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Newsletter vom 29.08.2024


In Deutschland gibt es ebenso viele Konfessionsfreie wie Katholiken und Protestanten

fowid-Daten belegen den zunehmenden Abschied von der Religion

Erstmals in der deutschen Geschichte stellen die konfessionsfreien Menschen mit 46 Prozent einen ebenso großen Bevölkerungsanteil wie Katholiken und Protestanten zusammengenommen (24 + 22 Prozent). Zugleich besuchen nur noch 5 Prozent der Bevölkerung regelmäßig eine Kirche, Synagoge oder Moschee. Dies geht aus den Daten hervor, die heute von der »Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland« (fowid) vorgelegt wurden.

Über die Ergebnisse der Studie war selbst fowid-Leiter Carsten Frerk überrascht, da er, ausgehend vom Trend der letzten Jahre, angenommen hatte, dass der Bevölkerungsanteil der Konfessionsfreien Ende 2023 »nur« bei 45 Prozent liegen würde. Dass dieser Anteil tatsächlich bei 46 Prozent liegt, hängt weniger mit den recht stabilen Mitgliederverlusten der beiden Großkirchen zusammen als mit einer genaueren Analyse der Bevölkerungsanteile der kleineren Religionsgemeinschaften. Dabei zeigte sich nämlich anhand neuerer Daten, dass insbesondere die offiziellen Angaben zu den Mitgliedern der christlich-orthodoxen Kirchen stark überhöht waren.

Insgesamt kommt fowid mit Blick auf die Religionszugehörigkeiten zu folgendem Ergebnis: Katholiken stellten Ende 2023 24,0 Prozent, EKD-Evangelische 21,9 Prozent, Muslime 3,8 Prozent, weitere Religionsgemeinschaften 4,1 Prozent und Konfessionsfreie 46,2 Prozent der Bevölkerung. Damit ergibt sich eine Relation von 46 zu 46 von Römischen Katholiken/EKD-Evangelischen vs. Konfessionsfreie.

Aussagekräftig ist auch die geringe Glaubenspraxis in Deutschland: Nur noch 5 Prozent der Menschen in Deutschland nehmen regelmäßig, also mindestens einmal im Monat, an einem Gottesdienst teil, während 95 Prozent Kirchen, Synagogen, Moscheen oder Tempeln regelmäßig fernbleiben. Gegenüber 2019, als noch 7,9 Prozent an Gottesdiensten teilnahmen, ist dies ein Rückgang von 2,9 Prozentpunkten.

Wie dramatisch der gesellschaftliche Wandel in den letzten Jahrzehnten war, zeigt der Blick auf die historische Entwicklung: Noch vor 50 Jahren stellten Katholiken und Protestanten mehr als 90 Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Der Bevölkerungsanteil der Konfessionsfreien lag damals bei knapp 5 Prozent, statt bei den heutigen 46 Prozent. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der gbs-Website...


Deutschlandweite Proteste gegen § 218 StGB

Aktionswoche fordert die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs

Das »Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung« ruft zu einer Aktionswoche vom 21. bis 28. September 2024 gegen § 218 StGB auf. Gefordert wird eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs noch innerhalb der aktuellen Legislaturperiode. Ein entsprechender Gesetzentwurf wäre längst überfällig – auch in der politischen Auseinandersetzung mit der AfD.

Die Abschaffung des § 219a StGB, des sogenannten »Werbeverbots für den Schwangerschaftsabbruch«, war ein erster bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer menschenrechtskonformen Gesetzgebung. Nun fordern die Aktivist*innen des Bündnisses, dass auch § 218 fällt. »Eine Bundesregierung, die ihren Koalitionsvertrag mit ›Mehr Fortschritt wagen‹ betitelt hat, darf mit Gesetzen zur Gleichstellung und zur reproduktiven medizinischen Versorgung nicht im vorherigen Jahrhundert verharren. Eine Novellierung der Gesetzgebung ist lange überfällig«, erklärt Tim Lautner vom »Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung«. »Wir fordern die Bundesregierung auf, diese historische Chance zu nutzen und den Schwangerschaftsabbruch endlich zu legalisieren!«

Die Giordano-Bruno-Stiftung hat die Neuregelung der Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch bereits 2018 angemahnt und das 219a-Verfahren gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel, das vom »Institut für Weltanschauungsrecht« (ifw) juristisch eng betreut wurde, dazu genutzt, um die Abschaffung des § 218 StGB wieder in die Debatte einzubringen. Auch die von der Bunderegierung eingesetzte »Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin« kam im April 2024 zu dem Ergebnis, dass die derzeitigen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch einer »verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung« nicht standhalten.

»Dass die Ampelregierung diese Vorlage nicht genutzt hat, um einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, ist ein schwerer politischer Fehler!«, erklärt gbs-Vorstand Michael Schmidt-Salomon. »Dies gilt nicht zuletzt auch für die notwendige politische Auseinandersetzung mit der AfD. Denn in Ostdeutschland plädiert die überwältigende Mehrheit für eine Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, während die AfD aufgrund ihres christlich-fundamentalistischen Flügels schärfere Gesetze fordert. Wenn man die AfD effektiv bekämpfen möchte, sollte man sie gezielt auf jenen Gebieten angreifen, auf denen sie komplett andere Positionen vertritt als ein Großteil ihrer Wählerschaft!»

