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Wie wollen wir sterben? Ein Plädoyer für organisierte Sterbehilfe

Vortrag von DIGNITAS-Gründer Ludwig A. Minelli am 29. März am gbs-Stiftungssitz in Oberwesel

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Foto: Evelin Frerk

Trotz des eindeutigen Bevölkerungsvotums für mehr Selbstbestimmung am Lebensende befürworten die deutschen Parlamentarier derzeit mehrheitlich ein Verbot der organisierten Sterbehilfe. Vernünftige, rechtsstaatliche Argumente gibt es dafür nicht, wie Ludwig A. Minelli, Gründer und Vorsitzender der Schweizer Sterbehilfeorganisation DIGNITAS, in seinem Vortrag am gbs-Stiftungssitz in Oberwesel darlegen wird. Seines Erachtens sind die aktuellen Verbotsbestrebungen auf mangelnde Sachkenntnis zurückzuführen sowie auf weltanschauliche und ökonomische Interessen, die in der Debatte meist verschwiegen werden.

Dass die organisierte Sterbehilfe in der deutschen Politik als besonders anrüchig gilt, widerspricht diametral den Erfahrungen der Schweiz, wo Organisationen wie EXIT und DIGNITAS seit vielen Jahren schwerstleidende Menschen beim Freitod begleiten. In der Schweiz haben sich auch die Vorteile der organisierten Sterbehilfe gegenüber nichtorganisierten Formen (Freitodbegleitungen durch Angehörige oder einzelne Ärzte) gezeigt: Organisierte Freitodhilfe ist erstens transparenter, da die Vereine den Behörden gegenüber ihre Fälle offenlegen, zweitens sicherer, da die involvierten Personen entsprechend geschult sind, und drittens gerechter, da Organisationen auch für diejenigen erreichbar sind, die in ihrem Umfeld keine fachkundigen Unterstützer finden (was nur den allerwenigsten Betroffenen vergönnt ist).

Die Schweizer Erfahrungen belegen zudem einen weiteren Vorteil, denn Sterbehilfe-Organisationen sind nicht zuletzt auch Lebenshilfe-Organisationen. Da sie (im Unterschied zu anderen) Suizidwillige ergebnisoffen beraten, können sie eine entscheidende Rolle bei der Suizidversuchsprophylaxe spielen. Bei etwa 10.000 Suiziden und bis zu 500.000 Suizidversuchen pro Jahr in Deutschland ist dies ein Thema von großer gesellschaftlicher Bedeutung, das – man denke nur an die tragischen Folgen vieler gescheiterter Suizidversuche – von den „Vertretern des Volkes“ nicht länger verdrängt werden sollte.

 

Ludwig A. Minelli wurde 1932 in Zürich geboren. Zunächst war er als Journalist tätig, u.a. als erster Schweiz-Korrespondent des SPIEGEL. Nach einem späteren Jura-Studium (Abschluss 1981) spezialisierte sich Minelli als Rechtsanwalt auf Menschenrechtsfragen. So haben die als „Minelli I“, „Minelli II“ und „Minelli III“ bekannten Urteile des Schweizerischen Bundesgerichtes maßgeblich zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Strafgefangenen beigetragen.

1978 gründete er die Schweizerische Gesellschaft für die Europäische Menschenrechtskonvention (SGEMKO), und 1998 den Verein DIGNITAS, der nicht nur schwer leidende Menschen berät und gegebenenfalls beim Freitod begleitet, sondern sich auch in der Suizidversuchsprävention, Durchsetzung von Patientenverfügungen, Zugang zur Palliativversorgung usw. engagiert. DIGNITAS hilft auch Nicht-Schweizern, was eine breite internationale Debatte über Sterbehilfe auslöste, und zählt Mitglieder in 74 Ländern, insbesondere in Deutschland, wo 2005 DIGNITAS-Deutschland ins Leben gerufen wurde.

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Die Veranstaltung mit Ludwig A. Minelli am Sonntag, dem 29. März 2015, im Haus WEITBLICK (Auf Fasel 16, 55430 Oberwesel) beginnt um 14.30 Uhr (Einlass: 14.00 Uhr). Da die Anzahl der Sitzplätze begrenzt ist, ist eine vorherige Anmeldung erforderlich (vorzugsweise über dieses Webformular). Eine Rückmeldung erfolgt nur, sofern alle Plätze bereits vergeben sind. Der Eintritt beträgt 10 Euro, für Schüler, Studenten und Erwerbslose: 5 Euro.