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Jahresrückblick 2011

Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung zieht positive Bilanz

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Eingang "Haus Weitblick"

Der Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung blickt zufrieden auf das Jahr 2011 zurück. Die Stiftung habe sich erfolgreich in gesellschaftliche Debatten einmischen können, was zu einem weiteren Wachstum des gbs-Förderkreises auf nun über 3300 Personen geführt habe, erklärte Stiftungsgründer Herbert Steffen am Donnerstagabend in Oberwesel. „Mehr als  800 Menschen wurden 2011 neu in den Förderkreis aufgenommen – so viel wie in keinem Jahr zuvor. 2010 beispielsweise hatten wir 500 Neumitglieder“, sagte Steffen. „Offenbar ist es uns 2011 besonders gut gelungen, Themen anzusprechen, die die Menschen bewegen.“

Höhepunkte des Jahres waren, so Stiftungssprecher Michael Schmidt-Salomon,  die Debatte zur Präimplantationsdiagnostik (PID), zu der die gbs-Ethikkommission ein vielbeachtetes Gutachten beisteuerte, die feierliche Verleihung des gbs-Ethikpreises an die beiden Initiatoren des „Great Ape Project“ Paola Cavalieri und Peter Singer in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt sowie die kritischen Aktionen zum Papstbesuch in Deutschland, vor allem die Großdemo „Keine Macht den Dogmen!“ in Berlin, an der rund 15.000 Menschen teilnahmen

Als „richtungsweisend“ hob Schmidt-Salomon hervor, dass die Giordano-Bruno-Stiftung 2011 neben den klassischen Themen „Trennung von Staat und Kirche“, „Engagement für Menschenrechte“ und „Förderung eines wissenschaftlich-aufgeklärten Weltbildes“ neue Themen für sich erobert habe. So habe sich die gbs durch den Neustart des „Great Ape Project“ erstmals auf das Gebiet der Tierrechte vorgewagt und durch die Beteiligung am Cradle-to-Cradle-Festival in Berlin für neue Ansätze in der Ökologie geworben. Auf diesem Weg wolle die Stiftung weiter voranschreiten, sagte der Stiftungssprecher. Um die evolutionär-humanistische Perspektive auch auf anderen Feldern zu verdeutlichen, sei auf dem letzten Stiftungstreffen im September beschlossen worden, zwei neue Arbeitsgruppen zu den Themen „Ökonomie“ und „sexuelle Selbstbestimmung“ einzurichten.

„Sehr zufrieden“ zeigte sich Schmidt-Salomon damit, „dass die Stiftung 2011 einige Punktsiege vor Gericht erringen konnte“. So hatte das Bayerische Verwaltungsgericht  Ansbach im Januar 2011 die Wiederbesetzung eines Konkordatlehrstuhls an der Universität Erlangen gestoppt. Die von der Philosophin Ulla Wessels (Mitglied des gbs-Beirates) geführte Klage tritt gegenwärtig in die entscheidende Phase. Erfolgreich abgeschlossen wurde im August 2011 das Verfahren, das Schmidt-Salomon gegen den Regensburger Bischof Müller angestrengt hatte, nachdem dieser ihn in einer Predigt verleumdete. Das Bundesverwaltungsgericht stellte in seinem Urteil fest, dass "die religiöse Äußerungsfreiheit, auch soweit es um eine Predigt geht, keinen absoluten Vorrang vor den Belangen des Persönlichkeits- und Ehrenschutzes" genießt. Somit ist nun amtlich bestätigt, dass auch Bischöfe hin und wieder bei der Wahrheit bleiben müssen.
 

Beeindruckende Arbeit der Regionalgruppen

Von den Veranstaltungen des Jahres 2011 hob Schmidt-Salomon neben dem Festakt zur Ethikpreisverleihung in Frankfurt vor allem das „Denkfest Zürich“ hervor, bei dem auf Einladung der Schweizer Freidenker freigeistige Wissenschaftler, Kabarettisten, Philosophen und Blogger aus aller Welt aufeinandertrafen . „Äußerst beeindruckend“ sei auch die „Religionsfreie Zone“ in Dresden gewesen. Dass die gbs-Regionalgruppe Dresden (GeFAHR e.V.) „mit so wenigen Mitteln ein solch buntes, anspruchsvolles und unterhaltsames Alternativprogramm zum evangelischen Kirchentag auf die Beine stellen konnte“, habe niemand erwartet. „Ohnehin ist es imposant, wie viele Veranstaltungen und Aktionen die gbs-Regionalgruppen vor Ort durchführen“, sagte Schmidt-Salomon. „Es zahlt sich offenkundig aus, dass wir nach dem ‚Graswurzel-Prinzip‘ den einzelnen Gruppen freie Hand in ihrer Arbeit lassen. Nie zuvor bin ich so vielen interessanten, klugen und kreativen Menschen begegnet. Allein für dieses Netzwerk der gbs-Fördermitglieder hätte es sich gelohnt, die Stiftung zu gründen.“

Die soziale Verankerung vor Ort hat, wie Herbert Steffen betont, auch geholfen, um Aktionen wie das „Kirchenaustrittsjahr“ erfolgreich durchzuführen: „Die Mitglieder des Förderkreises haben nicht nur Flyer verteilt, sondern auch Events wie den kollektiven Kirchenaustritt in Mainz begleitet. Das hat der Stiftung und ihren Anliegen zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft! “ Ein wichtiger Schritt sei auch der Relaunch der gbs-Website Mitte des Jahres gewesen. Der neue, übersichtlichere und mit multimedialen Inhalten gefüllte Internetauftritt der Stiftung habe ebenfalls zu einem verstärkten Zuwachs des Förderkreises geführt. Glücklich zeigte sich Steffen zudem über den unproblematischen Umzug der Stiftungsräume von Mastershausen nach Oberwesel (Oberes Mittelrheintal, Nähe Loreley). Auf der ersten Veranstaltung im neuen Stiftungsdomizil mit dem neuen Stiftungsmitglied Hamed Abdel-Samad seien so viele Gäste anwesend gewesen wie selten zuvor.

Die lustigste und die traurigste Meldung des Jahres

Auf die Frage nach „der lustigsten Meldung des Jahres“, die aus dem Stiftungsumfeld kam, verwies Schmidt-Salomon auf die in den Medien breit gestreute Nachricht, dass Niko Alm, Sprecher der gbs-Gruppe Österreich, die Regelung, bloß religiöse Kopfbedeckungen auf Führerscheinfotos zuzulassen, ad absurdum führte, indem er sich als Mitglied der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" mit einem Nudelsieb auf dem Kopf ablichten ließ. Auch auf die Frage nach der traurigsten „gbs-Meldung des Jahres“ gab es eine eindeutige Antwort: Es war die Nachricht vom Tod des Psychologen und Religionskritikers Franz Buggle. gbs-Beirat Buggle, dessen Buch „Denn sie wissen nicht, was sie glauben“ schon heute als Klassiker der modernen Religionskritik gilt, war „ein unerschrockener Aufklärer, ein mutiger Kämpfer für Humanität und intellektuelle Redlichkeit“, hieß es im Nachruf der Stiftung.