Lesen Sie hierzu auch den ausführlicheren Artikel auf der Website der Giordano-Bruno-Stiftung...


Woelki zieht ins Haus der Geschichte ein

Tilly-Wagen zum Missbrauchsskandal bleibt der Nachwelt erhalten

Die Aktionsgruppe »11. Gebot« der Giordano-Bruno-Stiftung hatte den »Zappel-Woelki« im Juni 2023 auf die Kölner Domplatte gebracht, um gegen die Vertuschung des klerikalen Missbrauchsskandals zu protestieren. Seit Anfang August steht die Skulptur des Düsseldorfer Wagenbauers (und gbs-Beirats) Jacques Tilly nun im Bonner »Haus der Geschichte«.

Jacques Tilly hatte den politischen Wagen mit Kardinal Woelki, der sich in der teuflischen Bedrohung des Missbrauchsskandals verzweifelt an den Kölner Dom klammert und damit einen seiner Türme zum Einsturz bringt, für den Düsseldorfer Rosenmontagszug 2023 gebaut. Normalerweise werden seine Kreationen bis Aschermittwoch zerstört, um Platz für neue Wagen und Skulpturen zu schaffen. Nicht so jedoch der »Klammer-« bzw. »Zappel-Woelki«, den die Giordano-Bruno-Stiftung vom Düsseldorfer Karneval-Komitee 2023 erwarb, um mit seiner Hilfe die Forderungen der Betroffenenverbände zu unterstützen.

Die gbs-Aktion vom 30. Juni bis 1. Juli 2023 auf der Kölner Domplatte, die mit einem Spottgedicht im Stile des »Struwwelpeter« angereichert wurde (»Ob der Woelki heute still / Wohl bei Tische sitzen will? / Also sprach in ernstem Ton / Papa Staat zu seinem Sohn / Und Mutter Kirche blicket stumm / Auf dem ganzen Tisch herum…«), sorgte für großes Presseecho. Hierdurch stieg noch einmal der Druck auf das Kölner Bistum, von der bis dahin praktizierten Strategie der Vertuschung des Missbrauchsskandals (zumindest partiell) abzurücken.

2024 hatte der »Zappel-Woelki« ausgedient. Um die Skulptur vor der Zerstörung zu bewahren, fragte David Farago (»11. Gebot« / gbs) beim Bonner »Haus der Geschichte« nach, ob dort Interesse am »Zappel-Woelki« bestehe. Immerhin hatte das Museum zuvor bereits das gbs-Transparent »Aufklärung auf Katholisch« in seine Sammlung aufgenommen, um den klerikalen Missbrauchsskandal zu dokumentieren.

Die Anfrage stieß auf positive Resonanz. Und so trat der »Zappel-Woelki« seine letzte Reise von der Düsseldorfer Wagenbauhalle ins Bonner »Haus der Geschichte« an. David Farago wurde dabei von Jacques Tilly begleitet, der die Skulptur Sammlungsdirektor Martin Wichmann persönlich übergab. Dieser zeigte sich über die Schenkung hocherfreut, wie er gegenüber der »Rheinischen Post« erklärte: »Nun haben wir ein Exponat, mit dem wir die Dimension des Missbrauchsskandals sehr aussagekräftig darstellen können.«

Bilder von »Woelkis Einzug ins Haus der Geschichte« findet man auf der gbs-Website...


»Im Lichte des Gerhard Vollmer«

Band 9 der gbs-Schriftenreihe erschienen

Kaum jemand hat die Bedeutung der Evolutionstheorie für die Philosophie so umfassend beleuchtet wie der Physiker und Philosoph Gerhard Vollmer. Zum 80. Geburtstag des gbs- und HAI-Beirats ist nun der Sammelband »Im Lichte der Evolution« herausgekommen, der eindrucksvoll belegt, dass intellektueller Anspruch und Humor keineswegs im Widerspruch zueinander stehen.

»Ohne die Werke von Gerhard Vollmer wäre die Giordano-Bruno-Stiftung womöglich nie entstanden«, erklärte gbs-Vorstand Michael Schmidt-Salomon auf dem öffentlichen Festakt, den die gbs im November 2023 zum 80. Geburtstag ihres Beirats im »Haus Weitblick« ausrichtete. Denn mit seiner »Evolutionären Erkenntnistheorie « und seinem »naturalistischen « Denkansatz hat Vollmer schon in den 1970er und 1980er Jahren die Grundlagen für die Philosophie geschaffen, welche die gbs heute verfolgt.

