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Newsletter vom 29.02.2024


Wird der »Gotteslästerungsparagraf« endlich fallen?

»Free Charlie!«-Kampagne rechnet sich Chancen aus, § 166 StGB zu kippen

Mehr als 2000 Personen unterstützen bereits die Petition zur Abschaffung des § 166 StGB, nach dessen Wortlaut die überlebenden Mitglieder der »Charlie Hebdo«-Redaktion in Deutschland hätten verurteilt werden können. Mit dieser Anzahl an Mitzeichnern liegt die Petition schon jetzt bei den oberen zehn Prozent aller bisherigen Bundestagspetitionen. Um noch mehr Menschen zu erreichen, schaltet die »Free Charlie!«-Kampagne derzeit kurze Videoclips in den sozialen Medien.

»Wir danken allen, die die Petition beim Deutschen Bundestag trotz des etwas komplizierteren Registrierungsverfahrens unterzeichnet haben, und hoffen, dass es am Ende noch etwas mehr werden«, sagt gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon, der die Petition im Namen der Giordano-Bruno-Stiftung eingereicht hat. »Sicherlich werden wir das Quorum von 50.000 Mitzeichnern nicht erreichen. Dies geschieht aber ohnehin nur in den allerseltensten Fällen, wenn ein Thema groß in den Medien ist. Für eine positive Behandlung der Petition ist das Erreichen des Quorums allerdings auch nicht erforderlich. Es hängt vielmehr von den Mehrheitsverhältnissen im Petitionsausschuss ab, ob ein Anliegen aufgegriffen wird oder nicht – und hier rechnen wir uns in der gegenwärtigen Legislaturperiode durchaus Chancen aus. Immerhin wurde die Forderung nach Abschaffung von § 166 StGB in der Vergangenheit sowohl von Teilen der SPD, der FDP, der GRÜNEN als auch der LINKEN erhoben.«

Schmidt-Salomon verweist in diesem Zusammenhang u.a. auf den Beschluss der »Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen« (ASJ), die – ganz im Sinne der »Free Charlie!«-Kampagne – für die ersatzlose Streichung des § 166 StGB votiert (siehe das Beschlussdokument der ASJ, S. 52): »Es gibt keinen Grund, religiöse Gruppen gegenüber anderen Gruppen zu privilegieren. Insbesondere aufgrund der jüngsten Ereignisse in Frankreich geht es jetzt darum, ein klarstellendes Signal zu setzen und zu verdeutlichen, dass es einen Vorrang der Freiheit vor dem Schutz religiöser Gefühle gibt. Besonders verfehlt erscheint es überdies, dass eine Verfolgung nur bei Störung des öffentlichen Friedens angeordnet wird, weil damit der ›Schutz‹ religiöser Gefühle umso ausgeprägter ist, je gewaltbereiter die Mitglieder der kritisierten Religion sind.«

Der größte SPD-Landesverband, die SPD Nordrhein-Westfalen, hat diese Argumentation aufgegriffen und die Forderung nach Abschaffung des § 166 StGB bei ihrem Landesparteitag im Januar 2021 beschlossen. »Es wäre zu hoffen«, so Schmidt-Salomon, »dass die SPD-Mitglieder im Petitionsausschuss dies bei ihrer Entscheidung über die Petition berücksichtigen werden. Jedenfalls waren die Chancen, den alten ›Gotteslästerungsparagrafen‹ loszuwerden, nie so gut wie heute.«

Um noch mehr Menschen zu erreichen, schaltet die »Free Charlie!«-Kampagne derzeit kurze Videoclips in den sozialen Medien. Der erste Clip, der von gbs-Mitarbeiter und HAI-Leiter Florian Chefai produziert wurde, erinnert an das Attentat auf »Charlie Hebdo« und stellt klar, dass »Je suis Charlie!« heute nicht zuletzt bedeutet, für eine Abschaffung des § 166 StGB einzutreten, der die Opfer des Terrors absurderweise zu Tätern macht. Im zweiten Clip erklärt Philipp Möller im Namen des »Zentralrats der Konfessionsfreien«, warum das Blasphemieverbot ein »Fremdkörper im liberalen Rechtsstaat« ist. Denn: »Gesetze sollen Menschen schützen, nicht Bekenntnisse!«

