hierzu finden Sie auf der Website des Bertha von Suttner-Studienwerks...


Kurz notiert

Zeitenwende in der Islampolitik? "Die deutsche Islampolitik war ebenso naiv wie die deutsche Russlandpolitik", sagte gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon am vergangenen Wochenende nach dem Angriff der Hamas auf Israel. Es sei an der Zeit, "die Verbindungen zwischen dem legalistischen und dem militanten Islamismus aufzuklären, da beide Strömungen letztlich dieselben verfassungsfeindlichen Ziele verfolgen und zum Teil auch personell miteinander verflochten sind." Dies habe fowid-Leiter Carsten Frerk bereits Anfang 2021 am Beispiel des angeblich rein caritativen Hilfswerkes "Islamic Relief" aufgezeigt. Der Stiftungssprecher wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gbs und ifw mit ifw-Beirätin Seyran Ateş schon seit zwei Jahren Klagen gegen das Auswärtiges Amt und den Bundesrechnungshof führen, da sich die Behörden weigern, Informationen darüber zu veröffentlichen, ob deutsche Steuergelder über "Islamic Relief" an die Hamas geflossen sind (siehe hierzu die gbs-Meldung "Terror gegen Israel mit deutscher Unterstützung?" vom 20. Mai 2021). "Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat Bundeskanzler Scholz von einer 'Zeitenwende' gesprochen, der Angriff der Hamas auf Israel sollte in ähnlicher Weise verstanden werden", erklärte Schmidt-Salomon. Dabei gehe es weder um eine Verteidigung der israelischen Politik noch um einen Generalverdacht gegenüber Muslimen, sondern vielmehr darum, liberale Muslime wie Seyran Ateş oder Mouhanad Khorchide in ihrem mutigen Kampf gegen den Islamismus zu unterstützen.

Feuerbach-Preis für Gerhard Czermak: ifw-Direktoriumsmitglied Gerhard Czermak hat mit seinen zahlreichen Abhandlungen und Büchern wesentliche Voraussetzungen für eine stärkere Beachtung des "Verfassungsgebots der weltanschaulichen Neutralität des Staates" geschaffen. In Anerkennung dieser Leistung wird Czermak am 9. November mit dem Ludwig-Feuerbach-Preis des bfg Augsburg ausgezeichnet. Die Laudatio auf den Preisträger hält gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon. Die Preisverleihung am Donnerstag, dem 9. November, in der Stadtbibliothek Augsburg (Ernst-Reuter-Platz 1, 86150 Augsburg) beginnt um 18.00 Uhr.

»Freigeist«-Podcast mit Ulla Wessels und Philipp Möller: Zweimal im Monat erscheint eine neue Folge des Kortizes-Podcasts von und mit Helmut Fink (Direktor der Akademie für säkularen Humanismus und Kortizes-Referent für Wissenschaft und Philosophie). In der aktuellen Ausgabe unterhält sich Fink mit Philipp Möller über den von ihm geleiteten "Zentralrat der Konfessionsfreien" [Freigeist 67], einige Wochen zuvor war Ulla Wessels (stellvertretende Vorsitzende der gbs) mit dem Thema "Humanistische Lebensauffassung" zu Gast [Freigeist 65].

Waffen nieder oder Waffen liefern? Tagung zum 180. Geburtstag von Bertha von Suttner in Berlin: Länger als anderthalb Jahre dauert bereits Russlands Krieg gegen die Ukraine. Die Friedensnobelpreisträgerin, Humanistin und Schriftstellerin Bertha von Suttner (1843-1914) hat mit ihrem Antikriegsroman "Die Waffen nieder!" bereits Ende des 19. Jahrhunderts weltweit Millionen Leserinnen und Leser für die Gräuel des Krieges sensibilisiert. Mit Blick auf die Gegenwart des Krieges gegen die Ukraine soll auf der Tagung am 13. Oktober diskutiert werden, welche Relevanz Suttners Friedensideen und gesellschaftliche Utopien heute haben: Kann man sich mit Pazifismus gegen Aggressoren wehren? Wie kann ein Ende des Tötens und Zerstörens erreicht werden? Waffen nieder oder Waffen liefern? Weitere Infos zu der Veranstaltung, die von der Humanistischen Akademie Berlin-Brandenburg in Kooperation mit dem HVD Berlin-Brandenburg, den Evolutionären Humanisten Berlin-Brandenburg, dem Säkularen Humanismus an Berliner Hochschulen und der Säkularen Flüchtlingshilfe Berlin ausgerichtet wird, findet man auf der Website der Humanistischen Akademie.


Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen (u.a. Buchlesungen von Andreas Altmann) gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.

    
Mit freundlichen Grüßen

Das gbs-Newsletter-Team