Religiöse oder idealistisch argumentierende Philosophinnen und Philosophen behaupten gerne, der Naturalismus verdamme uns zu einer »trostlosen Weltsicht«. Der ebenso humorvolle wie intellektuell ergiebige Band 9 der gbs-Schriftenreihe mit Beiträgen von Michael Schmidt-Salomon, Volker Sommer, Rüdiger Vaas und Franz Josef Wetz beweist das Gegenteil. Das 80-seitige Büchlein, das eine wundervolle Ergänzung zu Vollmers brillanten (ebenfalls in der gbs-Schriftenreihe erschienenen) »Gretchenfragen an den Naturalisten« darstellt, ist exklusiv im Alibri-Verlag erhältlich und kostet 7 Euro.


Check Your Dogma!

Ausstellung, Kunstpreis und Vorträge vom 6. bis 28. September im Stadtmuseum Düsseldorf

Am Freitag, dem 6. September, wird im Düsseldorfer Stadtmuseum die Kunstausstellung zum vierten »DA! Art-Award« eröffnet, der vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst mit Unterstützung der Giordano-Bruno-Stiftung ausgeschrieben wurde. Zur dreiwöchigen Ausstellung finden Vorträge zum Thema statt, die Preisverleihung am 28. September wird live im YouTube-Kanal des Düsseldorfer Aufklärungsdienst übertragen.

Knapp 1.000 Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland sind der Ausschreibung der Veranstalter gefolgt und haben ihre Arbeiten zum aktuellen Motto des Kunstpreises »Check your Dogma!« eingereicht. 90 Werke wurden nominiert und werden im Rahmen einer Kunstausstellung vom 07. bis 28. September 2024 im Düsseldorfer Stadtmuseum ausgestellt. Die Auszeichnung der besten 4 Arbeiten findet zum Abschluss der Vernissage am 28. September im Stadtmuseum statt. Die Preisverleihung wird auch live auf YouTube übertragen.

Alle Infos zur Ausstellung sowie zu den begleitenden Veranstaltungen u.a. mit Armin Pfahl-Traughber und Andreas Edmüller findet man auf der Website zum DA! Art-Award...


Im Keller des Geistes

Das Kortizes-Symposium 2024 (4.-6. Oktober) beschäftigt sich mit der faszinierenden Macht des Un­bewussten

Schon Sigmund Freud ahnte, dass wir nicht »Herr im eigenen Haus« sind. Wahrnehmungsinhalte werden gefiltert, Aufmerksamkeit abgelenkt, Handlungsmotive verrechnet, Erinnerungen konstruiert und Gefühle aufgebaut – alles ohne bewusste Steuerung. Aber sind wir den Entscheidungen unseres Gehirns tatsächlich hilflos ausgeliefert? Beim Kortizes-Symposium werden renommierte Expertinnen und Experten den Forschungsstand zu den spannenden Facetten des Unbewussten erläutern.

Psychische Leistungen und Fehlleistungen beruhen auf physischen Mechanismen, die für uns nicht transparent sind. Führt unser Gehirn ein Eigenleben? Fällt unser Gehirn die Entscheidungen unabhängig von unserem »Ich«? Aber was wäre das für ein »Ich«, das von meinem Gehirn zu trennen wäre? Auf dem Kortizes-Symposium, das in Zusammenarbeit mit der Giordano-Bruno-Stiftung und der Zeitschrift »Gehirn & Geist« im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg stattfindet, werden namhafte Expertinnen und Experten aus Neurowissenschaft, Psychologie und Philosophie in verständlicher Weise über die verschiedenen Aspekte des Vorbewussten und Unbewussten sprechen und den aktuellen Wissensstand darstellen.

Die aufwändig konzipierten Kortizes-Symposien (Programmgestaltung: Helmut Fink und Rainer Rosenzweig) zählen seit Jahren zu den »Leuchtturm-Veranstaltungen« der wissenschaftlichen Aufklärung in Deutschland. Alle Infos zum Symposium 2024 finden sich auf der Kortizes-Website...


Kurz notiert

Gründung von »Scientific Temper«: Der langjährige Vorsitzende und Mitbegründer der »Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften« (GWUP) Amardeo Sarma hat eine neue gemeinnützige Organisation ins Leben gerufen: »Scientific Temper« will eine »bescheidene, wissenschaftlich aufgeschlossene Denkhaltung« fördern und wird dabei von der Giordano-Bruno-Stiftung unterstützt. Weitere Infos...

Erfolgreiche Premiere des »Philo.live!«-Festivals: Mit rund 2000 Besucherinnen und Besuchern hat die »Philo.live!« Ende Juni eine erfolgreiche Premiere in Berlin gefeiert. »Wir gratulieren dem ›Philosophie Magazin‹ und der ›phil.COLOGNE‹ zu der perfekten Organisation des Festivals und freuen uns darüber, dass wir mithelfen konnten, dieses neue Veranstaltungsformat zu ermöglichen«, erklärten Michael Schmidt-Salomon und Ulla Wessels vom Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung. Die »Philo.live!« soll nächstes Jahr in noch größerem Umfang fortgesetzt werden. Weiterlesen...


Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.

    
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