»Die Mitzeichnungsfrist bei einer Bundestagspetition beträgt nur 28 Tage«, erläutert Schmidt-Salomon. »Im Falle unserer Petition ist nun weniger als die Hälfte dieser Zeit verstrichen. Deshalb hoffen wir, dass wir die Zahl der Mitzeichnenden noch verdoppeln können. Im Idealfall könnten wir vielleicht sogar in den fünfstelligen Bereich vorstoßen. Daher bitte ich alle, die es noch nicht getan haben, die Bundestagspetition zu unterzeichnen und andere darauf hinzuweisen. Alle notwendigen Informationen dazu findet man auf unserer Kampagnen-Website. Machen Sie bitte von Ihren demokratischen Rechten Gebrauch, denn es wäre mehr als peinlich, wenn dieser völlig aus der Zeit gefallene Paragraf im kommenden Jahr, zum 10. Jahrestag des Anschlags auf »Charlie Hebdo«, noch immer Bestand hätte!«


Die Evolution des Denkens

Michael Schmidt-Salomon stellt sein neues Buch im »Haus Weitblick« vor

Gibt es Erkenntnisse, die für eine moderne, aufgeklärte Sicht der Welt zentral sind – und wer hat sie hervorgebracht? Diese Frage beantwortet Michael Schmidt-Salomon in seinem heute erschienenen neuen Buch »Die Evolution des Denkens«, das nicht zuletzt auch eine Hommage an jene Denkerinnen und Denker ist, deren Erkenntnisse die Philosophie der Giordano-Bruno-Stiftung geprägt haben. Am Sonntag, dem 24. März, wird Schmidt-Salomon sein Werk am Stiftungssitz in Oberwesel vorstellen.

In »Die Evolution des Denkens« beschreibt der Philosoph und gbs-Vorsitzende das Leben und Werk von »10 Influencern«, denen er »eine größere Reichweite als Donald Trump oder ›Bibis Beauty Palace‹ wünscht«: Charles Darwin, Albert Einstein, Marie Curie, Alfred Wegener, Carl Sagan, Epikur, Friedrich Nietzsche, Karl Marx, Karl Popper und Julian Huxley. »Manchmal müssen wir zurückschauen, um besser begreifen zu können,was vor uns liegt«, meint Schmidt-Salomon. In der Tat ist es bemerkenswert, wie brennend aktuell viele Erkenntnisse geblieben sind, die Epikur, Darwin, Einstein & Co. hervorgebracht haben. Begreift man diese »10 Influencer für ein zeitgemäßes Weltbild« als Schlüsselfiguren eines großen, interdisziplinären Teams, so liefern sie zentrale Orientierungslinien für nahezu jede wichtige Debatte unserer Zeit, vom Klimawandel bis hin zur Identitätspolitik, vom Umgang mit freiheitsgefährenden Ideologien bis hin zu Fragen der globalen Gerechtigkeit.

Die Veranstaltung im Haus Weitblick (Auf Fasel 16, 55430 Oberwesel) findet am Sonntag, dem 24. März 2024, statt und beginnt um 14:00 Uhr (Einlass mit Sektempfang: ab 13:30 Uhr). Alle Interessierten sind herzlich eingeladen! Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei. Aufgrund der begrenzten Plätze ist eine Anmeldung jedoch unbedingt erforderlich. Alle Infos zur Veranstaltung finden sich unter diesem Link auf der gbs-Website. (P.S. Die Lesereise von Michael Schmidt-Salomon beginnt in der kommenden Woche in Basel, Bern, Stans, Konstanz und Nürnberg und wird nach der Buchvorstellung am Stiftungssitz in Bremen, Düsseldorf, Freiburg und Heidelberg fortgesetzt.)


»Check your Dogma!«

Düsseldorfer Aufklärungsdienst schreibt den »DA! Art-Award 2024« aus

»Check your Dogma!« lautet das diesjährige Thema des »DA! Art-Awards«, der alle zwei Jahre vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA) ausgelobt und bereits zum vierten Mal vergeben wird. Mit dem Preis, der mit insgesamt 10.000 Euro dotiert ist, möchte der DA! Künstlerinnen und Künstler inspirieren, sich kritisch mit Ideologien und Irrationalismus auseinanderzusetzen. Wie schon in den Jahren zuvor wird die Preisverleihung von der Giordano-Bruno-Stiftung unterstützt.

Beim letzten DA! Art-Award vor zwei Jahren bewarben sich bundesweit erstmals mehr als 1300 Künstlerinnen und Künstler mit ihren Arbeiten, von denen 100 Werke nominiert und vier Arbeiten prämiert wurden. Auch in diesem Jahr gehen die Initiatoren von einer regen Beteiligung aus. Die nominierten Kunstwerke werden im September (06.-29.09.2024) im Stadtmuseum Düsseldorf präsentiert. Die Preisverleihung erfolgt zum Abschluss der dreiwöchigen Ausstellung.

Teilnahmeberechtigt sind alle Künstlerinnen und Künstler, die in der Bundesrepublik leben und arbeiten. Bewerbungsschluss ist der 7. Juli 2024. Ausstellungsort und -dauer: Stadtmuseum Düsseldorf, Berger Allee 2, 40213 Düsseldorf, Freitag, 6.09. bis Sonntag, 29.09.2024. Infos zum Wettbewerb gibt es auf der Website des »DA! Art-Awards«...


Kurz notiert:

Kortizes-Veranstaltungen 2024: Wie bereits in den vergangenen Jahren unterstützt die gbs auch in diesem Jahr das umfangreiche Bildungsangebot des Kortizes-Instituts für populärwissenschaftlichen Diskurs. Im Februar startete bereits die Veranstaltungsreihe »Vom Reiz der Sinne. Wahrnehmung und Gehirn«, die im März fortgeführt wird. Im April findet das Copernicus-Symposium zum Thema »Unendliche Weiten – Raum­fahrt gestern, heute und morgen« statt. Ein besonderer Höhepunkt des Jahres ist zweifellos das Kortizes-Symposium »Im Keller des Geistes. Gehirn, Psyche und die Leistungen des Un­bewussten«, für das man schon jetzt Tickets mit Frühbucher-Rabatt erwerben kann. Sehr empfehlenswert ist allerdings auch der Kortizes-Podcast, der nicht zuletzt von den geistreichen Beiträgen von Helmut Fink (gbs, HAI und Kortizes) zu Fragen der Wissenschaft und Philosophie getragen wird. Seit 2024 wird das Kortizes-Team dabei von dem Philosophen Franz Josef Wetz (gbs-Beirat und HAI-Direktoriumsmitglied) unterstützt, der sich in seiner ersten Podcast-Folge mit einer ungewöhnliche These beschäftigt: »Der Sinn des Lebens ist wie Gemüse«.

Lesereise von Helmut Ortner: gbs-Beirat Helmut Ortner zählt zweifellos zu den produktivsten kirchenkritischen Autoren der Gegenwart. Nun hat er wieder zugeschlagen: In seinem neuesten Werk »Das klerikale Kartell« (erscheint am 1.3.2024 im Nomen-Verlag) erklärt er anhand markanter Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, warum die Trennung von Staat und Kirche überfällig ist. Ab Mitte März wird Helmut Ortner mit seinem aktuellen Werk auf Lesereise gehen und dabei auch zu Gast bei mehreren gbs-Regionalgruppen sein. Die Termine findet man auf der Website des Autors sowie im gbs-Veranstaltungskalender.

WhatsApp-Kanal der gbs: In den letzten Monaten haben einige Nutzerinnen und Nutzer X (ehemals twitter) und Facebook verlassen. Die gbs hat daher ihre Präsenz auf anderen social Media-Plattformen (etwa Instagram und Bluesky) ausgebaut. Seit Neuestem verfügt die gbs auch über einen eigenen Kanal bei WhatsApp: Wer via WhatsAPP über Neuigkeiten aus dem Stiftungsumfeld informiert werden möchte, kann den gbs-Kanal über diesen Link abonnieren.


Die nächsten Termine

Die Termine der nächsten Wochen gibt es, wie immer, im gbs-Terminkalender.

    
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